Erster Herzinfarkt mit Anfang 30
Der erste Herzinfarkt, der Claudia Junghans 2005 ereilte, kam für die damals 31-Jährige völlig unvermittelt. Nichts deutete im Vorfeld darauf hin. Umso wichtiger war der Schlag, der sie aus der Bahn warf.
Mediziner:innen setzten der dreifachen Mutter zwei Stents, verordneten ihr eine Rehabilitation und waren überzeugt, das Problem damit erkannt und beseitigt zu haben. Doch an diesem Punkt fing für die gelernte Krankenschwester der Leidensweg erst an.
Rückschlag wenige Monate nach dem Infarkt
Bereits sechs Monate nach ihrem vermeintlichen Neustart klagte Claudia Junghans erneut über einen körperlichen Leistungsabfall. Medizinische Tests, mit denen man nach einer Ursache forschte, führten offensichtlich zu keinem Ergebnis. Die junge Frau durchlitt darüber hinaus vermehrt Panikattacken.
Vor allem dann, wenn sie über Nackenschmerzen oder Sodbrennen klagt, den scheinbar harmlosen Symptomen ihres ersten Herzinfarkts. „Man glaubte mir nicht und empfahl mir stattdessen einen Psychiater aufzusuchen“, erzählt sie rückblickend.
Im Krankenhaus drängte ihr Mann, der selbst Krankenpfleger auf einer kardiologischen Wachstation ist, auf eine Herzkatheteruntersuchung bei seiner Ehefrau. Bei der Herzkatheteruntersuchung handelt es sich um ein minimalinvasives Verfahren zur Diagnostik und Therapie krankhafter Veränderungen der Herzkranzgefäße, der Herzklappen oder des Herzmuskels. Die Untersuchung ergab, dass beide Stents zu 80 Prozent wieder verstopft waren. Daraufhin wurde ihr ein dritter Stent gesetzt.
Im Alltag ausgebremst
„Mitunter hatte ich das Gefühl, ein medizinischer Sonderfall zu sein“, sagt Claudia Junghans heute. Nie hatte sie Vorerkrankungen oder psychische Probleme, musste nie gegen Übergewicht ankämpfen. Nun aber gehörten mit einem Mal Luftnot, Angstgefühle oder die Lähmung, das Haus zu verlassen, für sie zum Alltag. Die junge Mutter wollte leben, das Familienglück genießen, im Job stark sein – und wurde stattdessen ausgebremst.
So wie im Jahr 2013, als sie nach einem Spätdienst im Krankenhaus erneut über Sodbrennen und Nackenschmerzen klagte. „In solchen Momenten überfällt einen sogleich unheimliche Angst. Besonders dann, wenn man im Krankenhaus wieder nichts zu den Ursachen entdeckt”, berichtet sie.
Eine zwei Tage später durchgeführte Herzkatheteruntersuchung brachen die Ärzte bereits nach zehn Minuten ab. „Völlig unerklärlich waren erneut alle drei Stents zugesetzt”, erinnert sie sich. Um ihrer Patienten zu helfen, überwiesen sie die behandelnden Mediziner ans Herzzentrum Leipzig, wo ihr erstmalig ein Bypass angelegt wurde. Ruhe und Entspannung? Nein, dieses Glück war Claudia Junghans auch jetzt noch nicht beschieden.
Ärzte standen vor einem Rätsel
Vielmehr widerfuhr ihr 2014 ein vierter Herzinfarkt. „Die Ärzte standen vor einem Rätsel. Trotz Blutverdünner, den ich seither einnehme, ließen die Probleme einfach nicht nach“, sagt sie und zieht fragend die Schulter nach oben. Immerhin stellte sich danach etwas Entspannung ein.
Fünf Jahre lang blieb sie beschwerdefrei, glaubte sogar, dass nun alles überstanden sei. Auch als sich 2019 erneut Atemnot, ständige Rückenschmerzen und ein deutlicher Rückgang der körperlichen Belastbarkeit einstellten, blieb sie optimistisch, suchte zunächst einen Physiotherapeuten auf.
Um eine neuerliche Untersuchung ihres Herzens im Herzzentrum Leipzig kam sie allerdings nicht herum. Die ergab Rhythmusstörungen und einen deutlich zu niedrigen Puls.
„Als Ursache dafür nannten mir die Ärzte Vernarbungen, die infolge der vier Infarkte entstanden.“ Zugleich entschied man sich in ihrem Heimatkrankenhaus Aue, der Patientin einen Schrittmacher einzusetzen. „Seither geht es mir wieder besser”, zeigt sich Claudia Junghans erleichtert.
Frauen zeigen oft untypische Symptome einer Herzerkrankung
Mut für die Zukunft machte ihr letztendlich auch ein Gespräch, das sie in Leipzig im Rahmen einer Frauenherzsprechstunde mit Prof. Dr. Sandra Eifert, Oberärztin Herzunterstützungssysteme und Herztransplantationsambulanz an der Universitätsklinik für Herzchirurgie am Herzzentrum Leipzig, führte.
„Sie hat mich auch auf gewisse geschlechtsspezifische Risikofaktoren hingewiesen, etwa in der Schwangerschaft. Auch die könnten eine Ursache für mein Martyrium sein. Ebenso ein angeborener Herzfehler“, sagt Claudia Junghans.
„Bei Frauen können Herzerkrankungen anders verlaufen als bei Männern, was eine geeignete Therapie verzögern kann. In unserer Frauenherzsprechstunde sind wir auf untypische Krankheitsverläufe spezialisiert und schauen genau hin“, erklärt Prof. Dr. Sandra Eifert, ebenfalls Expertin für Gendermedizin. Diese Erkenntnisse, aber auch der Fakt, dass „da endlich ein Arzt ist, der mich versteht“, hätten der dreifachen Mutter maßgebend geholfen.
Mittlerweile führt Claudia Junghans ein ruhigeres Leben. Im Job hat sie die Zahl der Arbeitsstunden minimiert, was ihr mehr Freiraum bietet, sich körperlich zu erholen. Medizinisch fühlt sie sich in Leipzig und ihrem Heimatkrankenhaus Aue gut aufgehoben. Endlich kann sie sich wieder dem widmen, was ihr am wichtigsten ist: ihrer Familie und einem Körper, der nach vielen Strapazen seinen Frieden findet.