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Corona-Schutzimpfung: Alles, was Sie über Impfkomplikationen wissen müssen

172.062.925 COVID-19-Schutzimpfungen wurden bis zum 31.03.2022 in Deutschland verabreicht. Wie jede andere Impfung, können auch die zugelassenen Corona-Impfungen zu Nebenwirkungen und Komplikationen führen. Was heißt das genau?

27. Juni 2022
Covid-19-Impfung bei einer Seniorin

Welche unerwünschten Reaktionen möglich sind und warum es wichtig ist, darüber zu reden ohne gleich als Impfgegner zu gelten, darüber sprachen wir mit PD Dr. Irit Nachtigall, Regionalleiterin Infektiologie der Helios Region Ost.

Impfreaktion oder Impfkomplikation?

In Deutschland werden Komplikationen und unerwünschte Reaktionen durch Impfungen vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) erfasst.

„Dabei muss man das eine strikt vom anderen unterscheiden. Als Impfreaktion gelten laut Robert Koch-Institut kurzzeitige Lokal- oder Allgemeinreaktionen wie beispielsweise Schmerzen an der Einstichstelle, Müdigkeit oder Unwohlsein. In der Regel klingen diese Beschwerden nach wenigen Tagen wieder ab“, sagt PD Dr. Irit Nachtigall.

Von Komplikationen hingegen ist dann die Rede, wenn Impfreaktionen über ein normales Maß hinausgehen, den Gesundheitszustand stark beeinträchtigen und mitunter über einen langen Zeitraum anhalten.

Wie viele Menschen sind von Impfkomplikationen durch die Coronaschutzimpfung betroffen?

Laut Paul-Ehrlich-Institut wurden für den Impfstoff von BiontechPfizer der Verdacht auf 0,2 schwerwiegende Komplikationen pro 1000 Impfungen gemeldet, für den Impfstoff von Moderna 0,1 und für das Vakzin von AstraZeneca 0,5. Bei den Präparaten von Johnson&Johnson und Novavax beträgt die Melderate jeweils 0,3.

Können auch andere Schutzimpfungen zu Komplikationen führen?

„Grundsätzlich können Nebenwirkungen oder Komplikationen bei Impfungen nie komplett ausgeschlossen werden. Jedoch liegen sie meist im Promillebereich – der Nutzen überwiegt also bei den empfohlenen Standardimpfungen das Risiko durch mögliche unerwünschte Reaktionen“, sagt PD Dr. Irit Nachtigall.

So wurden dem Paul-Ehrlich-Institut für das Jahr 2017 insgesamt 4.027 Einzelfallmeldungen zu möglichen Impfreaktionen bzw. -komplikationen gemacht.  Von ihnen betrafen 1.111 schwerwiegende Fälle, 46 Personen trugen einen bleibenden Schaden davontrugen.

„Wer es genau wissen möchte, findet detaillierte Listen aller gemeldeten Nebenwirkungen je Impfstoff bis ins Jahr 2021 hinein auf den Seiten des PEI.“

Datenbank zu Arzneimittelnebenwirkungen - Paul-Ehrlich-Institut (pei.de)

Was sind die Ursachen für eine Impfkomplikation nach einer Coronaschutzimpfung?

Warum manche Menschen eine Impfkomplikation unter der COVID-19-Schutzimpfung erleiden und andere nicht, ist noch nicht abschließend geklärt. Eine Vermutung ist, dass das Risiko für Komplikationen steigt, wenn im Blut zu viele Autoantikörper vorhanden sind.

„Autoantikörper sind Antikörper, die vom Immunsystem gebildet werden und sich gegen körpereigenes Gewebe, gegen Hormone oder andere Antikörper richten“, sagt PD Dr. Irit Nachtigall. Inwieweit dieses Wissen zukünftig genutzt werden kann, um gefährdete Personen bereits vor einer Impfung zu erkennen, muss noch erforscht werden.

Welche Impfkomplikationen sind nach einer Coronaschutzimpfung möglich?

Über die Risikoprofile der verschiedenen Impfstoffe gibt das Robert Koch-Institut in den Aufklärungsmerkblättern. Auskunft. „Jeder Impfwillige muss vom Impfarzt zudem vor einer Corona-Schutzimpfung aufgeklärt werden und ein solches Aufklärungsmerkblatt unterschreiben. In dieser Hinsicht ist die Information in Deutschland extrem gut“, sagt die Expertin.

Zu den häufigsten Komplikationen zählen bislang Atembeschwerden und- störungen, Herzrhythmusstörungen (Arrythmie), Herzmuskelentzündungen (Myokarditis) oder die Lungenembolie. Die Übersicht aller bislang gemeldeten Nebenwirkungen und Impfkomplikationen durch COVID-19-Impfstoffe veröffentlicht das Paul-Ehrlich-Institut.

Unterscheiden sich die bekannten Komplikationen je nach Impfstoff?

Ja und nein. Die meisten beim Paul-Ehrlich-Institut gemeldeten Nebenwirkungen treten bei allen fünf COVID-19-Schutzimpfungen auf – jedoch in unterschiedlicher Häufigkeit. So kam die zerebrale Sinusvenenthrombose beim Impfstoff von AstraZeneca mit 2 Fällen je 100.000 Impfungen am häufigsten vor, weshalb das Vakzin seit Ende November 2021 in Deutschland nicht mehr genutzt wird.

Mit 3,3 Meldungen je 100.000 Impfungen war bei Vaxzevria (AstraZeneca) zudem eine Lungenembolie häufiger, als bei den beiden mRNA-Impfstoffen oder bei Johnson&Johnson.

„Mit 1,4 beziehungsweise 1,6 Meldungen je 100.000 Impfungen besteht bei den mRNA-Impfstoffen von BiontechPfizer und Moderna hingegen ein größeres Risiko für eine Herzmuskelentzündung, als bei den anderen Vakzinen“, so PD Dr. Irit Nachtigall.

An wen kann ich mich wenden, wenn ich befürchte, eine Impfkomplikation zu haben?

Wer befürchtet, eine Impfkomplikation aufgrund einer Corona-Schutzimpfung zu haben, sollte sich in einem ersten Schritt vertrauensvoll an die hausärztliche Praxis wenden.

„Die meisten Allgemeinmediziner:innen sind inzwischen sensibilisiert, wenn es um dieses Thema geht und können bei Bedarf an Spezialambulanzen überweisen“, so PD Dr. Irit Nachtigall. Wichtig ist zudem die Meldung an das Paul-Ehrlich-Institut – entweder über den Hausarzt oder direkt, beispielsweise per App „SafeVac“.

Zu beachten ist: „Jede Impfung kann Nebenwirkungen haben. Allein die Tatsache, dass ein Großteil der Bevölkerung in einem relativ kurzen Zeitraum eine Coronaschutzimpfung erhalten hat, führt daher rein rechnerisch dazu, dass auch zunehmend über Nebenwirkungen und Komplikationen berichtet wird.So zu tun, als gäbe es diese nicht, heißt auch, dass man die Betroffenen nicht ernst nimmt“, so die Ärztin.

„Vertrauen in die vorhandenen Impfstoffe aufzubauen, bedeutet deswegen auch, transparent mit deren Risikoprofil umzugehen – und jenen eine gute medizinische Behandlung zukommen zu lassen, die aufgrund der Impfung eine gesundheitliche Beeinträchtigung erlitten haben.“

Dieser Artikel gibt den derzeitigen Wissensstand des zuletzt aktualisierten Datums wieder.

 

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