Es ist ein kalter Tag im Winter, als ich mich mit Sophie zu diesem Interview treffe. Wobei Treffen vielleicht zu hochgestapelt ist. Aus Gründen der Pandemie unterhalten wir uns lediglich in einem Video-Telefonat. Sophie ist 24, Auszubildende zur Pflegefachkraft in der Helios Klinik in Neindorf (Oschersleben), verheiratet und Mutter eines kleinen Jungen. Das ist im Zusammenhang mit Home-Office, Kinderbetreuung usw. ein guter Aufhänger, um sie nach ihren Erfahrungen zu befragen. Wie hat sich die Pandemie in dieser Hinsicht für sie ausgewirkt?
„Ich hatte das Glück, zwei Ausbildungsjahre beendet zu haben, ehe ich schwanger geworden bin“, erzählt sie mir. „Damals hatten wir noch Präsenzunterricht. Für mich war Home-Office eher ein Vorteil. Durch das Home-Schooling konnte ich meinen Kleinen morgens sehen und nachmittags ganz entspannt von der Kita abholen. Ich habe das Glück, mit dem Lernen keine so großen Probleme zu haben. Alles was mich interessiert verstehe ich gut. Ich kann verstehen, wenn das Probleme bereitet, aber für mich war es gut.“
Im Vorfeld hatte ich erfahren, dass die Ausbildung bei Helios schon Sophies zweite Ausbildung ist. Darüber möchte ich gerne mehr erfahren. Sie erzählt mir, dass sie bereits während der Schulzeit gearbeitet hat. Nach der Schule hat sie eine Ausbildung im Einzelhandel angefangen und abgeschlossen. Wie kam es zu dem Wechsel in die Pflege?
„Ich wollte was Sozialeres machen. Nach der Schule hat eine Ausbildung im Einzelhandel gewunken, die mir sagte, in anderthalb Jahren bist du fertig, danach bekommst du eine Weiterbildung bezahlt, die gleichwertig ist mit einem Studium und alles ist wunderschön. Es war auch wunderschön - aber es war nicht das, was ich wollte. Jetzt bin ich glücklich und in dem Bereich angekommen, in den ich hineinwollte“, erzählt sie und strahlt förmlich in die Webcam. „Ich habe einfach auf mein Bauchgefühl gehört und nicht darauf, was jetzt im Moment vielleicht das Klügste wäre oder das, wo man am Ende geldmäßig am besten bei wegkommt.“
Als junge Mutter ist es doch aber sicher eine Herausforderung, Familie und Arbeit in Einklang zu bringen, gerade auch hinsichtlich der Arbeitszeiten in Pflegeberufen? „Einzelhandel ist von den Arbeitszeiten auch nicht berauschend, da habe teilweise auch schon um 4:30 Uhr angefangen oder bis 23 Uhr gearbeitet. Der einzige Tag, den man frei hatte, war der Sonntag. Da finde ich das hier besser. Natürlich kommt es vor, dass man mal das Wochenende durcharbeitet, aber meist wird versucht, dass man zwei zusammenhängende Tage zur Erholung hat“, erklärt sie. Außerdem sagt sie, dass sie ein starkes familiäres Netzwerk hat, dass sie unterstützt. Allen voran ihre Mama und ihre Schwiegermama.
Sophie erzählte bereits, dass sie gerne in einem Sozialbereich arbeiten wollte. Hat sie die Entscheidung für die Pflege bewusst getroffen? „Eigentlich wollte ich soziale Arbeit studieren, was einem viele Türen öffnet. Grundsätzlich bin ich aber froh, jetzt in den praktischen Bereich reingekommen zu sein, auch wenn das etwas komplett anderes ist. Man hat als junger Mensch noch keine Ahnung, was hinter den ganzen Berufen steckt.“ Und ist es das, was du dir vorgestellt hast, hake ich nach? „Richtig überrascht war ich nicht, aber es haben sich noch andere Welten aufgetan. Das Grundsätzliche habe ich schon erwartet, aber die ganzen Zusammenhänge, die sich Ende des zweiten und dritten Lehrjahres aufgetan haben, als Ganzes zu verstehen, das finde ich spannend. Auch dass ich im OP-Bereich reinschnuppern oder auf der Intensivstation mitarbeiten konnte. Das sind so Dinge, die man sich als Person, die damit noch nicht in Berührung gekommen ist, gar nicht richtig vorstellen kann. Selbst wenn man schon etliche Dokumentationen oder ähnliches darüber gesehen hat.“
Sophie hat schon jetzt die feste Zusage für die Übernahme, was ihr viel Sicherheit gibt, wie sie sagt. Wie soll es in Zukunft weitergehen? „Ich habe mich in die Chirurgie verliebt und hoffe, dass der Weg dort weitergehen kann. Langfristig möchte ich möglicherweise noch studieren.“
Als sich die halbe Stunde, die wir für das Interview angesetzt hatten, dem Ende neigt und ich Sophie wieder zurückkehren lassen möchte - sie war zum Zeitpunkt unseres Gesprächs noch im Dienst - bitte ich sie abschließend um ein Stimmungsbild. Ich bin neugierig, wie sie sich mit ihrer Ausbildung fühlt. Sophie muss nicht lange überlegen: „Ich fühle mich hier wohl, ich liebe das familiäre Umfeld. Wenn man das richtige Team an der Seite hat, dann sind auch doofe Tage machbar und am Ende des Tages geht man trotzdem mit einem guten Gefühl und mit einem Lächeln raus.“ Und Sophie lächelt.