Was ist eine typische Trigeminusneuralgie?
Die Trigeminusneuralgie ist ein sehr intensiver, plötzlich einschießender Schmerz, der vom Charakter her als „brennend“, „stromstoßartig“ oder „elektrisierend“ beschrieben wird. Er dauert meist nur wenige Sekunden, kann aber bis zu 100-mal täglich auftreten. Die Lebensqualität der Betroffenen ist stark eingeschränkt.
In Deutschland leiden rund zehn von 100.000 Menschen an der Trigeminusneuralgie [1]. Frauen sind dabei fast doppelt so häufig betroffen wie Männer. Häufiger tritt der Gesichtsschmerz einseitig und nach dem 50. Lebensjahr auf [2].
Typisch für die Erkrankung ist, dass sie getriggert werden kann, zum Beispiel durch Berührung, Zugluft, Kauen oder Sprechen und durch Medikamente, die ursprünglich gegen Epilepsie eingesetzt wurden (zum Beispiel Carbamazepin). Zudem tritt sie periodisch auf, das heißt: Auf beschwerdefreie Phasen können immer wieder Phasen mit häufigen und schweren Schmerzen folgen.
Was ist der Nervus trigeminus?
Der Trigeminusnerv (lateinisch: Nervus trigeminus, „Drillingsnerv“) ist der fünfte Hirnnerv des Menschen. Seinen Namen trägt er, weil er in drei Hauptäste verzweigt:
- den Augenast (1. Trigeminusast)
- den Oberkieferast (2. Trigeminusast)
- den Unterkieferast (3. Trigeminusast)
Aufgabe des Nervus trigeminus ist es, sensible Informationen aus dem ganzen Gesicht an das Gehirn zu leiten. Umgangssprachlich wird er auch als „Fühlnerv“ bezeichnet, da der Mensch ihn benötigt, um zu riechen, zu schmecken oder eine Berührung im Gesicht zu fühlen. Er ist auch ganz wichtig für die Benetzung der Hornhaut des Auges, weil er den Blickreflex sensibel vermittelt. Nicht zuletzt leitet der Trigeminusnerv auch Reize an die vier Kaumuskeln weiter und aktiviert sie dadurch.
Von den Schmerzen sind meist die Bereiche des zweiten und dritten Trigeminusastes betroffen. Am häufigsten treten die Nervenschmerzen im Unterkieferast auf, seltener im Oberkieferast und fast nie im Augenast. Medizinisch gesehen zählt die Trigeminusneuralgie zu den neuralgischen Schmerzsyndromen.
Formen der Trigeminusneuralgie
Grundsätzlich wird aus historischen Gründen zwischen der sogenannten klassischen Trigeminusneuralgie (früher „idiopathisch“ für „selbständig, unabhängig von anderen Krankheiten“ [3]) und der symptomatischen Trigeminusneuralgie unterschieden. Die Ursache für die klassische Trigeminusneuralgie mit blitzartig einschießenden Schmerzen ist ein Konflikt zwischen einem kleinen Gefäß und dem Trigeminus („mikrovaskulärer Konflikt“). Der genaue Mechanismus der Schmerzentstehung ist im Detail noch nicht geklärt. Die Auslöser der symptomatischen Form sind umfangreich erforscht, die Behandlung ist hingegen meist schwieriger als bei der klassischen Form.
Wie entsteht eine Trigeminusneuralgie?
Im Gegensatz zur symptomatischen Trigeminusneuralgie, deren Auslöser etwa Multiple Sklerose oder eine Tumorerkrankung sein können, ist die Ursache für die klassische Form der Neuralgie ein Gefäß-Nerven-Kontakt zwischen dem Nervus trigeminus und einem Blutgefäß, meist der Arteria cerebelli superior. Dieser Kontakt führt wahrscheinlich zu einer Art elektrischem „Kurzschluss“ und löst im Zusammenhang mit weiteren Faktoren (möglicherweise einer Übererregbarkeit im Hirnstamm) die Fehlfunktion aus.
Wie lange dauert eine Trigeminusneuralgie?
Circa 30 Prozent der Betroffenen leiden nur einmalig an einer Trigeminusneuralgie. Meist tritt sie jedoch wiederholt auf. In diesen Fällen können sich immer wieder Wochen und Monate mit heftigen Gesichtsschmerzen mit beschwerdefreien Intervallen abwechseln.
Ist Trigeminusneuralgie behandelbar?
In einigen Fällen ist die Neuralgie durch Medikamente dauerhaft gut beherrschbar. Die Medikamente selber führen aber nicht selten zu Nebenwirkungen, die langfristig auch die Leber und andere Organe schädigen können. Die Behandlung der Ursache durch die mikrochirurgische Therapie oder deren Alternative, die gezielte Bestrahlung im Bereich der Nervenwurzel, sollte in jedem Fall mit der behandelnden Ärztin/dem Arzt besprochen werden.
Die symptomatische Trigeminusneuralgie wird hingegen ganz anders behandelt als die klassische Form: Entweder durch die Beseitigung der Ursache, also beispielsweise eines Tumors, mit Medikamenten oder mit stimulierenden beziehungsweise zerstörenden („ablativen“, „perkutanen“) Verfahren im Bereich des Nervens selbst.
Operative Eingriffe können Beschwerden lindern
„Allein im Helios Klinikum Erfurt behandeln wir interdisziplinär jährlich etwa 30 Menschen mit Trigeminusneuralgie, darunter einige, die sehr gut mit Medikamenten therapiert werden können. In vielen Fällen lassen sich durch einen operativen Eingriff die Nerven komprimierenden Blutgefäße auf Abstand halten. Damit lassen sich die Symptome nachhaltig bessern und die Erkrankung kann sogar geheilt werden “, erklärt Prof. Dr. Steffen Rosahl, Chefarzt in der Klinik für Neurochirurgie im Erfurter Klinikum.
„Für einige Betroffene eignet sich auch eine radiochirurgische Behandlung, das heißt eine Präzisionsbestrahlung in einer Sitzung“, ergänzt Dr. Susanne Fichte, leitende Ärztin der Neurochirurgie am Helios Klinikum Erfurt.