Das Atmungssystem des Menschen
Der menschliche Organismus ist mit einem komplexen Atmungssystem ausgestattet. Zu den Aufgaben zählt es einerseits die Zellen des Körpers mit lebenswichtigem Sauerstoff zu versorgen. Und andererseits das bei den Stoffwechselvorgängen anfallende Kohlendioxid abzutransportieren.
In der Lunge wird Sauerstoff beim Einatmen ins Blut aufgenommen, zusammen mit roten Blutkörperchen (Erythrozyten) in die Zellen des Blutkreislaufs transportiert und von dort Kohlendioxid (CO2) zum Ausatmen zurück in die Lunge transportiert.
Die Regulationsmechanismen sind dabei sehr komplex und dem jeweiligen Bedarf im Körper angepasst. Damit dieser Prozess reibungslos funktioniert, ist eine intakte Kreislauffunktion Voraussetzung.
Wann wird künstlich beatmet?
Störungen der Atmung können vielseitiger Natur sein und alle Bereiche des Atmungssystems betreffen. Schwerwiegende Störungen machen die Behandlung auf der Intensivstation erforderlich, um die lebensbedrohenden Folgen einer Gasaustauschstörung oder eines Sauerstoffmangels zu vermeiden.
Es reichen nur wenige Minuten eines nicht behandelten Atemstillstandes aus, um beispielsweise die empfindlichen Zellen des Gehirns dauerhaft zu schädigen. Aber auch Verletzungen wie etwa Rippenbrüche, Verletzungen der Lunge oder der Luftröhre können gravierende Folgen für die Atmung haben, so dass eine künstliche Beatmung erfolgen muss. Daneben gibt es aber noch weitere Gründe, die selbst direkt nichts mit der Lunge oder der Atmung zu tun haben, und dennoch die künstliche Beatmung erforderlich machen.
Was passiert bei der künstlichen Beatmung?
Über einen Tubus (Schlauch in der Luftröhre), eine Maske oder einen Beatmungshelm wird Sauerstoff und Atemgas in die Lunge der Patientin oder des Patienten geblasen. Die Ausatmung erfolgt dann passiv.
Die Geräte müssen mit viel intensivmedizinischem Wissen an die Situation der jeweiligen Patient:innen angepasst und eingestellt werden.
Es wird regelmäßig geprüft, ob die Beatmungseinstellungen optimal sind und den Bedürfnissen der Patient:innen entsprechen, indem das arterielle Blut regelmäßig kontrolliert wird. Dies erfolgt beispielsweise durch einen kleinen Schlauch am Handgelenk oder in der Leiste oder alternativ einem kleinen Tropfen Blut aus dem Ohrläppchen.
Arten der künstlichen Beatmung
Die Beatmungstherapie kann auf unterschiedliche Weise unterteilt werden. Für unsere Patient:innen und deren Angehörige ist einer der wesentlichen Aspekte die Unterscheidung in die invasive und die nicht-invasive Beatmung.
Nicht-invasive Beatmung
Bei der nicht-invasiven Beatmung wird die Patientin oder der Patient durch eine angepasste Maske beatmet. Über diese Masken unterstützt die Beatmungsmaschine die Atmung der Patient:innen. Der wesentliche Vorteil dieses Verfahrens ist, dass für die Anwendung der nicht-invasiven Beatmung keine Narkose erforderlich ist. Allerdings ist die nicht-invasive Beatmung nicht für alle Verletzungen und Erkrankungsbilder sowie Gesundheitszustände geeignet.
Kommt die nicht-invasive Beatmung an ihre Grenzen oder kann aufgrund unterschiedlicher Gründe nicht angewendet werden, können Intensivmediziner:innen die Unterstützung der Beatmung auf eine invasive Beatmungsform umstellen.
Invasive Beatmung
Die invasive Beatmung erfolgt nach Platzierung eines Beatmungsschlauchs (Tubus). Um diesen über den Mundraum in der Luftröhre platzieren zu können, ist eine Narkose notwendig.
Grundsätzlich ist unser Ziel, so wenig Narkose wie möglich einzusetzen und unsere Patient:innen, wenn möglich auch während der Beatmungstherapie wach am Alltag und ihrer Therapie teilhaben zu lassen. Dies ist unter Berücksichtigung vieler intensivmedizinischer Aspekte das angestrebte Ziel unserer Mitarbeiter:innen. Ist keine weitere Beatmungstherapie mehr notwendig, kann der ursprünglich eingeführte Tubus problemlos wieder entfernt werden.
Erfolgt über mehrere Tage eine künstliche Beatmung, ist es sinnvoll, den Beatmungsschlauch durch einen Luftröhrenschnitt im Bereich des Halses zu platzieren und anschließend den bis dahin verwendeten Entotrachealtubus zu entfernen.
Unterstützende Maßnahmen zur künstlichen Beatmung
Um wieder ein selbstständiges Atmen zu erreichen und schnellstmöglich die Lungenfunktion zu verbessern, setzen wir konsequent ergänzend folgende Maßnahmen ein:
- Lagerungstherapie (Bauchlagerung, 135 Grad Seitenlagerung, kinetische Therapie mit speziellen Bettensystemen, Frühmobilisation)
- Bedarfsangepasste Sedierung, Einhaltung eines Tag-Nacht-Rhythmus
- Frühe, normale Ernährung gegebenenfalls über eine Ernährungssonde
- Entwässernde Therapie, bedarfsweise auch Dialyse
- Gezielte Antibiotikagabe, wenn erforderlich
- Frühzeitige (Punktions-)Tracheotomie
Diese Maßnahmen sind sehr effektiv und verschaffen meist eine schnelle Besserung. Durch die angepasste Gabe von Schmerz-, Beruhigungs- und Schlafmitteln wird die Situation für die Patient:innen weniger belastend.
Patient:innen werden bei uns auch auf dem Bauch gelagert und beatmet, dies dient einer schnelleren Genesung. Um Schwellungen im Gesichtsbereich während der Bauchlage zu vermeiden, wird der Kopf der Patient:innen abgepolstert.
Gut zu wissen: Nicht in jedem Fall sind diese eingreifenden Maßnahmen erforderlich, um Besserung zu erzielen. Häufig ist die alleinige Gabe von Sauerstoff über eine Nasensonde oder Maske in Kombination mit einer intensiven Atemtherapie und einer medikamentösen Behandlung ausreichend.
In Absprache mit den Betroffenen, soweit das möglich ist, sowie mit Ihnen als Angehörige und in Abhängigkeit von der jeweiligen Situation werden wir entscheiden, was in Einzelfall zu tun ist.
Längerfristige Beatmung mit Punktions-Tracheotomie (Mini-Luftröhrenschnitt)
Ist aufgrund einer Erkrankung eine längerfristige Beatmung erforderlich oder sind bei der Entwöhnung vom Beatmungsgerät Schwierigkeiten zu erwarten, setzen wir über einen kleinen (circa ein Zentimeter langen) Schnitt am Hals mittels einer speziellen Technik einen Tubus in die Luftröhre ein. Über diesen kann die Patientin oder der Patient dann beatmet werden oder selber atmen, wenn ihr/sein Zustand das zulässt.
Das Verfahren ist wenig belastend und wird in Narkose direkt auf unserer Intensivstation durchgeführt. Der früher erforderliche Weg in den Operationssaal entfällt. Anschließend kann der bis zu diesem Zeitpunkt notwendige Beatmungsschlauch aus dem Mund der Betroffenen entfernt werden.
Die Trachealkanüle am Hals wird in der Regel gut vertragen, normales Essen ist möglich. Mittels eines speziellen Ventils, das auf die Kanüle aufgesetzt wird, ist sogar Sprechen möglich.
Nachdem eine ausreichende und stabile Eigenatmung der Patientin/des Patienten wiederhergestellt und trainiert ist, wird die Trachealkanüle einfach und schmerzfrei gezogen sowie das kleine Loch am Hals mit einem Verband verklebt.
Die Stelle verheilt innerhalb weniger Tage. Ein Verfahren, das uns häufig hilft, Patient:innen schneller und leichter vom Beatmungsgerät zu entwöhnen und eine schnellere Rückkehr zur eigenen Atmung zu ermöglichen.