Joana Gonçalves kam vor zweieinhalb Jahren nach Deutschland ins Helios Park-Klinikum Leipzig. In ihrem Heimatland Portugal hat sie damals gerade das Studium abgeschlossen. Sowohl die Wahrscheinlichkeit, eine freie Stelle zu finden, als auch das zu erwartende Gehalt: gering. Obwohl es nicht gerade ihr Traum ist, nach Deutschland auszuwandern, wagt sie den Schritt – und findet: Ein neues Leben, das gar nicht so kalt ist, wie die Pflegekraft befürchtet hatte.
„Ich will aber gar nicht nach Deutschland gehen“, ist sich Joana Gonçalves zunächst sicher. Es ist 2019: Sie steht kurz vor dem Abschluss ihres Studiums zur Pflegekraft als ein Recruiting-Team in ihrer Schule portugiesische Mitarbeitende für die Arbeit in Deutschland begeistern will. Obwohl Pflegekräfte in Portugal auf einem sehr hohen Niveau ausgebildet werden, ist der Verdienst so gering, dass die meisten nicht einmal allein wohnen können – wenn sie überhaupt eine freie Stelle finden. „Ich hätte im Leben nicht gedacht, dass ich wirklich gehe – aber dann habe ich es einfach gemacht“, erinnert sich die Pflegekraft zurück. Das Studium in der Tasche geht es direkt los. Die Vorstellung von Deutschland zum Zeitpunkt der Abreise: „Kalt“, sagt Joana Gonçalves lachend, „dass Deutsch richtig schwer ist und auch dass die Menschen nicht so offen und freundlich sind.“
Pläne sind zum Ändern da
Ursprünglich will die Portugiesin mit Kindern arbeiten. In Leipzig abgekommen, beginnt sie auf der Station 2K: Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie sowie Gastroenterologie. Also mal wieder eine Planänderung.
Die Kombination eines Teams voller Zusammenhalt, der funktionierenden Integration und wachsenden Begeisterung für das Fachgebiet mündet rückblickend in einer klaren Zusammenfassung: „Ich habe es einfach geliebt!“ Okay, Deutsch ist wirklich schwer und die Deutschen haben tatsächlich ein ganz anderes Naturelle als die Portugiesen und ja, es ist kalt. Doch Joana Gonçalves findet hier etwas, das wichtiger ist – die Freiheit, selbstbestimmt leben zu können und unter guten Bedingungen in dem Beruf zu arbeiten, den sie liebt.
Im Kontakt mit dem Wir und dem Ich
Ein Grund, warum Joana Gonçalves über die Station 2K ins Schwärmen gerät, ist das Kollegium. „Wir sind einfach ein gutes Team. Es hat etwas gedauert, aber jetzt fühle ich mich einfach wohl. Ich habe mich perfekt integriert.“ Sie erzählt von der anfänglichen Skepsis ihrer Kolleg:innen, die besonders der sprachlichen Barriere geschuldet war. Doch je länger sie Teil des Teams ist, desto mehr wächst sie hinein. „Wir arbeiten wirklich miteinander. Selbst wenn der Dienst schlecht ist, sind wir froh zusammen. Ich freue mich jeden Tag auf die Arbeit.“ Auch der enge Kontakt mit den Patient:innen gibt der Pflegekraft eine tiefe Befriedigung: „Ich mag, dass ich mit ihnen kommunizieren kann. Dass ich sehe, wie es ihnen jeden Tag besser geht, bis sie nach Hause gehen“. Genau hier liegt der Quell ihrer täglichen Motivation, auch wenn die Tage mal hart und lang sein können: „Ich fühle mich nie allein. Und ich weiß, dass ich etwas mache. Ich will nicht, dass mein Tag nichts war. Ich mache jeden Tag etwas, das jemandem geholfen hat. Ich gehe nach Hause und fühle mich selbst auch besser.“
Ein Schritt nach dem anderen
In den schwersten Wellen der Pandemie arbeitet Joana Gonçalves zweimal freiwillig auf der Covidstation. Auf die Frage, warum sie zugesagt habe, antwortet sie unverblümt: „Ich hatte nichts dagegen – das war einfach so.“ Der temporäre Wechsel schenkt der Pflegekraft eine ganz neue Perspektive auf den Helios Standort – auf die Struktur, die Mitarbeitenden und ihre eigene Arbeit. „Ich habe viele Leute kennengelernt, aus dem ganzen Krankenhaus. Wenn man immer auf der gleichen Station ist, dann kennt man auch nur die gleichen. Ich hatte gar keine Ahnung, dass hier so viele arbeiten. Ich habe ganz viel gelernt von den anderen Abteilungen, Kolleg:innen und auch von den Patient:innen.“ Und zu lernen, voranzukommen – das ist Joana Gonçalves ein großes Anliegen. „Als ich eineinhalb Jahre hier war, ist eine Kollegin aus Portugal hergekommen. Ich habe sie integriert und es hat richtig Spaß gemacht.“ Auch die Fragen der Auszubildenden beantwortet sie mit Vorliebe. Auf das Angebot ihres Stationsleiters Daniel Weindt, an diesem Punkt anzusetzen und die Weiterbildung zur Praxisanleiterin zu machen, entgegnet sie: „Das kann ich mir vorstellen. Aber erstmal mehr Deutsch üben und dann geht es weiter.“