Zurückkämpfen
Durchtrainiert, schlank, muskulös und viel zu jung für eine Reha – das sind die ersten Gedanken beim Anblick von Barbara Schatz. Die gebürtige Österreicherin benutzt Unterarmgehstützen, um von ihrem großen Einzelzimmer am Ortho-Campus in Hüls zum Trainingsraum zu kommen.
Vor nur einer Woche wurden ihr hier beide Hüftgelenke ersetzt.
Mit 37 Jahren die ersten Beschwerden
Schon vor vier Jahren begannen die Probleme bei der damals 37-Jährigen. Der passionierten Läuferin verursachte das Joggen, aber auch das Gehen, immer mehr Schmerzen. Ihr Weg führte sie zu Physiotherapeut:innen, zum Sportarzt, zum Orthopäden. Dann die bittere Diagnose: beidseitige Hüftkopfnekrose. Beide Hüftköpfe wurden nur noch unzureichend durchblutet. Auf dem Röntgenbild sahen sie aus wie abgebrochene Felsblöcke.
Die Ingenieurin erinnert sich: „Vor fünf Jahren erhielt ich hochdosiert Cortison. Leider hatte diese Therapie drastische Nebenwirkungen. Das Laufen musste ich aufgeben. Bei den meisten anderen Sportarten waren die Einschränkungen gering. Im Gegenteil, ich hatte das Gefühl, mit gut trainierter Muskulatur diese Schwachstelle ausgleichen zu können. Also fuhr ich Rennrad, machte Yoga und CrossFit, fuhr sogar noch Ski. Bis vor etwa einem halben Jahr hat das alles mit Schmerzmitteln funktioniert.“
Bald ging nichts mehr
Ende 2019 ging es jedoch rapide bergab. Barbara Schatz konnte nur noch humpeln und sich unter großen Schmerzen fortbewegen. Als Erdöl-Ingenieurin ist sie in Den Haag tätig. Wie überall in den Niederlanden, versuchen die Ärzt:innen auch bei Barbara Schatz den Einsatz der künstlichen Gelenke möglichst lange hinauszuzögern. Gerade bei jungen Patient:innen soll vermieden werden, dass zweimal im Leben eine solche OP nötig wird.
Frau Schatz‘ Lebensqualität litt jedoch unterdessen immer mehr: Sie plante ihren Alltag so, dass sie möglichst nur kurze Strecken zu Fuß zurückzulegen musste, bestellte im Internet, statt einkaufen zu gehen. „Für mich stand fest, dass ich nicht mehr länger warten und vor allem gleich beide Hüften in einer OP ersetzt haben wollte. Meine Krankenversicherung empfahl mir dann den Ortho-Campus in Krefeld-Hüls, gute 200 Kilometer von Den Haag entfernt. Ab da ging alles recht schnell“, berichtet sie.
OP nach Corona-Lockdown
Als eine der ersten Patientinnen nach dem Corona Lock-Down in Deutschland stellte sie sich bei Dr. Andreas Hachenberg vor. In seiner Doppelfunktion als Ärztlicher Leiter des Endoprothesenzentrums und Chefarzt der Reha trägt er Sorge für einen nahtlosen Übergang von der Aufnahme über die Operation bis zum Abschluss der anschließenden Reha-Maßnahmen. Ein Konzept, dass auch Barbara Schatz gleich überzeugte.
„Eine so junge, fitte Patientin ist die absolute Ausnahme. Ihre sehr gute Konstitution und ihr starker Muskelapparat haben es uns erleichtert, gleich beide Hüftgelenke in einer OP zu ersetzen. Diesen Schritt scheuen Operateure häufig, da eine beidseitige Versorgung operativ und in der Nachbehandlung deutlich schwieriger ist. Unsere Erfahrungen sind hier aber sehr gut“, resümiert Orthopäde Hachenberg. „Wie bei einseitigen Eingriffen auch, haben wir bei Barbara Schatz minimalinvasiv operiert: mit einem nur kurzen, etwa sechs Zentimeter langen Schnitt und in muskelschonender Technik von schräg vorne.“
Diese sogenannte AMIS-Technik gilt als wesentlicher Grund dafür, dass Patient:innen zügig wieder ohne Gehstützen laufen können. „Eine Patientin wie Frau Schatz profitiert natürlich auch von der Fast-Track-Methode, bei der die Mobilisierung bereits unmittelbar nach der OP im Aufwachraum beginnt.“
Besserung der Schmerzen nach OP
Barbara Schatz war selbst verblüfft: „Morgens lag ich noch auf dem OP-Tisch und abends bin ich mit Hilfe eines Pflegers zur Toilette gegangen. Das war einfach irre, so schnell wieder auf den eigenen Beinen zu stehen. Ich habe sofort gespürt, dass die Schmerzen, wie ich sie vorher über Jahre hatte, weg sind. Bei allen anderen Schmerzen, die ich nach der OP verspürt habe, wusste ich, dass sie vorübergehen.“
Die anschließende, stationäre Reha im selben Gebäude in Hüls erlebt sie als sehr persönlich und zielorientiert: „Die Physiotherapeuten betrachten jeden hier ganz individuell. Wo steht derjenige? Was hat er für Ressourcen und was ist das Ziel? Entsprechend wird der Plan tagesaktuell und in Absprache mit dem Operateur angepasst. Bei nur 20 stationären Reha-Patienten gleichzeitig klappt das sehr gut.“ Gefragt nach ihren Zielen, muss Barbara Schatz lachen: „Also der Ski-Urlaub für Dezember ist schon gebucht.“