Andrea Rösler ist von Hause aus Deutschlehrerin und gehört dem Team des Integrationsmanagements im Herzzentrum und Helios Park-Klinikum Leipzig an. Wie es sich anfühlt, fremd zu sein und nur Bahnhof zu verstehen, weiß sie aus eigener Erfahrung. Frau Rösler, was ist Integration, wozu brauchen wir sie und vor allem: Wie geht das eigentlich?
Im ersten Leben studiert Andrea Rösler Sport mit Spanisch im Nebenfach. Nachdem die Spanischprüfung nicht zum ersten Mal schiefgeht, kommt ihr die Erkenntnis: „Ich muss ins Ausland.“ Die kommenden Monate verbringt sie in Madrid. Dort erfährt sie, was es heißt, wenn man auf sich alleine gestellt ist und tagtäglich die Sprachbarriere überwinden muss. „Da saß der Dozent nun und freute sich, dass mal jemand anderes vor ihm sitzt. Er erzählte ohne Punkt und Komma und stellte Fragen ohne Ende. Ich bin zusammengeschrumpft auf 60 Zentimeter. Ich merkte, dass er sich wahnsinnig für mich interessierte – aber ich verstand kein Wort“, erzählt Andrea Rösler von einem Erlebnis, das stellvertretend für die Situation vieler fremdsprachiger Menschen. Doch es habe sie auch gelehrt, „wie viel man zwischenmenschlich spürt, obwohl man die Sprache nicht versteht“. Ihren Auslandaufenthalt beendet sie mit einer ganz neuen Hingabe für Sprache und einem Verständnis für das Fremdsein und das Ankommen.
Sportunterricht bis zur Rente? Nein danke!
Zurück in Deutschland bringt sie ihr Studium zu Ende. „Ich habe dann erstmal viele Jahre im Sport gearbeitet und mich mit auch mit medizinischen Aspekten auseinandergesetzt, aber die Sprachen hatte ich immer im Hinterkopf“, erinnert sie sich. Mit Blick in die Zukunft drängt sich ihr zunehmend ein Richtungswechsel auf: „Ich habe irgendwann festgestellt ‚Mit dem vielen Sport – das schaffe ich nicht bis zur Rente. Da geh ich am Stock.‘ Und dann ist es mir wieder eingefallen: Die Sprache. Ich habe dann neben der Arbeit nochmal Deutsch als Fremdsprache studiert.“ Im März 2020 führt ihr Weg sie ins Herzzentrum und Helios Park-Klinikum Leipzig. Der Standort bemüht sich seit einiger Zeit, Fachkräfte aus dem Ausland für Leipzig zu begeistern. Anfang 2019 beispielsweise kamen 20 portugiesische Pflegekräfte in die beiden Kliniken.
Jeder braucht Integration
„Meine Stelle muss man sich als Kopplung vorstellen. Das eine ist der Deutschunterricht, das andere ist das Integrationsmanagement. Denn neben der Sprache, ist auch das Ankommen im Haus und in Leipzig ein großer Teil der Integration“, beschreibt Andrea Rösler ihre Tätigkeit. Doch warum ist die Integration ein so wichtiger Prozess? Die Deutschlehrerin erklärt, jeder von uns brauche Integration. Der eigene Start in einen neuen Job sei ein wunderbares Beispiel. Es sei als Unterstützung zu verstehen, eine Einführung in all die ungeschriebenen Regeln, die in keinem Reiseführer stünden. „Man muss sich vorstellen, dass Kooperationspartner im Ausland Menschen zwar helfen herzukommen, aber dann werden sie ins Flugzeug gesetzt und wenn sie aussteigen sind sie zu großen Teilen auf sich allein gestellt“, erklärt sie die Problemstellung. „Das große Ziel ist, dass sich die Leute hier so gut aufgehoben fühlen, dass sie lange bleiben – vielleicht ein ganzes Leben.“ Oftmals bestehe die Unterstützung neben dem Sprachunterricht in vermeintlichen Kleinigkeiten: Amtswege, GEZ-Anmeldung, Sim-Karte. Doch der wichtigste Faktor sei die soziale Vernetzung.
Eine neue Heimat schaffen
Für Andrea Rösler ist Integration ein unersetzbarer Prozess: Sie ermögliche es Menschen, sich eine neue Heimat zu schaffen. „Was wir alle lernen müssen, ist, dass die Dinge Zeit brauchen. Sprache, Integration und Ankommen geht nicht in vier Wochen. Und diese Zeit zu geben, ist wichtig“, gibt die Integrationsmanagerin zu bedenken. Ihre Mission sei gelungen, „wenn ich sehe, dass jemand unter den anderen gar nicht mehr auffällt“.
Sie möchten eine Patenschaft übernehmen?
Melden Sie sich gern bei Andrea Rösler, wenn Sie ausländischen Kolleginnen und Kollegen die Integration in Leipzig erleichtern möchten.
Mo - Mi 09:00 bis 18:00
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Sa 09:00 bis 12:00