In Deutschland jede achte Frau
Mit rund 70.000 Neuerkrankungen pro Jahr ist Brustkrebs in Deutschland die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Laut dem vom Robert-Koch-Institut publizierten Bericht „Krebs in Deutschland“ [1] erhält jede achte Frau im Laufe ihres Lebens die Diagnose Brustkrebs. 35 von 1.000 Frauen sterben an der Erkrankung.
Mit rund einem Prozent aller Neuerkrankungen beziehungsweise etwa 700 Patienten pro Jahr sind Männer sehr selten betroffen. Diagnostik und Therapie des männlichen Brustkrebses entsprechen in der Regel dem Vorgehen beim weiblichen Brustkrebs.
Die weibliche Brust: Anatomie und Funktion
Die wichtigste biologische Funktion der weiblichen Brust ist das Stillen eines Kindes. Sie setzt sich aus vielen Drüsenläppchen zusammen, die nach der Entbindung die Milch produzieren. Außerdem besteht die Brust aus Fettgewebe, Blut- und Lymphgefäßen.
Die Struktur des milchproduzierenden Systems einer weiblichen Brust erinnert an ein Bündel Trauben: Die milchausscheidenden Drüsenläppchen wären die Trauben, die Milchgänge die Verästelungen des Stiels [2]. Von dort fließt die Milch in die Brustwarze.
Lymphsystem transportiert Stoffe
Die Brüste enthalten auch Lymphgefäße. Darin fließt die Lymphflüssigkeit, eine klare Flüssigkeit, die dafür sorgt, dass Krankheitserreger sowie Abbauprodukte von gesunden Zellen und unter Umständen auch von Tumorzellen abtransportiert werden.
Der Lymphknoten, der aus einem Brusttumor als erster die Lymphflüssigkeit aufnimmt, wird als Wächterlymphknoten bezeichnet. Im Falle einer Tumorausbreitung in die Lymphknoten finden sich Tumorzellen zuerst in diesem, da er die Brust bewacht.
Aufbau der männlichen Brust
Die männliche Brust ist ähnlich aufgebaut wie die weibliche Brust. Auch sie besteht aus Muskeln, Brustdrüsen und Fettgewebe. Bis zur Pubertät ist die Brust bei Jungen und Mädchen gleich entwickelt. Erst durch die veränderte Hormonlage beginnen bei heranwachsenden Frauen die Milchgänge sowie das Drüsen- und Fettgewebe zu wachsen.
Auch wenn sie sich hormonbedingt nicht weiterentwickeln, sind die Anlagen der Milchgänge auch bei Männern zu finden. Hier entsteht mit rund 80 Prozent der Großteil aller männlichen Brustkrebserkrankungen.
Wie entsteht Brustkrebs?
Wachstum und Teilung der Körperzellen sind normalerweise ein geregelter Prozess. Alte Zellen sterben ab und werden durch neue ersetzt. Manchmal führen aber Genmutationen dazu, dass das Wachstum neuer Zellen nicht mehr vom Körper reguliert wird. Krebszellen, aus denen sich ein bösartiger Tumor bildet, sind durch dieses ungebremste Wachstum gekennzeichnet.
Beim Brustkrebs handelt es sich um eine solche bösartige Veränderung des weiblichen oder männlichen Brustgewebes. Die genauen Ursachen dafür sind nicht bekannt, jedoch gibt es Risikofaktoren, die ein Mammakarzinom begünstigen können.
Milchgangkrebs - das duktale Karzinom
Diese Krebserkrankung, die rund 78 Prozent aller Mammakarzinome ausmacht, entwickelt sich vorwiegend aus den Zellen der Milchgänge. In der Diagnostik ist sie in der Mammographie (durch Röntgenstrahlung) und im Ultraschall gut zu erkennen, da sie oft feste, solide Knoten bildet.
Läppchenkrebs - das lobuläre Karzinom
Der Läppchenkrebs macht rund zwölf Prozent der Brustkrebserkrankungen aus und ist somit die zweithäufigste Brustkrebsart. Er breitet sich von den hauchfeinen Gangsystemen der Drüsenläppchen aus und unterscheidet sich kaum von ihnen. Das lobuläre Carcinoma wird daher selten ertastet.
Sonderform: duktales Carcinoma in situ (abgekürzt DCIS oder CDIS)
Beim duktalen Carcinoma in situ handelt es sich nicht um Brustkrebs, sondern um eine Vorstufe davon. Die veränderten Zellen treten ausschließlich in den Milchgängen auf und breiten sich nicht gleichmäßig aus. Das ungewöhnliche Wachstumsverhalten muss bei der Diagnose und Behandlung unbedingt beachtet werden.
In der Regel bildet diese Erkrankung keine Metastasen, der Krebs streut also nicht in andere Teile des Körpers. Wird ein duktales Carcinoma in situ diagnostiziert, ist eine Operation mit oder ohne anschließender Strahlentherapie ein bevorzugtes Therapiekonzept.
Bei DCIS: Höheres Risiko für spätere Erkrankung
Frauen mit DCIS haben im Vergleich zu Patientinnen mit anderen Brustkrebs-Vorstufen ein erhöhtes Risiko, später an einem Mammakarzinom zu erkranken. Die Wahrscheinlichkeit beträgt 30 bis 50 Prozent. Aufgrund dieses hohen Risikos erfolgt bei der Diagnose DCIS immer eine operative Entfernung, allerdings keine Chemotherapie und je nach Stadium eine Nachbestrahlung.
Neben dem DCIS gibt es folgende Brustkrebs-Vorstufen:
- Intraduktale atypische Hyperplasie (ADH): veränderte Zellen in den Milchgängen,
- Lobuläre intraepitheliale Neoplasie (LIN): veränderte Zellen in den Drüsenläppchen,
- Flache epitheliale Atypie (FEA): veränderte Zellen im Deckgewebe von Milchgängen und/oder Drüsenläppchen
Unterschiedlicher Rezeptorstatus
Zusätzlich zum Gewebetyp unterscheidet man Brustkrebs hinsichtlich des Rezeptorstatus. Er gibt Auskunft darüber, ob der Tumor hormonempfindlich ist und wie schnell er wächst. Diese Informationen sind ausschlaggebend für die zielgerichtete Therapie.
Auf welche Faktoren kommt es an?
- HER2-Status: HER2 ist der Name eines Wachstumsfaktor-Rezeptors, der sich in geringer Menge auch in gesunden Zellen befindet. Seine Aufgabe ist es, Signale von der Zelloberfläche aufzunehmen, ins Zellinnere zu leiten und damit die Zellteilung anzuregen. Liegt dieser Wachstumsfaktor-Rezeptor in zu großer Menge vor, spricht man von HER2-positiv. Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 12.000 Frauen an einem HER2-positiven Mammakarzinom.
- HR-Status: Der Hormonrezeptor-Status gibt Auskunft darüber, ob ein Tumor Bindestellen (Rezeptoren) für die Hormone Östrogen und/oder Progesteron hat und deswegen auf diese Hormone reagiert. Liegen diese Bindestellen vor, spricht man von HR-positiv. Das Wachstum des Tumors kann durch den Entzug von Östrogen oder Progesteron beeinflusst werden.
- Ki67: Der sogenannte Ki67-Proliferationsindex ist ein Marker, der Auskunft darüber gibt, wie schnell der Krebs wächst.
Die häufigsten Brustkrebsarten nach Rezeptorstatus:
Ist ein bestimmter Rezeptor als Bindestelle an der Krebszelle vorhanden oder nicht, spricht man von einem positiven oder negativen Rezeptorstatus. Eine Krebsart mit der Bezeichnung „Luminal“ weist immer einen positiven Hormonrezeptor auf (HR positiv).
- Luminal A (HR-positiv, HER2-negativ, Ki67-niedrig): Die Krebszellen haben Hormon-Bindestellen, jedoch keine erhöhte Menge an Wachstumsfaktor-Rezeptoren. Der Tumor wächst langsam.
- Luminal B (HR-positiv, HER2-negativ, Ki67-hoch): Der Tumor hat Hormon-Bindestellen, die Tumorzellen teilen sich in der Regel etwas schneller.
- Luminal B (HR-positiv, HER2-positiv, Ki67-niedrig und Ki67-hoch): Die Krebszellen sind Hormonrezeptor-positiv, außerdem liegen die HER2-Rezeptoren in erhöhter Menge vor.
- HER2-positiv (nicht-luminal, HR-negativ, HER2-positiv): Die Tumorzellen haben übermäßig viel HER2, jedoch finden sich keine Bindestellen für die Hormone Östrogen oder Progesteron.
- Triple-negativ (HER2-negativ, HR-negativ): Das triple-negative Mammakarzinom hat weder Rezeptoren für die Hormone Östrogen und Progesteron, noch ist übermäßig viel HER2 vorhanden.
Brustkrebs Stadien: Vom Früh- bis zum Endstadium
Ist der Brustkrebs diagnostiziert, stellen sich viele Patientinnen Fragen: Wie weit ist der Krebs fortgeschritten? Sind Lymphknoten befallen? Habe ich Metastasen? Nicht nur für die Patientin selbst, sondern auch für den optimalen Therapieplan ist die Stadieneinteilung wichtig. International ist eine Einteilung nach drei Gesichtspunkten üblich: der sogenannten TNM-Klassifikation.
T = gibt die Größe des Tumors (in Zentimetern) an
N = Anzahl beziehungsweise Lokalisation der befallenen Lymphknoten (lateinisch nodi = Knoten)
M = gibt an, ob Metastasen vorhanden sind
T-Stadium:
- T0: kein Tumornachweis
- T1: der Tumor ist kleiner als zwei Zentimeter
- T2: der Tumor hat eine Größe von zwei bis fünf Zentimetern
- T3: der Tumor ist größer als fünf Zentimeter
- T4: der Tumor hat sich auf benachbarte Organe (etwa Brustmuskulatur oder Haut) ausgedehnt
N-Stadium:
- Nx: Die Lymphknoten lassen sich nicht beurteilen.
- N0: Keine Lymphknoten befallen.
- N1: Krebszellen sind in den unteren oder mittleren Lymphknoten der Achselhöhle der betroffenen Seite nachweisbar.
- N2: In den unteren und mittleren Lymphknoten der Achselhöhle der betroffenen Seite finden sich Krebszellen. Entweder sind die Lymphknoten miteinander verklebt oder mit benachbartem Gewebe verbunden oder es gibt Absiedlungen, also Metastasen, in Lymphknoten entlang der gleichseitigen inneren Brustarterie.
- N3: In den oberen Lymphknoten der Achselhöhle der betroffenen Seite finden sich Krebszellen, gleichzeitig können auch die unteren und mittleren Achsellymphknoten befallen sein oder es gibt Metastasen in Lymphknoten entlang der gleichseitigen inneren Brustarterie bei gleichzeitigem Befall der unteren und mittleren Lymphknoten der Achselhöhle oder die Lymphknoten oberhalb des Schlüsselbeins sind befallen.
M-Stadium:
- Mx: Es kann nicht beurteilt werden, ob andere Organe Metastasen haben.
- M0: Kein klinischer Nachweis von Metastasen in anderen Organen.
- M1: Metastasen sind in anderen Organen nachweisbar.
Welcher Brustkrebs ist der gefährlichste?
Diese Frage kann nicht allgemein beantwortet werden. Grundsätzlich gilt: Wie gut Brustkrebs behandelbar ist, hängt nicht nur davon ab, ob er in den Milchgängen oder den Läppchen des Drüsengewebes diagnostiziert wurde.
Vielmehr spielt eine Rolle: die Größe des Tumors, das Vorliegen bestimmter Rezeptoren und die Frage, wie schnell sich die Tumorzellen teilen und ob und, wenn ja, wie viele Lymphknoten und welche entfernten Organe befallen sind.
Günstige Faktoren für die Heilung
In der Regel gilt das Vorliegen von Hormon-Bindestellen für Östrogen und/oder Progesteron (HR-positiv) bei gleichzeitiger Abwesenheit einer übermäßigen Menge an Wachstumsfaktor-Rezeptoren (HER2-negativ) als günstig für die Heilung.
Wesentlich für eine gute Prognose ist, dass die Erkrankung so zeitig wie möglich erkannt und behandelt wird. Wird der Krebs erst spät entdeckt und hat schon metastasiert, hat dies auch Einfluss auf die Heilungschancen. Die Bedeutung der Früherkennung ist daher enorm. Von der Selbstuntersuchung der Brust bis zum Mammographie-Screening der gesetzlichen Krankenkassen gibt es verschiedene Untersuchungsmöglichkeiten.