Blutgruppen kurz erklärt
Die Oberfläche der roten Blutkörperchen (Erythrozyten) besteht aus verschiedenen Strukturen wie Eiweiß- (Proteine) und Zuckerverbindungen (Kohlehydrate). Diese bilden unter anderem auch die körpereigenen Blutgruppenmerkmale oder -antigene aus, die wir als sogenannte Blutgruppen bestimmen können.
„Heutzutage sind circa 40 verschiedene Blutgruppensysteme bekannt. Die zwei wichtigsten sind das AB0- und das Rh-System“, so Dr. Udo Voelker, Leiter der Blutbank und Blutspende und Facharzt Transfusionsmedizin im Helios Klinikum Krefeld.
Das AB0-System unterteilt sich in die vier Blutgruppen: A, B, AB und 0. „In Deutschland haben 37 Prozent der Menschen die Blutgruppe A+, dicht gefolgt von der Blutgruppe 0+. Am seltensten ist die Blutgruppe AB-", sagt Maria Weyen, Fachärztin für Transfusionsmedizin am Institut für Hygiene und Labormedizin in Krefeld.
Beim Rh-Blutgruppensystem (umgangssprachlich „Rhesus-System“) wird zwischen dem Rhesus-Faktor positiv (RhD+) und dem Rhesus-Faktor negativ (RhD-) unterschieden.
Blutgruppenverteilung in Deutschland
Covid-19: Risikofaktor Blutgruppe A?
Schon seit der Verbreitung der Pest in Nord- und Südamerika und bestimmter Malariaformen in Afrika ist bekannt, dass das Vorhandensein einzelner Blutgruppenmerkmale die Empfänglichkeit von Krankheitserregern fördert oder verhindert. So lag es nahe, auch bei der neuen Viruserkrankung den Einfluss der wichtigsten und einfach zu bestimmenden ABO-Merkmale in den Fokus der Forschungen zu stellen.
„Forscherinnen und Forscher sind sich uneins über den Einfluss der Blutgruppe auf eine Covid-19-Erkrankung. Es gibt widersprüchliche Forschungsergebnisse dazu, ob die Blutgruppe eines Menschen die Empfänglichkeit von SARS-CoV-2 positiv oder negativ beeinflusst“, so Dr. Voelker.
Einzelne Studien, etwa aus China, Nordamerika und Europa konnten Hinweise feststellen, dass mit Covid-19 infizierte Menschen seltener die Blutgruppe 0 besitzen. Andere zeigten, dass die Blutgruppe A wohl ein höheres Risiko darstellt, an Covid-19 zu erkranken.
„Der Hintergrund einer Blutgruppen-Assoziation bei Covid-19 ist bisher noch nicht vollständig entschlüsselt, da auch die Studienlage noch keine eindeutigen Ergebnisse zeigt“, sagt Maria Weyen.
Blutgruppe 0 kein Garant für einen leichten Verlauf
Menschen mit Blutgruppen 0 scheinen im Vergleich mit den Typen A, B oder AB das geringste Risiko für eine Corona-Infektion zu haben. Aber auch sie müssen sich wie alle anderen vor dem Corona-Virus schützen.
„Nach derzeitigen Wissensstand wirkt sich die Blutgruppe 0 nicht auf den Covid-19-Verlauf aus und schützt demnach auch nicht vor einem schweren Verlauf“, so der Leiter der Blutbank.
Covid-19 Antikörper aus dem Blutplasma
„Die Ergebnisse von Antikörper-Studien zeigen, dass das Immunsystem auf das Corona-Virus ähnlich wie auf andere Viren reagiert und alle drei wesentlichen Antikörper ausbildet“, sagt die Fachärztin.
Bei den meisten Menschen mit einer Sars-CoV-2-Infektion finden sich circa zehn bis 20 Tage nach der Infektion spezifische Antikörper. Bei leichteren Symptomen kann es aber auch länger als vier Wochen bis zur Bildung dauern. Bei wenigen Erkrankten konnten überhaupt keine Antikörper nachgewiesen werden. „Auch, wenn das Immunsystem Antikörper ausgebildet hat, wird deutlich, dass es nicht bei jedem gleich reagiert", so Dr. Voelker.
Gewinnung von Blutplasma zum Nachweis von Antikörpern
Das Blutplasma von Patientinnen und Patienten, die eine Covid-19-Erkrankung überstanden haben, enthält IgG-Antikörper, die gegen das Corona-Virus Sars-Cov-2 gerichtet sind. Im Blutplasma, das ist der flüssige Bestandteil des Blutes, lassen sich diese Antikörper mittels Plasmapherese gewinnen und nachweisen.
Bei einer Apherese (griechisch „herausschneiden“) handelt es sich um ein Verfahren, bei dem aus Blut oder Blutplasma gezielt nützliche Blutbestandteile oder krankheitsverursachende Stoffe entfernt werden. Dazu wird den Patient:innen eine Kanüle in eine Armvene gelegt. Über diese fließt das Blut in ein geschlossenes, steriles Schlauchsystem einer Maschine, in der durch Zentrifugation die verschiedenen Blutkomponenten voneinander getrennt werden. Die nicht benötigten Blutzellen fließen danach wieder über die gleiche Armvene in den Körper der Patient:innen zurück. Das Plasma wird gesammelt und eingefroren. Bei einer Plasmapherese kommt es so zur Abtrennung des Blutplasmas vom Vollblut.
Antikörper-Therapie bei Covid-19
„Das Blutplasma mit Antikörpern genesener Patientinnen und Patienten zur Behandlung bei schweren Verläufen gilt, laut der Erfahrung aus mehreren Krankenhäusern, weltweit als ein vielversprechender Therapieansatz und als eine mögliche Alternative zu antiviralen Medikamenten“, so Dr. Udo Voelker.
„Die Erfahrungen mit Rekonvalezenzplasma, also zellfreiem Blutplasma, zeigen, dass die Behandlung mit dem Blutplasma genesener Covid-19-Patientinnen und Patienten den Krankheitsverlauf wahrscheinlich mildern und verkürzen können“, sagt Maria Weyen.
Der sinnvolle Zeitpunkt der Gabe, die Plasmamenge, notwendige Wiederholungen der Anwendung und der Einsatz dieser Antikörper bei bestimmten Personengruppen sind im Fokus der derzeitigen klinischen Forschung.
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