Warum ist Ernährung bei Darmkrebs so wichtig?
Die Ernährung spielt eine entscheidende Rolle, um den Körper gesund zu erhalten und wirkt als Kraftspender bei Erkrankungen. „Patientinnen und Patienten sollten generell auf eine qualitativ und quantitativ gute Ernährung achten, da sie die Genesung fördert. Sie gibt dem Körper die nötige Energie und Widerstandsfähigkeit – um zum Beispiel eine Chemotherapie durchzustehen“, erklärt Professor Dr. Michael Schepke, Chefarzt der Medizinischen Klinik für Innere Medizin – Gastroenterologie, Hepatologie und Allgemeine Innere Medizin im Helios Klinikum Siegburg.
Gibt es eine Darmkrebs-Diät?
Eine spezielle Darmkrebs-Diät gibt es nicht. Der Gastroenterologe hat jedoch ein paar Tipps, wie Patient:innen am besten mit der Appetitlosigkeit umgehen, um trotzdem bei Kräften zu bleiben. Dazu zählen:
- Weniger ist mehr: keine zu großen Mahlzeiten
- Das Auge isst mit: Mahlzeiten appetitlich anrichten
- Öfter ist besser: lieber fünf kleine als zwei große Mahlzeiten
- Nichts vorschreiben: Wünsche des Erkrankten berücksichtigen
Welcher Teil des Darms ist betroffen?
Der Darm beeinflusst Gesundheit, Stimmung und Gewicht. In einem gesunden Darm verhindern die Abwehrzellen, dass Bakterien, Pilze und andere Eindringlinge, die über die Nahrung in den Verdauungstrakt gelangen, vom Körper aufgenommen werden.
Bei einer Krebserkrankung des Darms ist vorrangig der Dickdarm betroffen. Dieser schließt an den Dünndarm an und ist circa einen bis 1,5 Meter lang. Dieses Organ hat vor allem die Funktion, Wasser und Elektrolyte aufzunehmen. Zudem sind dort die Darmbakterien zu finden, die für die Verdauungsfunktion eine wichtige Rolle spielen.
Die eigentliche Nährstoffaufnahme findet im Dünndarm statt. Bei einer Darmkrebserkrankung ist der Dünndarm selten beeinträchtigt. Das ändert sich jedoch, sobald die Patient:innen eine Chemotherapie erhalten.
Die Wirkung der Chemotherapie auf den Darm
Die Chemotherapie beeinträchtigt die Schleimhaut des Dünndarms. Das führt dann oft zu Durchfall, Blähungen und Krämpfen bei den Betroffenen. In einigen Fällen kann vorrübergehend eine Lactoseintoleranz auftreten. Betroffene können in dieser Phase laktosefreie Milchprodukte verzehren.
Nach der Chemotherapie regeneriert sich die Dünndarmschleimhaut, dann dürfen auch wieder Produkte mit Laktose auf den Speiseplan.
„Ein erkrankter Darm reagiert empfindlicher auf Speisen, die auch von Darmgesunden als schwer verdaulich empfunden werden. Das betrifft vor allem blähende oder sehr fettreiche Lebensmittel. Diese sollten eher gemieden werden“, rät der Mediziner.
Wie sollten Sie sich bei Darmkrebs ernähren?
In der Regel können Patient:innen bei einer Darmkrebserkrankung alles essen, was ihnen schmeckt. „Die Ernährung kann sich jedoch je nach Krankheitsstadium und gewählter Therapie ändern, da diese Auswirkungen auf den Verdauungstrakt haben kann“, erklärt der Experte.
Faktoren wie Übelkeit, Erbrechen, Geschmacksstörungen und Mundtrockenheit führen häufig zu Appetitverlust. Auch die psychische Belastung, die eine Krebserkrankung mit sich bringt, darf nicht unterschätzt werden. Diese Symptome können zu einem starken Gewichtsverlust führen.
Die meisten Symptome können medikamentös gut behandelt werden, sodass die Voraussetzungen für eine ausreichende Nahrungsaufnahme gegeben sind.
Wenn Erkrankte bereits wenig Appetit haben, sollte dieser nicht zusätzlich durch zu große Portionen und starke Essens- oder Kochgerüche reduziert werden. „Auch der gut gemeinte Rat ‚Iss doch etwas, das ist gut, um wieder zu Kräften zu kommen‘ kann bei Betroffenen wie ein ungewollter Druck von außen wirken und sollte vermieden werden“, weiß Schepke.
Die richtige Ernährung während der Chemotherapie
In dieser Phase der Therapie treten häufig starke Gewichtsverluste auf. Durch den Appetitverlust ist eine ausgewogene Ernährung für viele Betroffene schwierig. Häufig kommt es auch zur Veränderung des Geschmacks. Süßes schmeckt zu süß, Fleisch schmeckt bitter und vieles schmeckt plötzlich pappig.
Hier empfiehlt es sich, auf Alternativen auszuweichen. Viele vertragen Geflügelfleisch besser als andere Fleischsorten. Auch Quarkspeisen oder Eiergerichte stellen eine gute Alternative dar. Manchmal hilft es, den Mund vor der Nahrungsaufnahme auszuspülen. Häufig eignet sich eine leichte Kost während der Chemotherapie. Wichtig ist, dass eine ausreichende Nährstoffzufuhr gewährleistet wird.
Generell ist es ratsam, bei einer Krebserkrankung des Dickdarms kleine Mahlzeiten und Getränke und über den Tag verteilt anzubieten und immer einen Snack bereitzustellen.
Diese Lebensmittel sind geeignet und gut verträglich
Cracker, Nüsse oder Oliven sind gut geeignete Zwischenmahlzeiten während einer Chemotherapie. Auch Tees wirken appetitanregend. Diese sollten jedoch lieber schluckweise zwischen den Mahlzeiten getrunken werden. Ansonsten kann es passieren, dass der Magen bereits mit Flüssigkeit gefüllt ist und die Mahlzeit nicht mehr reinpasst. Diese Lebensmittel sind gut verträglich:
Auf diese Lebensmittel sollten Sie verzichten
Einige Lebensmittel können negativ auf den Darm wirken und sollten daher gemieden werden. Dazu zählen:
Rezeptbroschüre "Energie- und proteinreiche Zwischenmahlzeiten"
Onkologische Patient:innen verlieren krankheitsbedingt häufig ungewollt an Gewicht und an Muskelmasse, was den Verlauf der Behandlung und Prognose negativ beeinflussen kann. Medizinische Trinknahrung ist ein effektives Mittel um einer Gewichtsabnahme entgegen zu wirken. Leider wird sie nicht immer gut angenommen. Teresa Lorenz, examinierte Diätassistentin am Helios Klinikum Emil von Behring, hat nun in Abstimmung mit Betroffenen eine Broschüre mit Rezepten für energie- und eiweißreiche Zwischenmahlzeiten erstellt.
Was hilft gegen Gewichtsverlust?
Sollte es nicht gelingen, eine ausreichende Ernährung zu gewährleisten, ist häufig eine Energieanreicherung der Speisen sinnvoll, etwa durch ein Maltodextrin-Pulver. Dieses ist wasserlöslich und geschmacksneutral, wodurch es gut Suppen, Joghurt oder Pudding beigemengt werden kann.
Auch Trinknahrungen sind eine gute Option. Sie können pur getrunken oder mit anderen Lebensmitteln wie Smoothies oder Suppen gemischt werden, sodass geschmackliche Variationen möglich sind.
Was hilft gegen Durchfall?
Durchfall kann bei Darmkrebs verschiedene Ursachen haben. Umso wichtiger ist es, die Ursache zu finden und sie, wenn möglich, zu beheben. Mögliche Gründe für Durchfall sind etwa die Nebenwirkungen einer Chemotherapie, Bestrahlung oder Antibiotikatherapie.
Betroffene sollten auf eine ausreichende Trinkmenge von mindestens zwei Litern täglich achten. Bei Durchfall sollte entsprechend mehr getrunken werden. Am besten eignen sich Tees, Wasser mit wenig Kohlensäure oder verdünnte Fruchtsäfte. Zusätzlich können gegen den Durchfall auch Flohsamen oder geriebener Apfel wegen des darin enthaltenen Ballaststoffs Pektins helfen.
Was hilft gegen Darmträgheit?
Bei einem zu trägen Darm können frisches Obst, Trockenobst oder auch Leinsamen sowie Kleie-Produkte helfen. Eine Ausnahme stellen Bananen dar, die eher stopfend wirken. Auch hier gilt: ausreichend trinken und bewegen.
Ist die Darmträgheit durch Medikamente, wie starke Schmerzmittel bedingt, sollte diese von Anfang an medikamentös unterstützt werden, zum Beispiel durch Medikamente mit dem Wirkstoff Macrogol.
Alkohol und Zigaretten bei Darmkrebs
Der Experte rät gerade in den Therapiephasen, also bei einer Operation, Chemotherapie oder Bestrahlung, ganz auf Alkohol und Nikotin zu verzichten, da diese die Wirkweise der Therapien beeinträchtigen. Der vollständige Verzicht auf Rauchen, insbesondere vor einer Operation, ist wichtig. Denn eine möglichst gute Lungenfunktion senkt die Risiken einer Operation mit Vollnarkose.
„Da Rauchen ein erwiesener Risikofaktor für fast alle Krebserkrankungen des Verdauungstraktes ist, sind die meisten Patientinnen und Patienten besonders motiviert künftig gesünder zu leben“, erklärt der Mediziner. Der komplette Verzicht auf Tabak ist hierbei ein wichtiger Schritt.
Ernährung nach einer Darmkrebs-Operation
Beinah jede Patientin und jeder Patient berichtet nach einer Darmkrebs-Operation über vorübergehende Veränderungen der Verdauungsfunktion und der Stuhlgewohnheiten. In der Anfangsphase ist das ganz normal. Meist ist der Stuhl am Anfang dünn oder breiig. Dieser Zustand normalisiert sich häufig im Laufe von Wochen.
„Es gilt die Faustregel: Je weiter entfernt vom Darmausgang der Tumor war, desto geringer sind die Auswirkungen der Operation auf die Verdauungsfunktion“, erklärt der Chefarzt. Die meisten Patient:innen können sich nach einigen Wochen wieder ganz normal ernähren.
Nach einer Enddarm-Krebs-Operation ist die Stuhlfrequenz meist höher, da das Rektum (der Enddarm) als Reservoir fehlt. Betroffene sollten auf blähende Lebensmittel ebenso verzichten wie auf stuhlgangfördernde Speisen. Rohkost ist oft schlechter bekömmlich als gekochtes oder gedünstetes Gemüse. Eindickende Substanzen, wie Flohsamen oder Pektin können bei der Regulation der Stuhlausscheidung zusätzlich helfen. Dies empfiehlt sich insbesondere, wenn nach ausgedehnten Entfernungen des Dickdarms eine Durchfallneigung besteht.
Ernährung bei Stoma-Träger:innen
Bei einem neu angelegten Stoma, im Volksmund „künstlicher Darmausgang“, ist der Stuhl zunächst häufig dünn oder breiig. Meist dauert es zwei bis vier Wochen, bis sich die Darmfunktion stabilisiert. "Je näher ein Stoma am ursprünglichen Darmausgang liegt, also je mehr funktionierender Dickdarm erhalten bleibt, desto geringer ist die Durchfallneigung", erläutert Schepke. Erkrankte mit einem Dickdarmstoma im linken Unterbauch, etwa nach der vollständigen Entfernung des Enddarms, haben seltener Probleme mit Durchfall und können sich meistens ganz normal ernähren.
Liegt das Stoma hingegen näher am Dünndarm, tritt Durchfall vor allem in der Anfangsphase häufiger auf. Hier können pektinreiche (geriebener Apfel), stopfende (Banane) Lebensmittel oder Quellsubstanzen (Flohsamen) helfen. Generell sollten alle Stoma-Träger:innen keine säurereichen oder sehr scharf gewürzten Speisen essen. Diese können das ohnehin schon empfindliche Stoma zusätzlich reizen.
Erfreulich für die meisten Betroffenen ist, dass weiter dünndarmnah angelegte Stomata häufig nach wenigen Wochen wieder zurückverlagert werden können. Wichtig bei einer geplanten Rückverlegung ist daher, dass der Schließmuskel am Anus während der Zeit trainiert wird, um nach der Operation wieder voll funktionstüchtig zu sein.
Darmkrebs überstanden: Die richtige Ernährung danach
Die meisten Patient:innen , die nach einer Operation und manchmal zusätzlich erforderlicher Chemotherapie von ihrer Erkrankung geheilt sind, können sich ganz normal ernähren.
Für die Genesung spielt eine kalorienangepasste ausgewogene und gesunde Ernährung eine wichtige Rolle: Also möglichst frisches Obst oder Gemüse, mindestens zwei Liter trinken, wenig rotes Fleisch und dafür lieber ein- oder zweimal pro Woche Geflügel oder Fisch. In diesem Text finden Sie zehn Lebensmittel, die vor Krebs schützen können.
Hinweis der Redaktion: Die im Zitat gewählte männliche Form bezieht sich immer auch auf weibliche und diverse Personen, die ausdrücklich mitgemeint sind.