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Skoliose – wenn die Wirbelsäule krumm ist

Rund 900.000 Menschen in Deutschland leiden an einer Skoliose. Was sich hinter der Krankheit verbirgt, welche Symptome sie mit sich bringt und wie eine Therapie aussehen kann, erfahren Sie von unserem Experten Dr. Khanh Toan Hau, Chefarzt der Wirbelsäulenchirurgie im Helios Klinikum Duisburg.

Nahaufnahme-Modell-Wirbelsäule

Was verbirgt sich hinter der Krankheit Skoliose?


„Der Begriff Skoliose bezeichnet per Definition eine Fehlstellung der Wirbelsäule, bei der diese seitlich verbogen ist“, erklärt der Experte. Es handelt sich um eine dreidimensionale Achsabweichung der Wirbelsäule. Das bedeutet, sie krümmt sich in diesem Fall nicht nur nach vorn und hinten, sondern auch zur Seite. Der sogenannte Cobb-Winkel gibt an, wie stark die seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule ist.

 

Skoliose kann jeden treffen

Von einer Skoliose können Menschen jeder Altersgruppe betroffen sein. Jedoch kann die Häufigkeit ab circa 60 Jahren stark zunehmen, da die Wirbel sich altersbedingt verändern. Vor allem Frauen und Mädchen sind rund viermal häufiger von einer idiopathischen Skoliose, bei der die Ursachen unbekannt sind, betroffen. 

 

Welche Formen einer Skoliose gibt es?

Eine gesunde Wirbelsäule besteht aus etwa 33 Wirbelknochen: sieben Halswirbeln, zwölf Brustwirbeln, fünf Lendenwirbeln, fünf Kreuzbeinwirbeln und vier Steißbeinwirbeln.

Bei der Skoliose können Brust- und Lendenwirbelsäule ebenso betroffen sein wie die Übergangsbereiche zwischen verschiedenen Wirbelsäulenabschnitten. Je nachdem, auf welche Seite sich die Wirbelsäule krümmt, sprechen Fachleute von einer rechts- beziehungsweise linkskonvexen Skoliose.

Eine Verkrümmung der Wirbelsäule lässt sich in verschiedene Formen einteilen. Üblich ist die Einteilung nach Alter, Ursache oder Ausprägung.

Bei der Ursache unterscheiden Ärzt:innen zum einen zwischen den idiopathischen Skoliosen, deren Auslöser unbekannt sind. Sie machen 90 Prozent aus. Und zum anderen den sekundären Skoliosen, die als Folge etwa einer anderen Erkrankung oder eines Traumas auftreten. Diese treten in zehn Prozent der Fälle auf.

„Vor allem bei der idiopathischen Skoliose lässt sich weiterhin in eine leichte Skoliose bis zu einer Krümmung von 20 Grad, eine mittelschwere zwischen 20 und 40 Grad, eine schwere von 40 bis 80 und eine sehr schwere über 80 Grad unterteilen“, sagt der erfahrene Chefarzt Dr. Khanh Toan Hau.

Eine andere Möglichkeit der Einteilung kann zudem der Zeitpunkt sein, ab wann die Skoliose auftritt. Hier verschiedene Skoliose-Formen im Überblick: 

  • die Säuglingsskoliose (bildet sich oft zurück),
  • die infantile Skoliose (bis zum dritten Lebensjahr),
  • die juvenile (bis zehn Jahre),
  • die adoleszente Skoliose (bis 18 Jahre) und
  • die adulte Skoliose im höheren Alter. Sie geht vor allem ab 60 Jahre aufwärts oftmals auf degenerative Vorgänge im Körper zurück.

Auf diese Symptome sollten Sie achten

Bei einer Verkrümmung der Wirbelsäule muss zwischen der idiopathischen und der degenerativen Skoliose unterschieden werden.

Für degenerative Skoliosen bei Erwachsenen gibt es eine ganz andere Betrachtungsweise, ganz andere Behandlung und Symptome. Diese Patient:innen sind sehr viel häufiger in Behandlung, aufgrund des starken Leidensdrucks und der Behandlung körperlicher Beschwerden.

Die idiopathische Skoliose ist häufig beschwerdefrei und daher bei leichten Fällen nicht immer einfach zu erkennen.

Symptome können hierbei sein:

  • Fehlstatik mit künftiger Entwicklung zu Überbelastungssyndromen
  • deformiertes Aussehen und darauffolgende Beeinträchtigung von Herz- und Lungenkapazität
  • oftmals psychische Probleme infolge der sozialen Inakzeptanz (aus ästhetischen Gründen)

 

So funktioniert die Diagnose

Zunächst erfolgt die Sichtdiagnostik. Das heißt die körperliche, klinische Untersuchung. Dort wird geschaut, ob das Taillendreieck symmetrisch oder asymmetrisch ist, ob der Becken- und Schulterstand gerade oder schief ist, ob die Wirbelsäule im Lot ist oder ob die/der Untersuchte einen Rippenbuckel oder einen Lendenwulst vorweist.

Nachdem die Untersuchung abgeschlossen ist und ein Verdacht auf Skoliose besteht, findet die apparative Diagnostik mit Röntgenstrahlung statt. Eine Alternative dazu ist die Rasterstereographie. Diese Untersuchungstechnik ermöglicht es, ohne Einsatz von Röntgenstrahlen den Rücken einer/eines Patient:in mittels Licht zu vermessen und zu analysieren. Dieses Verfahrenwird häufig bei Kindern zur Vermeidung vor Röntgenstrahlung angewendet. Der Nachteil dabei ist allerdings, dass diese nicht direkt und damit ungenauer ist.

Bei einer Krümmung zwischen 20 und 40 Grad kommt die Korsetttherapie zum Einsatz. Es ist individuell angefertigt und aus leichtem Kunststoff.

Wie sieht die Skoliose-Behandlung aus?

Die drei Säulen der Behandlung einer Skoliose bestehen aus:

  • Physiotherapie
  • Korsetttherapie
  • Operation

Der Duisburger Experte sagt: „Bei Skoliosen bis zu einer Krümmung um etwa 20 Grad ist man mit belastenden Therapien zurückhaltend“. Zunächst erfolgt die klinische Beobachtung, bei der genau geschaut wird, wie sich die Skoliose im Wachstum entwickelt. Diese Beobachtung könnte mit einer speziellen Krankenggymnastik nach Katharina Schrot begleitet werden. Physiotherapeutische Übungen stärken die Muskulatur rund um die Wirbelsäule und können so den Verlauf positiv beeinflussen.

„Bei einer Krümmung zwischen 20 und 40 Grad kommt die Korsetttherapie zum Einsatz. Es ist individuell angefertigt und aus leichtem Kunststoff“, erklärt Dr. Khanh Toan Hau. Im Laufe der Zeit soll das Korsett die Wirbelsäule lenken und passiv durch das Wachstum in die richtige Position schieben oder Verschlechterungen verhindern.

Insbesondere für Kinder ist das ständige Tragen aber nicht einfach, da es 23 Stunden am Tag getragen werden soll, um seine Wirkung entfalten zu können.

Ab etwa 40 Grad lässt sich über operative Maßnahmen diskutieren. Dabei gibt es zwei verschiedene Arten der Operation. Aktuell wird die Operation vom Rücken aus favorisiert, da sich die OP von vorne nachteilig auf die Lungenkapazität auswirken kann. Dieser operative Eingriff ist einer der komplexesten in der Wirbelsäulenchirurgie. Der Erfolg ist oftmals sehr groß, denn die Deformität und die Statik lassen sich verbessern.

Während der OP begradigt und versteifen die Chirurg:innen die Wirbelsäule - ein Eingriff, der schlimmer klingt als er ist. Denn besonders junge Menschen sind nach der Prozedur relativ schnell wieder auf den Beinen. Die Komplikationsrate vor allem für neurologische Schäden liegt sehr niedrig bei unter einem Prozent. Sie wird schon im OP-Saal durch sogenanntes neurologisches Monitoring, sprich durchgängige Kontrolle der Nervenbahnen, minimiert. Ziel ist es, eine harmonisch ausgebildete, ästhetisch und statisch gute Wirbelsäule herzustellen.

„Es gibt zudem weitere therapeutische Maßnahmen, wie zum Beispiel Botox-Spritzen bei neuropathischen Skoliosen“, meint Chefarzt Dr. Khanh Toan Hau. Bei neuropathischen Skoliosen führt ein geschädigtes Nervensystem zu einer Verkrümmung der Wirbelsäule, die nicht mehr vollständig durch die die Wirbelsäule stabilisierenden Muskeln kompensiert werden können.

 

Weitere konservative Methoden

Darüber hinaus gibt es vor allem auch für erwachsene idiopathische Skoliose-Patient:innen noch weitere konservative Möglichkeiten:

  • Skoliose-Intensiv-Rehabilitation, Hilfe zur Selbsthilfe, Haltungsänderung als Rehabilitationsziel
  • Dreidimensionale Skoliose Therapie nach Katharina Schroth
  • pychologische Betreuung in Gruppen und als Einzeltherapie
  • Ergotherapie zur Arbeitsplatzberatung oder Berufsvorbereitung
  • Atemtherapie
  • Sozialberatung
  • Ernährungsberatung
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