Therapeutische und operative Angebote zur Geschlechtsangleichung
Bereits in den 1920er Jahren sind in Deutschland erste Schritte zur Anerkennung anderer Geschlechtsidentitäten zum biologisch bedingten und gesellschaftlich determinierten Geschlecht sowie der operativen Angleichung unternommen wurden.
Mittlerweile weitet sich sowohl das konservativ unterstützende und therapeutische als auch das operative Angebot aus, was einerseits erfreulich ist, andererseits aber auch eine gute Vernetzung und ein umfassendes Beratungsangebot für Informationssuchende voraussetzt.
Wir versuchen eine ganzheitliche Versorgung der Patient:innen auf allen betreffenden Ebenen zu gewährleisten und freuen uns, die geschlechtsangleichende Operation von Mann zu Frau anbieten zu können.
Geschlechtsangleichende Operation von Mann zu Frau
Die Penisschafthaut wird belassen, die Schwellkörper und die Harnröhre werden abgesetzt, die Penisschafthaut wird umseitig in den Vaginalkanal eingebracht und bildet so die neue Vaginalwand. Die Harnröhre und die Neoklitoris werden in zwei neu geschaffene Öffnungen an anatomisch entsprechender Stelle eingebracht.
Alternativ kann ein längerer Teil der Harnröhre belassen werden und umseitig mit in die Penisschafthaut eingearbeitet werden, womit eine Feuchtigkeit und höhere Sensibilität der Neovagina erreicht werden soll.
Ablauf der Geschlechtsangleichung vom Mann zur Frau
Die geschlechtsangleichende Operation teilt sich in zwei Sitzungen: Es erfolgt eine anatomische Angleichung und in einem zweiten Schritt funktionale sowie optische Korrekturen.
Erste Sitzung: Anatomische Angleichung
Entfernung von:
- Hoden
- Samenstrang (bis zum Leistenkanal)
- Schwellkörper
- überschüssige Haut
- Teile der Eichel (wichtig: Gefäß-Nervenbündel wird beibehalten)
- Teile der Harnröhre (je nach Operations-Verfahren)
Schaffung von:
- Vaginalkanal im Dammbereich zwischen Harnröhre und Enddarm
- Auskleidung mit Penisschaft- und gegebenenfalls Hodensackhaut
- Klitoris
- große und kleine Schamlippen
Zweite Sitzung: Funktionale und optische Korrekturen
Beispiele:
- Anpassung von Ungleichheiten der äußeren Schamlippen
- Resektion von Restschwellkörper um die Harnröhre
- Neueinnaht der Harnröhre (bei bestehenden Beschwerden beim Wasserlassen)
Ablauf der Geschlechtsangleichung von der Frau zum Mann
Erfahren Sie mehr über die einzelnen Schritte der geschlechtsangleichenden Operationen und lesen Sie Antworten auf die häufigsten Fragen rund um den Eingriff.
Wie ist der operative Ablauf?
Die operative Angleichung des Geschlechts von Frau zu Mann läuft in einem mehrschrittigen Konzept ab. Hierbei ist die Erstellung eines Gesamtkonzeptes vor dem ersten Eingriff von entscheidender Bedeutung um einen möglichst reibungslosen Ablauf der operativen Schritte zu verknüpfen und Komplikationen zu vermeiden. Daher sollte unbedingt vor dem ersten Eingriff, in einer auf geschlechtsangleichende Chirurgie spezialisierten Klinik das gesamte Behandlungskonzept geplant – und nach Möglichkeit – bis zum Abschluss der Geschlechtsangleichung durchgeführt werden.
Über die Risiken und Komplikationsmöglichkeiten, die bei dem komplexen operativen Aufbau eines neuen Genitals, insbesondere der ableitenden Harnwege, entstehen können, werden Sie im Rahmen eines persönlichen Gesprächs während der Operations-Planung informiert.
Schritte im Rahmen der Geschlechtsangleichung
- Die meisten Patient:innen wünschen zunächst die Entfernung der weiblichen Brust (Mastektomie). Dieser Eingriff wird je nach Größe der Brust möglichst narbensparend operiert und kann gegebenenfalls mit der Vorbereitung einer männlichen Harnröhre im Unterarm durch die entfernte Haut kombiniert werden, wenn ein Penoidaufbau im Verlauf gewünscht ist. Der Eingriff ist mit einem kurzen stationären Aufenthalt von 3-7 Tagen verbunden.
- Gemeinsam mit gynäkologischen Kooperationspartnern, die mit den speziellen Anforderungen vertraut sind, erfolgt die Entfernung der Gebärmutter und der Eierstöcke in minimalinvasiver Technik. Um den folgenden Eingriff möglichst klein zu halten, sollte die Scheide in diesem Schritt bereits ebenfalls fast vollständig entfernt werden. Bei uns erfolgt dies standardisiert – wenn Sie den Eingriff anderweitig durchführen lassen, weisen Sie bitte auf diese Anforderung hin. Auch hier ist ein kurzer stationärer Aufenthalt von circa zwei bis drei Tagen nötig.
- Die Angleichung des Genitals erfolgt durch einen mikrochirurgischen Aufbau eines Penoids oder Klitpens, je nach Wunsch des Patienten. Die Technik hierfür kann durchaus variieren, in unserer Klinik wird der freie Radialislappen vom Unterarm bevorzugt. Der stationäre Aufenthalt ist mit circa zehn Tagen verbunden.
- Um die häufigen Problem (Fisteln, Einengungen) an der neuen Harnröhre zu verringern, stellen wir bis zur Wundheilung noch keine Kontinuität zur Harnröhenöffnung her. Sie urinieren also wie zuvor. Diese kleine Öffnung wird nun verschlossen. Häufig verbinden wir dies mit angleichende Eingriffe wie der Formung des Skrotums (Hodensack) sowie eine Eichelformung oder Implantation von Hodenprothesen, falls gewünscht. Stationärer Aufenthalt von circa fünf bis sieben Tagen.
- Einbau einer Erektionsprothese. Hierfür stehen verschiedene Implantate zur Verfügung. Die Auswahl besprechen wir mit Ihnen und gleichen Sie mit Ihren Wünschen ab. Stationärer Aufenthalt zwischen drei bis sieben Tagen.
Häufige Fragen: Operative Eingriffe für TransMänner
Welche Methode wird zur Penoidbildung angewendet?
Unserer Erfahrung zeigt, dass ein Penoid, geformt aus der Beugeseite des Unterarms (Radialislappen), in Form und Größe meist das harmonischstes Gesamtbild ergib. Hierbei wird der Lappen mit seinen blutführenden Gefäßen und zwei Nerven gehoben und im Genitalbereich erneut angeschlossen. Im Laufe der Zeit sollte so auch ein Gefühl im Penoid entstehen.
Die Defektfläche am Unterarm wird mit Haut aus der Leiste gedeckt. Bei extrem schlanken Patienten kann auch Gewebe vom Oberschenkel (ALT-Lappen) gehoben werden. Bei beiden Methoden kann die Harnröhre in einer OP zuvor in dem gewählten Lappen angelegt werden (Hauttransplantation). Bei der Unterarmtechnik ist dies auf Wunsch nicht erforderlich (loop-in-loop Technik). Das Für und Wider erläutern wir Ihnen gerne.
Wo verbleiben Narben am Körper?
An der Stelle, von der das Gewebe gewonnen wurde verbleibt eine große Narbe. Ebenfalls in den Leisten beidseits und eventuell am Unterbauch.
Wichtig zu wissen ist, dass sich gegebenenfalls auch Narben zur Vorbereitung der Harnröhre, später im Inneren des Penoids und am Harnröhrenanschluss bilden, falls diese Technik gewählt wird.
Hier ist es besonders wichtig der Narbenkontraktur entgegenzuwirken und die Narben mit einem Katheter über mehrere Monate aufzudrehen (bougieren). Ansonsten kann es zu Stenosen (Einengungen) kommen, die zum Teil nur schwer zu korrigieren sind.
Müssen Haare vom Arm vor einer Penoidbildung entfernt werden?
Bei sehr behaarten Armen empfehlen wir eine Laserbehandlung an der Beugeseite des Armes, von dem der Lappen gehoben werden soll. Hierfür kann ein Attest für die Krankenkasse erstellt werden.
Was passiert mit der Klitoris?
Die Klitoris ist eine der wichtigsten erogenen Zonen und wird im Ganzen an der Basis des Penoids versenkt. Hierbei muss jedoch die oberste Hautschicht abgetragen werden, was das Gefühl verändert.
Kann die Scheide belassen werden?
Ja, auf Wunsch des Patienten kann die Scheide für die sexuelle Befriedigung auch belassen werden. Allerding ist dann eine lebenslange jährliche Vorsorgeuntersuchung beim Gynäkologen wichtig. Wichtig zu wissen ist auch, dass der endgültige Harnröhrenanschluss beim Verbleib der Scheide erschwert sein kann. In jedem Fall ist eine teilweise Verwendung der kleinen Schamlippen erforderlich um die Harnröhre zu verlagern.
Was ist ein Klitorispenoid?
Meist kommt es schon durch die Hormoneinnahme zu einer Vergrößerung der Klitoris. Durch eine Operation kann diese mobilisiert und etwas an Länge gewonnen werden. Die Harnröhre wird durch Gewebe der kleinen Schamlippen verlängert, sodass meist ein Urinieren im Stehen möglich ist.
Wie lange sind die Krankenhausaufenthalte und wie schnell können die Operationen hintereinander operiert werden?
Die Länge des Krankenhausaufenthalts hängt stark von der jeweiligen Operation ab und beträgt etwa drei bis zehn Tage. Die Operationen werden von Abständen von einigen Wochen bis Monaten durchgeführt.
Es ist wichtig dem Körper genügend Zeit zur Wundheilung zu geben und zum Beispiel bei der Verbreitung der Harnröhre eine weitgehend abgeschlossene Narbenreifung abzuwarten.
Übernimmt die Krankenkasse die Kosten?
Ja, bei positivem Kostenbescheid werden alle Kosten von der Krankenkasse übernommen.
Ist mit Komplikationen zu rechnen?
Wie bei allen operativen Eingriffen sind Komplikation nicht vollständig auszuschließen. Es handelt sich um einen komplexen Aufbau und kann daher unerwartete Probleme verursachen. Diese können aber in aller Regel gegebenenfall auch durch weitere Eingriffe behoben werden.
So kann zum Beispiel die Durchblutung des Peniodes in sehr seltenen Fällen in den ersten Tagen gestört sein. Neben dem Verlust des Aufbaus sind in der Folge besonders Probleme mit der verlängerten Harnröhre am häufigsten publiziert. Auch hier können Folgeeingriffe erforderlich sein.
Auch Komplikationen mit der Erektionsprothese sind im Verlauf möglich. Die meisten dieser Punkte lassen sich jedoch beheben. Wir erläutern Ihnen die individuellen Risiken ausführlich im Gespräch.