Glauben Sie, dass Ihr Weg nach oben schwieriger war als bei Männern?
In den ersten Ausbildungsjahren schon, denn mein erster Chef wollte keine Frauen in der Chirurgie. Er hat mich dann aber doch zu schätzen gelernt. Während der Ausbildung in der Unfallchirurgie, die ich ein Jahr absolvieren musste, waren die Bedingungen am schwierigsten, da es eine absolute Männerdomäne gewesen ist. Frauen wurden zu dieser Zeit – im Jahr 1999 bis 2000 – nicht ernst genommen. Von meinen weiteren Chefs – alles Männer – wurde ich in meiner Ausbildung zur Viszeralchirurgin sehr gefördert.
Inwieweit unterscheidet sich Ihr Führungsstil von dem eines Mannes?
Er kennzeichnet sich durch mehr Empathie und soziale Kompetenz aus. Wichtig ist, immer ein offenes Ohr für die Belange aller Mitarbeitenden – also ärztliche und pflegerische Kolleginnen und Kollegen – , Verständnis, höhere Kritikfähigkeit und Selbstkritik zu haben. Essenziell ist auch Toleranz zum Thema Work-Life-Balance, insbesondere bei Themen wie Elternzeit, Einhaltung von Arbeitszeitgesetzen und Überstundenabbau. Ich bin auch bereit für Diskussionen, aber mit dem abschließenden Wort durch mich. Zudem treffe ich verbindliche Entscheidungen.
Was geben Sie Frauen mit, die am Anfang ihrer Karriere stehen?
Wie Sie an mir sehen, kann man auch als Frau in der Chirurgie Chefärztin werden. Wenn Sie etwas wirklich wollen, dann erreichen Sie das auch. Ich unterstütze mein Team dabei in allen Belangen.