Gute Chancen trotz angeborenen Herzfehlers
Dank des großen medizinischen und technischen Fortschritts auf dem Gebiet der Kinderherzchirurgie sind die Überlebensraten selbst komplexer Herzfehlbildungen heutzutage ausgesprochen gut.
Je nach Schweregrad der Fehlbildung und der damit verbundenen Symptome können einige Herzfehler ohne bedeutende körperliche Einschränkung jahrelang gut toleriert werden. Andere hingegen führen bereits in den ersten Lebensstunden zu einer dramatischen Zustandsverschlechterung mit einem umgehenden Therapiebedarf.
Von großer Bedeutung ist die enge Zusammenarbeit von Gynäkolog:innen, Kinderkardiolog:innen und Kinderherzchirurg:innen, um eine möglichst frühe Diagnose zu sichern, an die sich eine genaue Therapieplanung und operative Versorgung anschließen.
Was ist ein angeborener Herzfehler?
Bereits in den ersten Tagen der Schwangerschaft beginnt im Embryo die Entwicklung des Herz-Kreislaufsystems. In den nachfolgenden Wochen entwickeln sich durch komplexe Umbauvorgänge das Herz und die daran angrenzenden Gefäße. Störungen innerhalb dieser Prozesse können zu Fehlbildungen führen, die als angeborene Herzfehler bezeichnet werden. Betroffen sein können sowohl Strukturen innerhalb des Herzens, wie die Vorhof- oder Kammerscheidewand sowie die Herzklappen als auch die vom Herzen abgehenden Gefäße. Nicht selten kommen komplexe Fehlbildungen vor, die eine besondere Therapieplanung und gegebenenfalls eine stufenweise Korrektur erfordern.
Welche sind die häufigsten Herzfehler?
Die häufigsten angeborenen Herzfehler, ihre Risiken und die Behandlungsmöglichkeiten finden Sie hier:
Der Ductus arteriosus ist eine Gefäßverbindung zwischen der Körperschlagader (Aorta) und der Lungenschlagader (Pulmonalarterie), die vor der Geburt besteht und sich danach normalerweise verschließt. Bleibt die Verbindung langfristig nach der Geburt geöffnet, besteht die Gefahr einer drohenden Lungenüberflutung mit Blut und einer daraus resultierenden Herzschwäche.
Misslingt der Versuch einer medikamentösen Therapie, kann der Verschluss über einen Herzkatheter erfolgen. Ist der Ductus arteriosus sehr groß, wird dieser chirurgisch über einen Schnitt am linken Brustkorb durch Nähte oder Clips unterbunden.
Der Aortenisthmus ist der Bereich der Körperschlagader (Aorta) zwischen dem Beginn der linken Armarterie und der Einmündungsstelle des Ductus arteriosus. Befindet sich in diesem Bereich eine Enge, kommt es zu einer Unterversorgung der unteren Körperhälfte. Es zeigt sich weiterhin eine oft schwere Herzschwäche.
Die Patient:innen müssen umgehend chirurgisch über einen Schnitt an der linken Brustkorbseite versorgt werden. Bei der Operation wird die Engstelle herausgeschnitten und die beiden Enden der Aorta durch eine Naht wieder miteinander verbunden.
Ein Vorhofscheidewanddefekt befindet sich zwischen dem rechten und linken Herzvorhof. Im seltensten Fall handelt es sich um ein persistierendes Foramen ovale (Verbindung zwischen rechtem und linkem Vorhof, ein Überbleibsel aus dem embryonalen Kreislauf). Dies kommt bei 30 Prozent aller Menschen vor – meist ohne Krankheitswert. Im anderen Extrem kann aber auch die gesamte Vorhofscheidewand fehlen. Aufgrund des höheren Drucks im linken Herzvorhof fließt während der Kontraktion des Herzens ein Teil des Blutes aus dem linken in den rechten Vorhof (Links-Rechts-Shunt), wodurch es zu einer gesteigerten Lungendurchblutung kommt. Die Volumenüberlastung der rechten Kammer und des Lungengefäßbettes wird normalerweise lange ohne wesentliche Symptome toleriert.
Die chirurgische Therapie erfolgt durch einen Flickenverschluss mit Gewebe aus dem eigenen Herzbeutel. Davor wird die Patientin oder der Patient nach Öffnung des Thorax an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen und ein kurzer Herzstillstand durchgeführt.
Ein Kammerscheidewanddefekt ist eine fehlerhafte Verbindung zwischen der linken und rechten Herzkammer. Der isolierte VSD ist mit bis zu 25 Prozent die häufigste Herzfehlbildung. Aufgrund des höheren Drucks in der linken Herzkammer fließt während der Kontraktion des Herzens ein Teil des Blutes aus der linken in die rechte Kammer (Links-Rechts-Shunt). Bei einer Volumenüberlastung entwickelt sich sehr schnell eine zunehmende Herzschwäche und ein Lungengefäßhochdruck.
Über die Eröffnung des Brustkorbes werden die Patient:innen an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen, bevor der Defekt unter einem Herzstillstand mit einem körpereigenen Herzbeutelflicken verschlossen wird.
Die Fallot'sche Tetralogie ist der häufigste Herzfehler, bei dem es zu einer Sauerstoffuntersättigung kommt. Dieser Herzfehler besteht aus einem Kammerscheidewanddefekt, über den die Aorta "reitet", einer Verdickung der rechten Herzkammer und einer Verengung im Bereich des Ausflusstraktes des rechten Herzens.
Über die Eröffnung des Brustkorbes werden die Patient:innen an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen. Der Kammerscheidewanddefekt wird mit einem körpereigenen Herzbeutelflicken verschlossen, die überflüssige Muskulatur aus der rechten Pumpkammer wird abgetragen. Verengungen im Bereich des Ausflusstraktes werden beseitigt und ein weiterer Herzbeutelflicken dient der Erweiterung in diesem Bereich.
Bei einem Atrioventrikulären Septumdefekt kommt es zu einer Kombination von einem tiefen Vorhofscheidewanddefekt mit einem Kammerscheidewanddefekt. Es besteht eine gemeinsame Herzklappe zwischen den Herzvorhöfen und den Pumpkammern, die nicht selten eine Undichtigkeit zeigt. Sehr häufig leiden Patient:innen mit Trisomie 21 an diesem Herzfehler. Trisomie 21 ist eine Chromosomenstörung mit meist einhergehender geistiger und körperlicher Beeinträchtigung.
Nach der Eröffnung des Brustkorbes werden die Patient:innen an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen. Im Herzstillstand werden beide Defekte durch zwei Flicken getrennt voneinander verschlossen. Anschließend wird die gemeinsame Herzklappe in einen Mitral- und einen Trikuspidalklappenanteil, das ist eine Herzklappe der linken und der rechten Herzkammer, getrennt. Undichtigkeiten werden durch einzelne Nähte behoben.
Bei einer Transposition der großen Arterien entspringt die Körperschlagader (Aorta) aus der rechten Herzkammer, während die Lungenschlagader (Pulmonalarterie) aus der linken Herzkammer entspringt. Dadurch sind Körper- und Lungenkreislauf parallel zueinander geschaltet und eine Sauerstoffanreicherung des Blutes nicht gegeben. Das Überleben der Patient:innen ist nur möglich, wenn es zwischen den Vorhöfen oder zwischen den Herzkammern eine Verbindung zur Blutdurchmischung gibt.
Durch eine komplexe Operation am offenen Herzen unter Verwendung der Herz-Lungen-Maschine und im Herzstillstand, werden die großen Körpergefäße und die Koronararterien herausgeschnitten und in die richtige Herzkammer implantiert. Danach befinden sich Lungen- und Körperkreislauf in physiologischer Reihenschaltung.
Bei einem unterbrochenen Aortenbogen liegt eine vollständige Unterbrechung zwischen verschiedenen Abschnitten des Aortenbogens und der absteigenden Aorta vor. Bei allen Patient:innen liegt ebenfalls ein Kammerscheidewanddefekt vor.
Die Blutversorgung der unteren Körperhälfte erfolgt durch den Ductus arteriosus, der bis zur Operation medikamentös offengehalten wird. Unter Verwendung der Herz-Lungen-Maschine und im Herzstillstand wird der Aortenbogen rekonstruiert und eine Kontinuität geschaffen. Der Ductus arteriosus wird entfernt und der Kammerscheidewanddefekt mit einem Stück des eigenen Herzbeutels verschlossen.
Im Falle eines Truncus arteriosus communis entspringen die Körperschlagader (Aorta) und die Lungenschlagader (Pulmonalarterie) als ein gemeinsames Gefäß aus der Herzbasis. Die Lungenschlagadern gehen aus diesem Gefäß zumeist direkt ab und haben keine Verbindung zur rechten Pumpkammer. Die gemeinsame Herzklappe (Trunkusklappe) ist oft undicht und missgebildet und liegt in der Nähe eines Kammerscheidewanddefektes. Die Symptome werden durch das Ausmaß der Lungendurchblutung und den Schweregrad der Missbildung der Trunkusklappe bestimmt.
Bei der chirurgischen Korrektur unter Verwendung der Herz-Lungen-Maschine werden im Herzstillstand die großen Lungengefäße aus der Aorta herausgeschnitten. Anschließend wird der Kammerscheidewanddefekt mit einem Herzbeutelflicken verschlossen. Über eine biologische Gefäßprothese werden die Lungengefäße mit der rechten Pumpkammer verbunden. Die Gefäßprothese wächst nicht mit und muss im weiteren Verlauf chirurgisch ausgetauscht werden.
Bei einer totalen Lungenvenenfehleinmündung besteht keine direkte Verbindung zwischen der Lungenvene, die sauerstoffreiches Blut aus der Lunge zum Herzen transportieret, und dem linken Vorhof. Über ein Sammelgefäß wird das Blut in venöse Gefäße oberhalb des Herzens, unterhalb des Herzens oder direkt in den rechten Vorhof geleitet. Zeigen sich im Bereich der Sammelgefäße Engstellen, kommt es zu einem kritischen Blutstau in der Lunge.
In dieser Situation müssen die Patient:innen umgehend operiert werden. Unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine werden im Herzstillstand die fehlmündenden Lungenvenen direkt mit dem linken Vorhof verbunden.
Bei einigen sehr komplexen Fehlbildungen kann eine Korrektur nicht durchgeführt werden. Es werden palliative, die Symptome lindernde, Eingriffe angewendet, um das Überleben der Patient:innen zu sichern.
Die chirurgische Behandlung von Herzen mit nur einer ausgebildeten Pumpkammer besteht in einer Trennung des kleinen und großen Blutkreislaufes. Durch die Umgehung der rechten Herzhälfte wird eine passive Lungendurchblutung ermöglicht. Über eine Gefäßprothese fließt Blut aus der Körperschlagader in die Lungenarterie.
Das gesamte Konzept wird als "Fontan Zirkulation" bezeichnet. Es besteht aus drei Operationen, die in der Regel bis zum dritten Lebensjahr abgeschlossen sein sollten.
Die Gefäßprothese kann auch genutzt werden, um Patient:innen mit sehr komplexen, aber korrigierbaren Herzfehlern, zunächst zu stabilisieren, um sie zu einem späteren Zeitpunkt operieren zu können. Kommt es durch die spezifischen Folgen eines Herzfehlers zu einer vermehrten Lungendurchblutung, kann ein pulmonal-arterielles Banding (PAB) angelegt werden. Damit wird die Entwicklung eines Lungenhochdrucks verhindert.
So läuft die Operation ab
Wie läuft die Absprache, die Vorbereitung und die Operation eines angeborenen Herzfehlers an sich? Hier finden Sie die wichtigsten Punkte in einer Übersicht:
- Die Befunde all unserer kleinen (und großen) Patient:innen werden zur weiteren Therapieplanung wöchentlich in einer kinderkardiologisch-kinderherzchirurgischen Konferenz besprochen.
- Als Nächstes erfolgt die Terminvergabe.
- Bei geplanten Operationen erfolgt die Aufnahme auf die kinderkardiologische Normalstation am Vortag der Operation.
- Nach der Anamnese (Erfragung der Krankheitsgeschichte) und körperlichen Untersuchung führen unsere Mediziner:innen eine Blutentnahme, ein EKG (Elektrokardiogramm) sowie eine Röntgen- und Ultraschalluntersuchung durch.
- Sollten sich bei komplexeren Fehlbildungen weitere Fragestellungen ergeben, können wir diese im Vorfeld des Eingriffs diagnostisch rund um die Uhr abklären, mit modernsten Verfahren wie Herzkatheter, Computertomographie und MRT (Magnetresonanztomographie).
- Am Vorabend der Operation führen Operateur:innen und Narkoseärzt:innen ein ausführliches Aufklärungsgespräch mit den Eltern kleiner Patient:innen beziehungsweise Ihnen als Patientin oder Patient selbst durch.
- Der Zugangsweg zum Herzen richtet sich nach der individuell vorliegenden Pathologie. In den meisten Fällen erfolgt die Operation über eine mediane Sternotomie, das heißt, einen Zugang zum Herzen durch Eröffnung des Brustbeines, verbunden mit dem Einsatz der Herz-Lungen-Maschine. Diese wird in der Regel über die beiden Hohlvenen und die Hauptschlagader angeschlossen.
- Am stillgelegten Herzen erfolgt, abhängig von der vorliegenden Pathologie, die chirurgische Korrektur. Anschließend wird das Brustbein mit kleinen Drähten und die Haut mit dünnen Fäden sorgfältig verschlossen.
- Bei Anomalien im Bereich der Aorta wie der Aortenisthmusstenose kann der Zugang über einen Schnitt an der linken Brustwand erfolgen.
- Nach der Operation verlegen wir unsere kleinen Patient:innen auf die kinderkardiologische Intensivstation, wo unser erfahrenes ärztliches und pflegerisches Team die weitere unmittelbare postoperative Betreuung vornimmt.
- Sie als Eltern und Angehörige informieren wir unmittelbar nach der Operation telefonisch über deren Verlauf.
- Ist der Kreislauf stabil und der Beatmungsschlauch kann entfernt werden, übernehmen die Fachkolleg:innen der kinderkardiologischen Wach- und Normalstation die weitere stationäre Behandlung bis zum Tag der Entlassung.