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Nachgefragt und erklärt: 8 Mythen rund um Antibiotika

Wundermittel bei Krankheit oder Ursache von multiresistenten Bakterien? Um Antibiotika ranken sich viele Gerüchte und Halbwahrheiten. Dr. Sabine Recknagel-Friese, Fachärztin für Anästhesiologie im Helios Klinikum Erfurt, und Priv.-Doz. Dr. Irit Nachtigall, Helios Fachgruppenleiterin Infektiologie, haben für uns sieben Mythen rund um Antibiotika einem Wahrheitscheck unterzogen und erklären, was stimmt und wann es sich um einen Mythos handelt.

Young woman suffering from cold

Mythos 1: Antibiotika helfen gegen Erkältung, Grippe und Co.

Jein! Antibiotika helfen ausschließlich bei bakteriellen Infektionen. Eine Grippe, Erkältung, Husten oder eine Rachenentzündung lassen sich in der Regel nicht mit Antibiotika behandeln, da sie meistens durch Viren entstehen. Antibiotika bewirken hier nichts.

Unsere Empfehlung: Rät Ihnen eine Ärztin/ein Arzt bei einer Erkältung oder Grippe zu Antibiotika, sollten Sie besser noch einmal nachfragen. Denn: „Je mehr und häufiger die weit verbreiteten Antibiotika für die falsche Erkrankung eingesetzt werden, umso mehr werden Resistenzen gefördert“, sagt Priv.-Doz. Dr. Irit Nachtigall.

Mythos 2: Antibiotika machen resistent

Nicht ganz. Vielmehr ist es so, dass sich nicht der menschliche Körper an Antibiotika gewöhnt, sondern die Bakterien selbst. Korrekt ist daher, dass manche Bakterien gegen Antibiotika resistent werden. Die resistenten Erreger können Infektionen verursachen, bei denen einst hilfreiche Medikamente nicht mehr wirken. Grund dafür sind unter anderem zufällige Mutationen im Erbgut der Erreger, die sich weiterverbreiten, aber die Erreger können sich die Resistenzen auch untereinander weitergeben.

Unsere Empfehlung: Wichtig ist, dass Antibiotika nicht unnötig verschrieben und eingenommen werden. Holen Sie sich im Zweifel eine Zweitmeinung ein und hinterfragen Sie die Notwendigkeit bei Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt.

Je mehr und häufiger die weit verbreiteten Antibiotika für die falsche Erkrankung eingesetzt werden, umso mehr werden Resistenzen gefördert.

Mythos 3: Antibiotika bei Besserung der Symptome absetzen

Besser nicht. Zwar wirken viele Antibiotika schnell und senken die Zahl der krankmachenden Erreger stark herab, allerdings sind die Bakterien noch nicht komplett beseitigt. Auch wenn die Symptome bereits nachgelassen haben.

Unsere Empfehlung: Generell gilt, nehmen Sie das Antibiotikum solange und in der Dosis, die von Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt verordnet wurde. Wenn Sie sich wieder richtig gesund fühlen, halten Sie ärztliche Rücksprache, ob Sie die Therapie eventuell verkürzen können. Und bitte lagern sie nicht verbrauchte Reste nicht zu Hause und greifen ohne Verordnung bei neuen Symptomen darauf zurück. Reste sind immer zu entsorgen.

Mythos 4: Antibiotika hemmen die Wirkung der Pille

Das kann richtig sein. Die Wirkung der Pille kann während der Einnahme von Antibiotika gemindert sein. Da antibiotische Medikamente einen negativen Einfluss auf die Darmflora haben, kann dies die Aufnahme der Hormone beeinträchtigen. Bitte besprechen Sie dies gegebenenfalls mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt.

Unsere Empfehlung: Um nicht ungewollt schwanger zu werden, bieten Kondome einen zusätzlichen Schutz.

Mythos 5: Antibiotika und Milch vertragen sich nicht

Jein. Entscheidend ist der Wirkstoff des Antibiotikums. Bestimmte Wirkstoffe können mit dem Kalzium aus der Milch im Magen und im Darm schwer lösliche Verbindungen eingehen. Das behindert die Aufnahme des Antibiotikums ins Blut und lässt sie schwächer wirken.

Unsere Empfehlung: Besprechen Sie auch dieses Problem mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt. Gegebenenfalls verzichten Sie zwei Stunden vor und nach der Einnahme des Antibiotikums auf Milch. Das gilt auch für kalziumreiches Mineralwasser und Milchprodukte wie Käse, Quark oder Joghurt. „Grundsätzlich sollte Antibiotika immer mit einem großen Schluck Leitungswasser eingenommen werden“, so Dr. Recknagel-Friese.

Mythos 6: Antibiotika gehören in die Hausapotheke

Das ist falsch. Antibiotika sind verschreibungspflichtig und sollten nicht eigenständig dosiert werden. Ihre Ärztin/Ihr Arzt muss im konkreten Krankheitsfall entscheiden, ob ein Antibiotikum sinnvoll ist und gegen welche Bakterien es wirken soll. 

Unsere Empfehlung: Heben Sie übrig gebliebene Antibiotika nicht auf oder geben Sie diese an Dritte weiter. Denn auch bei ähnlichen Symptomen können sich die Erreger unterscheiden.

Mythos 7: Antibiotika schwächen das Immunsystem

Das ist falsch. Besonders bei chronischen Krankheiten, in höherem Alter, bei Stress oder bei einer schweren Infektion schafft es das Immunsystem nicht immer, gegen alle Krankheitserreger vorzugehen. Antibiotika unterstützen die körpereigenen Abwehrkräfte, indem sie Bakterien angreifen und abtöten.

Unsere Empfehlung: Nehmen Sie Antibiotika nur in ärztlicher Absprache ein. Da die Art des Antibiotikums und die Dauer der Einnahme vom Bakterium abhängen, sollten Sie keine Eigentherapie mit alten Antibiotika vornehmen.

Mythos 8: Alkohol und Antibiotika vertragen sich nicht

Die meisten Menschen fühlen sich während einer Infektion unwohl und verspüren gar keinen Appetit auf Alkohol. Ein generelles Verbot von Alkohol während der Antibiotika-Einnahme besteht aber nicht. „Ein Glas Wein oder Bier ist bei einigen Antibiotika kein Problem. Es gibt aber einzelne Wirkstoffe wie zum Beispiel das Metronidazol oder Amoxicillin, beides häufig verordnete Antibiotika, die sich mit Alkohol nicht vertragen und in der Kombination ernste Nebenwirkungen verursachen können. Bei anderen ist der Abbau durch Alkohol beschleunigt, sodass die Wirkung vermindert ist“, erklärt PD Dr. Nachtigall.

Unsere Empfehlung: Wer sich unsicher ist, sollte in jedem Fall Rücksprache mit seiner Ärztin oder seinem Arzt oder in der Apotheke nachfragen. Noch besser: In der doch meist kurzen Zeit, in der man die Medikamente nimmt, auf Alkohol verzichten.

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