Was sind Dreimonatskoliken?
Dreimonatskoliken treten bei Neugeborenen in den ersten Lebenswochen auf und halten circa drei bis fünf Monate an. „Häufig weinen die Babys am späten Nachmittag oder abends über mehrere Stunden und lassen sich kaum beruhigen", beschreibt Nina Wrenger, Oberärztin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Helios Klinikum Niederberg.
Der Begriff Dreimonatskolik setzt sich aus der Dauer (meist drei Monate) und dem Symptom der starken Schmerzen im Magen-Darm-Bereich (Koliken) zusammen. Nach rund drei Monaten reduzieren sich die Schreiphasen der Kleinen und die Koliken hören auf. „Nur bei wenigen Babys bleiben die Koliken länger bestehen", erklärt Gaby Schulze, Hebamme in der Elternschule im Helios Klinikum Niederberg.
Welche Ursachen gibt es für Dreimonatskoliken?
Wie und warum genau Dreimonatskoliken entstehen, ist nicht bekannt. Entsprechend schwierig ist es für Eltern, mögliche Ursachen für die Schmerzen zu mindern. Häufig werden die Koliken auf gastrointestinale Ursachen zurückgeführt.
Dazu zählen: Blähungen, ein unreifer Darm, das Schlucken von Luft beim Trinken von Muttermilch, Störungen der Darmflora oder auch eine übermäßige Peristaltik (Muskeltätigkeit) des Magen-Darm-Trakts. Neben gastrointestinalen Ursachen, gibt es möglicherweise noch weitere Erklärungen für die Bauchschmerzen von Babys.
Sensibilität: Einige Theorien besagen, dass die Bauchkrämpfe erst in Folge des Schreiens und der damit verbundenen Aufregung auftreten. Häufig schreiende Säuglinge wären demnach sensibler als ihre Altersgenossen und reagierten empfindlicher auf die geschluckte Luft bei jedem Schrei.
Regulationsstörung: Einige Babys haben einen empfindlicheren Bauch als andere. Dazu passt auch, dass die Koliken hauptsächlich abends auftreten, wenn das Baby müde und überreizt ist.
Melatonin-Theorie: Erst nach drei Monaten wird das für den Biorhythmus verantwortliche Hormon Melatonin in ausreichenden Mengen gebildet. Davor kann es zu Verspannungen der Darmmuskulatur kommen. Vor allem dann neigen Neugeborene vermehrt zu Koliken.
Überfüllungstheorie: Säuglinge in warmen Klimazonen trinken vor allem „durstgesteuert" und somit öfter kleinere Mengen als Säuglinge hierzulande, die eher „hungergesteuert" trinken. Es wird vermutet, dass in Deutschland lebende Säuglinge daher zu große Milchmengen aufnehmen und diese für einige nicht bekömmlich sind.
Raucherhaushalt: Säuglinge in Raucherhaushalten haben häufiger Koliken als jene in Nichtraucherhaushalten. Das Nikotin scheint die Krampfbereitschaft des Magen-Darm-Traktes zu fördern.
Das familiäre Umfeld, insbesondere das Verhalten der Eltern scheint wenig mit der Entstehung von Koliken zu tun zu haben, zeigen Studien. Weder Unsicherheit, das Bindungs-verhalten, noch der Erziehungsstil konnten als ursächlich bewertet werden. Auch die Nahrung selbst scheint keine Rolle zu spielen.
Koliken treten bei gestillten und nicht gestillten Babys gleichermaßen auf. Der Mythos, dass Jungen häufiger von Dreimonatskoliken betroffen sind als Mädchen, ist falsch.
„In meiner Arbeit als Hebamme stelle ich bei fast allen Kindern, egal welches Geschlecht sie haben, mehr oder weniger eine Bauchschmerzproblematik in den ersten drei Monaten fest“, sagt Gaby Schulze, Hebamme Elternschule im Helios Klinikum Niederberg.
Was sind die Symptome?
„Wenn Babys mehr als drei Stunden pro Tag an mindestens drei Tagen in der Woche über mehr als drei Wochen schreien, handelt es sich meist um Dreimonatskoliken", so Nina Wrenger.
Die Beschwerden äußern sich durch häufiges Weinen, Reizbarkeit, Unruhe und einen aufgeblähten Bauch. Auch geballte Fäuste, ein gerötetes Gesicht und herangezogene Beine können auf Dreimonatskoliken hinweisen. Zudem treten die Beschwerden vor allem am späten Nachmittag und abends auf. Betroffen sind bis zu 25 Prozent der Babys.
Was hilft, wenn das Baby Schmerzen hat?
Es gibt ein paar Medikamente, die zur Linderung beitragen können. So wirken Antischaummittel mit dem Wirkstoff Simeticon im Verdauungstrakt gegen Blähungen. Auch Probiotika helfen, dass gestörte Gleichgewicht der Darmflora zu normalisieren.
Eine ebenfalls beruhigende Wirkung haben Zuckerlösungen. Hier besteht allerdings die Gefahr, dass die Zuckerlösung möglicherweise zu Karies führt, wenn die Milchzähne zu früh durchbrechen.
Krampflösende Medikamente (Anticholinergika) verlangsamen die verstärkte Peristaltik im Darm. Ein Problem stellen jedoch die möglichen unerwünschten Wirkungen dar, daher sollte die Gabe nur in Rücksprache mit den behandelnden Kinderärzt:innen erfolgen.
10 Tipps zur Linderung der Beschwerden mit Hausmitteln
Wenn das Baby sonst gesund ist und als Ursache für das Schreien Dreimonatskoliken festgestellt wurden, können die folgenden Maßnahmen helfen, um Bauchweh, Blähungen und Schmerzen zu lindern. Allgemein gilt: Jeder Säugling ist und reagiert anders, sodass vielleicht nicht jeder Tipp die erhoffte Linderung bringt.
- Tragen, leichtes Schaukeln und Körperkontakt helfen und wirken beruhigend.
- Sanftes Streicheln über den Bauch im Uhrzeigersinn mit Fenchel-Kümmelöl, Winde-Öl oder Bäuchleinöl kann Erleichterung bringen.
- Warme Bäder können entspannend wirken und eine Kolik lösen.
- Auf manche Säuglinge wirken Rhythmen oder monotone Töne sowie Singen beruhigend.
- Wärme spenden durch ein erwärmtes Kirschkernkissen. Hier vorher die Temperatur an der Handgelenksinnenseite testen.
- Stillende Mütter sollten nicht auf adaptierte Milch umsteigen. Bei Säuglingen, die mit Formulanahrung ernährt werden, sollte eine Umstellung erwogen werden.
- Eine Bauchmassage wirkt beruhigend und ist oft hilfreich – das gilt auch für sanftes Streicheln des Rückens in Bauchlage.
- Homöopathische Mittel, wie Chamomilla, Colocynthis und Belladonna Globuli, können durch den Placebo-Effekt Abhilfe schaffen.
- Der Säugling sollte beim Trinken möglichst keine bis wenig Luft schlucken.
- Feuchtwarme Auflagen mit teegetränkten Tüchern verwenden. Dazu Tee aus Anis und Fenchel oder aus Kümmel und Fenchel zubereiten. Einen Esslöffel der Saaten mit 0,5 Liter kochendem Wasser aufbrühen und zehn Minuten ziehen lassen. Das Baumwolltuch damit tränken und nach ausreichender Abkühlzeit auf den Bauch legen.
„Gute Erfahrungen habe ich auch mit Schreiprotokollen gemacht, da es häufig auch zeigt, wie viel wache und zufriedene Phasen bei den Familien zu sehen sind. Diese positiven Zeiten werden häufig im Alltag und während der Unruhe des Kindes vergessen“, rät Hebamme Gaby Schulze.
Psychische Belastung – an wen können sich Eltern wenden?
Wenn Eltern nicht mehr weiter wissen, hilft oft der persönliche Kontakt zu einer Hebamme. Diese kann beratend zur Seite stehen und den Kontakt zu einer Elternschule vermitteln. Schreit das Baby übermäßig viel führt der Weg normalerweise zur kinderärztlichen Praxis.
Die Ärzt:innen untersuchen, ob gesundheitliche Probleme für das Schreien und die Beschwerden verantwortlich sein könnten. Wurden Krankheiten für die Ursache des exzessiven Schreiens ausgeschlossen, sollten Eltern über eine Beratung in einer Schreiambulanz nachdenken.
In größeren Städten sind diese oftmals an Sozialpädiatrische Zentren angeschlossen und in Kinderkrankenhäusern angesiedelt. Oft hilft es betroffenen Eltern schon, die Probleme zu schildern und sich von Fachleuten beraten zu lassen.
Diese geben Unterstützung im Umgang mit dem Neugeborenen sowie Tipps und Ratschläge, die zur Entspannung des Babys beitragen können. Kinderärzt:innen können eine Überweisung für eine Vorstellung in einer Schreiambulanz ausstellen.
Es kann auch helfen, wenn Sie Ihr Baby kurzzeitig von Bekannten und Familienangehörigen betreuen lassen, sodass Sie auch selbst zur Ruhe kommen und ein wenig Schlaf nachholen können.