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Hat mein Kind Autismus?

Kinder mit Autismus leben in ihrer eigenen Welt – so zumindest lautet das Vorurteil. Was verbirgt sich hinter der neurologischen Entwicklungsstörung und welche verschiedenen Formen gibt es? Erfahren Sie mehr dazu.

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Autismus – was ist das genau?

Autismus ist eine tiefgreifende neurologische Entwicklungsstörung. Sie ist meist angeboren und tritt in der Regel vor dem dritten Lebensjahr auf. Autistische Kinder können komplexe Informationen nur schwer verarbeiten, was oftmals zu Einschränkungen im sozialen Leben führen kann. 

Welche Arten von Autismus gibt es?

In der Vergangenheit wurde eine autistische Störung in klare Subtypen unterteilt. Inzwischen nimmt die Medizin Abstand von einer klaren Abgrenzung der Untergruppen und geht von fließenden Übergängen zwischen milderen und stärkeren Ausprägungsformen aus. Viel eher sprechen wir heute von einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS).

Frühkindlicher Autismus oder Kanner-Syndrom

Diese Form von Autismus beginnt sehr früh und geht oftmals mit Sprachentwicklungsstörungen oder auch einer möglichen geistigen Behinderung einher. Frühkindlicher Autismus tritt vor dem dritten Lebensjahr auf. Eine eindeutige Diagnose erfolgt in der Regel erst ab 18 Monaten.

Atypischer Autismus

Das Besondere am Atypischen Autismus ist, dass dieser zwar dem frühkindlichen Autismus sehr ähnlich ist, jedoch nicht alle Diagnosekriterien erfüllt. Bei einem atypisch-autistischem Kind können Auffälligkeiten auch erst nach dem dritten Lebensjahr in Erscheinung treten. 

Asperger-Syndrom

Das Asperger-Syndrom kennzeichnet sich durch einen späteren Beginn, etwa ab dem dritten Lebensjahr, und verläuft in den meisten Fällen ohne Sprachentwicklungs-störungen. Asperger-Autisten weisen eine normale bis hohe Intelligenz auf und haben gute sprachliche Fähigkeiten. Oftmals neigen Betroffene dazu, Dinge wörtlich zu nehmen. Kinder und Jugendliche mit Asperger-Syndrom erleben Sinnesreize intensiv, haben oftmals spezielle Interessen und eine Abneigung gegenüber Veränderungen.

Rett-Syndrom und die desintegrative Störung im Kindesalter

Das Rett-Syndrom und die desintegrative Störung im Kindesalter sind zwei seltene Formen von Autismus und tiefgreifende Entwicklungsstörungen. Bei beiden kommt es nach einer anfänglichen normalen Entwicklung zum Verlust bereits erworbener Fähigkeiten.

Wie viele Kinder und Jugendliche sind von Autismus betroffen?

Eine großangelegte Analyse in den USA ergab eine Häufigkeit der ASS in der Altersgruppe 3 bis 17 Jahre von 2,24 Prozent. Dabei sind Jungen zwei- bis dreimal häufiger betroffen als Mädchen.

Was sind die Ursachen für Autismus?

Die ASS ist überwiegend genetisch bedingt und wird mit über 90 Prozent vererbt. Allerdings sind die genetischen Ursachen hochkomplex und vielfältig. Die Forschung hat bereits über 100 Gene identifiziert, die an der Ausprägung einer ASS beteiligt sind. 

Symptome, Anzeichen und Besonderheiten

Mögliche Anzeichen eines frühkindlichen Autismus im Säuglingsalter sind beispielsweise eine Ablehnung der Brust oder Probleme beim Zufüttern. Außerdem kann eine ausgeprägte Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus auf den frühkindlichen Autismus hinweisen. Am Ende des ersten Lebensjahres zeigt sich zudem oft ein stereotypes Spielverhalten.

Autismus zeigt sich unter anderem auch in der wechselseitigen sozialen Interaktion. Die betroffenen Kinder verwenden im Miteinander kaum oder gar nicht Blickkontakt, Mimik, Körperhaltung und Gestik. Es mangelt an Interesse an anderen Kindern und soziale und emotionale Signale können oftmals nicht richtig gelesen werden. Auch der eigene emotionale Ausdruck ist reduziert.

Des Weiteren bestehen Beeinträchtigungen in der Kommunikation: Die Sprachentwicklung kann verzögert sein, das Kind plaudert nie oder benutzt nicht den symbolischen Wert der Sprache. Letztere wird maximal zum Informationsaustausch eingesetzt. Die Sprachmelodie kann verändert sein, sie wirkt abgehackt und monoton. Manchmal entwickeln die Kinder eigene Worte, sprechen von sich in der dritten Person oder wiederholen Worte immer wieder.

Das Verhalten kann zwanghaft und ritualisiert wirken. Kinder und Jugendliche im Autismus-Spektrum mögen Routinen, zeigen häufig sich wiederholende Verhaltensweisen oder können sich für Nischenthemen interessieren. Einige besitzen in ihrem Interessensgebiet eine außergewöhnliche intellektuelle Begabung.

Das Spielmuster von autistischen Kindern ist oft starr und eingeschränkt. Häufig interessieren sie sich mehr für das Detail. Kleinere Kinder sind oft an Flugzeugen, Dinosauriern, Fahrplänen oder Comics interessiert. Außerdem finden sich motorische Stereotypien, wie Pendelbewegungen des Kopfes oder Flattern mit den Händen.

Typisches Verhalten und Wahrnehmung

Kinder und Jugendliche, die mit einer Autismus-Spektrum-Störung leben, verarbeiten Sinneseindrücke anders. Sie sind sensibler und reagieren oftmals über- oder unterempfindlich auf Lärm, Gerüche oder Licht. Manchmal sind sie überfordert mit Emotionen wie Angst, Stress, Wut oder Schmerz.

Autistische Kinder und Jugendliche ziehen sich dann oft zurück oder können ihre Gefühle nur schwer kontrollieren. Eltern oder Betreuungspersonen sollten die Gefühlswelt ihrer Kinder ernst nehmen und versuchen die Krankheit zu verstehen. Schwierigen Situationen kann so im Alltag vorgebeugt werden. 

So können Sie autistischen Kindern und Jugendlichen den Alltag erleichtern

  • Reizüberflutungen: Vermeiden Sie Menschenmengen, Lärm oder eine starke Beleuchtung.
  • Geduld: Erlauben Sie dem Kind sich an eine neue Umgebung zu gewöhnen. Entdecken Sie die Welt gemeinsam, nur etwas langsamer.
  • Kommunikation: Erklären Sie, welche Situation das Kind erwartet (zum Beispiel in einem lauten Zug oder beim Einkaufen).
  • Sicherheit: Haben Sie ein Auge auf das Kind, vor allem in ungewohnten, neuen Situationen.
  • Verständnis: Zeigen Sie Interesse an Hobbies und Talenten und lassen Sie dem Kind Raum für seine Gewohnheiten.
  • Aufklärung: Je besser das Umfeld des Kindes über die Krankheit und ihre Auswirkungen informiert ist, desto harmonischer kann das Zusammenleben aussehen. Auch Lehrer:innen sollten über das individuelle Verhalten und eventuelle Sonderinteressen aufgeklärt sein. So kann die Entwicklung gezielt gefördert werden. 

Wie wird Autismus diagnostiziert?

Für die Diagnosestellung der ASS finden standardisierte Interview- und Beobachtungs-instrumente durch geschulte Diagnostiker:innen Anwendung. Der sogenannte Goldstandard besteht aus einer Kombination aus einem Screeningverfahren (FSK), einem Interview (ADI-R) und einem Beobachtungsverfahren (ADOS). Hilfreich sind oftmals auch Videoaufnahmen aus dem Alltag sowie Hospitationen in Schule und Kindergarten.

Autismus bei Kindern: Therapiemöglichkeiten

Eine Autismus-Spektrum-Störung kann nicht geheilt werden. Durch individuelle Therapien können allerdings die kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten verbessert werden. Ebenfalls ist das Ziel, die soziale Interaktion und Kommunikation gezielt zu trainieren.

Etablierte, wissenschaftliche Therapieverfahren setzen auf verhaltenstherapeutische Ansätze. In Zusammenarbeit mit Eltern, Lehrer:innen und dem Umfeld können gelernte Verhaltensweisen in den Alltag integriert werden. Auch psychotherapeutische und medikamentöse Therapieformen sind möglich. 

Hilfe und Tipps für Eltern

Wichtig ist, dass Eltern sich umfassend informieren und Kontakt zu Selbsthilfeorganisationen aufnehmen. Autismus ist zwar nicht heilbar, aber die Symptome können in der Regel bei angemessener Förderung substantiell verbessert werden. Bewährt haben sich Frühförderung, Verhaltenstherapie und spezielle Programme zur Behandlung von Autismus. Sie werden oftmals von speziellen Autismus-Zentren und -Ambulanzen angeboten. Diese helfen zum Beispiel, einen Nachteilsausgleich zu beantragen und passende Schul- und Betreuungsformen zu finden.

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