Verhaltensstörungen rund um das Essen
Deutschlandweit leiden von 1.000 Personen etwa 30 bis 50 an einer Essstörung. Die Dunkelziffer liegt deutlich höher. Stress, Leistungsdruck, falsche Vorbilder sowie die Pubertät können gerade bei Jugendlichen zu einer Essstörung führen. Häufig mit schweren gesundheitlichen und psychischen Folgen.
„Essstörungen gehören zu den gravierenden psychischen Erkrankungen des späten Kindes-, Jugend- und auch jungen Erwachsenenalters mit oftmals langandauernden Behandlungsverläufen", erklärt Inke Kühn, Oberärztin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie -psychotherapie im Helios Klinikum Schleswig.
Dabei zählen Magersucht (Anorexia nervosa), die Bulimie (Bulimia nervosa) sowie die Binge-Eating-Störung (immer wiederkehrende Essanfälle) zu den am häufigsten auftretenden Essstörungen. Mädchen und junge Frauen erkranken häufiger als Jungen und Männer. Zudem werden die Betroffenen immer jünger, wie Inke Kühn bestätigt: „Zunehmend behandeln wir bereits zwölfjährige Kinder, die vorwiegend an einer Magersucht leiden."
Das liegt nicht zuletzt daran, dass sich eine Bulimie oder Binge-Eating-Störung leichter und über eine längere Zeit gut im Alltag verheimlichen lassen.
Merkmale von Essstörungen
Daher appelliert die Expertin, Alarmsignale richtig zu deuten, bewusst wahrzunehmen und gegebenenfalls Hilfe durch Kinderärzt:innen, Kinder- und Jugendpsychiat:innen oder Beratungsstellen in Anspruch zu nehmen. Denn je früher eine Essstörung erkannt und behandelt wird, desto besser sind die Behandlungs- und Heilungschancen.
"Eltern sollten wachsam sein, wenn sie bei ihren Kindern einen auffälligen Gewichtsverlust oder ein ungewöhnlich häufiges Wiegeverhalten bemerken. Ebenso können ein exzessives Beschäftigen mit Ernährung, langes Verweilen nach den Mahlzeiten im Bad oder aber ein erhöhtes Sportpensum, Alarmsignale sein", meint sie.
Ursachen für eine Essstörung
Die Ursachen für eine Essstörung können vielfältig sein. Charakteristisch sind eine gestörte Wahrnehmung des eigenen Körperbildes sowie das Gefühl, den eigenen Körper kontrollieren zu können. Dabei dominiert die Essstörung die Gedanken, die Gefühle und die Beziehungen der Betroffenen.
Behandlungsmöglichkeiten bei Essstörungen
In Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie werden betroffene Jugendliche daher mit einem multimodalen Behandlungskonzept therapiert. Dieses beinhaltet medizinisch-internistische Interventionen sowie Psychotherapie. Inhaltlich geht es um eine schrittweise Normalisierung von Gewicht und Essverhalten. Zugleich wird ein individuelles Erkrankungsmodell erarbeitet, um therapeutische Ansätze zu entwickeln. „Unsere Patienten erhalten gesprächstherapeutische sowie bewegungs- und kreativtherapeutische Angebote. Diese erfolgen als Einzel- oder Gruppentherapie. Auch das familiäre Bezugssystem wird in die Behandlung eingebunden", erklärt die Oberärztin.