Wie schlagen Frauen- und Männerherzen?
Das menschliche Herz besteht aus einer linken und einer rechten Herzhälfte, die sich jeweils in eine Kammer und einen Vorhof untergliedert. Als „Motor“ des Körpers leistet das Herz jeden Tag enorm viel. So schlägt es durchschnittlich 100.000 Mal am Tag und pumpt dabei sechs Liter Blut pro Minute durch den Kreislauf – bei Männern und Frauen gleichermaßen. „Im Aufbau lassen sich zwischen Männer- und Frauenherzen keine nennenswerten Unterschiede feststellen“, sagt Prof. Dr. Holger Thiele, Direktor der Klinik für Kardiologie im Herzzentrum Leipzig.
Bei Erkrankungen des Herzens sieht das hingegen ganz anders aus. Auch wenn Herzleiden lange Zeit eher als Männerproblem abgetan wurden, zeichnen die statistischen Zahlen ein anderes Bild. Zwar sind weltweit immer noch rund zwei Drittel aller Patient:innen mit Herzgefäßerkrankungen männlich, die Sterblichkeit der erkrankten Frauen ist jedoch doppelt so hoch.
Zu den wichtigsten erworbenen Risikofaktoren für Herzerkrankungen zählen Rauchen, Stress, ungesunde und fettige Ernährung, aber auch zu viel Alkohol und zu wenig Sport und Bewegung.
Herzinfarkt bei Frauen: Der Unterschied liegt im Detail
Wenngleich sich das Herz anatomisch zwischen den Geschlechtern nicht merklich unterscheidet, sieht es bei Erkrankungen des Herzens oft anders aus. Frauen haben sogar bis zu einem bestimmten Alter einen natürlichen, hormonell bedingten Gefäßschutz. „Sobald sich der Hormonhaushalt nach der Menopause ändert, verringert sich dieser natürliche Schutz und die Erkrankungszahlen bei Frauen nehmen zu“, sagt Prof. Dr. Sandra Eifert, Oberärztin im Herzzentrum Leipzig. Ab diesem Alter steigt gleichzeitig die Rate an Diabetes sowie Störungen im Fettstoffwechsel. So wird die Herzgesundheit negativ beeinflusst.
Zwischen Frauen und Männern bestehen zudem Unterschiede in der Symptomatik sowie in der Therapie. Häufig erleiden Frauen ihren ersten Herzinfarkt bis zu zehn Jahre später als Männer und weisen dann entsprechend mehr Vorerkrankungen auf.
Auch erste Anzeichen eines Infarkts äußern sich anders: Viele Frauen klagen über Schmerzen im Oberbauch, Übelkeit und Erbrechen. Diese Symptome werden jedoch nicht sofort mit einem Herzinfarkt in Verbindung gebracht, sodass die Behandlung bei Frauen häufig später als bei Männern einsetzt. Als Gesundheitsmanagerin der Familie verdrängen viele Frauen eigene körperliche Warnzeichen oder zweifeln deren Bedeutung an.
Frauen in der Herzsprechstunde
Es gibt vielfältige, aber bislang nicht ausreichende Erklärungsansätze, warum es diese gravierenden Unterschiede bei den Herzerkrankungen zwischen Frauen und Männern gibt. Für eine umfassende Betreuung der Patientinnen findet beispielsweise im Herzzentrum Leipzig die Frauensprechstunde statt. In dieser speziellen Sprechstunde werden sowohl biologisch-medizinische Aspekte (Schwangerschaftskomplikationen, Rheuma, Autoimmunerkrankungen) als auch demografische und soziale Faktoren in die Diagnose und Behandlung einbezogen.
Prof. Eifert berichtet, dass Frauen „oft mehr Zeit und eine andere Gesprächsführung seitens des Arztes benötigten, bevor sie zum Kern des Problems vordringen und damit rausrücken, wo der Schuh wirklich drückt.“
Sie appelliert daran, dass Frauen im eigenen gesundheitlichen Interesse selbstbewusster auftreten. Zudem empfiehlt die Expertin den Patientinnen, Sport zu treiben, aktiv zu sein und – falls Risikofaktoren bestehen –, diese gut einstellen zu lassen, damit die Herzgesundheit lange erhalten bleibt.
Symptome eines Herzinfarktes
Ein Herzinfarkt kann sich in verschiedenen Symptomen äußern. Wichtig ist, dass Sie sofort reagieren, wenn sie solche Anzeichen bei sich selbst oder anderen bemerken. Denn Zeit ist ein wichtiger Faktor, um den Herzmuskel zu retten. Viele Betroffene klagen über:
- plötzliche, starke Schmerzen hinter dem Brustbein
- Engegefühl in der Brust
- Atemnot und Übelkeit
- Schmerzen im linken Arm
- Schmerzen im Rücken/Schulterblatt
- kalter Schweiß
- Atemnot
- Todesangst
Was passiert bei einem Herzinfarkt?
Bei vielen Infarkt-Patient:innen sind vor einem akuten Herzinfarkt bereits wichtige Arterien des Herzens durch Ablagerungen in der Gefäßwand verengt. Ein kompletter Verschluss der Herzkranzgefäße löst meist einen akuten Herzinfarkt aus, bei dem einzelne Herzmuskelzellen absterben.
Bei einem akuten Gefäßverschluss wird das Herz nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt. Hier ist es besonders wichtig, dass Betroffene schnellstmöglich medizinische Hilfe bekommen, um den Blutfluss wiederherzustellen, sagt Prof. Dr. Holger Thiele.
Gelingt das nicht, sind die Herzmuskelzellen im Versorgungsgebiet der verschlossenen Arterie nach spätestens 120 Minuten größtenteils abgestorben. Und das kann oft tödlich enden.
Erste Hilfe bei einem Herzinfarkt
Prof. Thiele rät: „Bei Symptomen, wie anhaltendem Schmerz oder Druck- und Engegefühl im Brustraum, gilt es, keine Zeit zu verlieren. Handeln Sie rasch und ruhig.“ Diese Hinweise helfen Ihnen dabei:
- Ein Herzinfarkt kann tödlich enden. Sollten sich die Beschwerden später als harmlos herausstellen, ist das viel besser, als bei einem Infarkt zu spät zu reagieren.
- Rufen Sie sofort den Rettungsdienst. Bloß nicht selbst zum Krankenhaus fahren. Unerwartet können Herzrhythmusstörungen oder ein absolutes Pumpversagen auftreten.
- Erklären Sie, dass Verdacht auf Herzinfarkt besteht. Die Leitstelle schickt dann einen Rettungswagen mit Notarzt (nicht nur Krankenwagen).
- Erleichtern Sie die Anfahrt. Nennen Sie die genaue Adresse der Patientin oder des Patienten inklusive Seiteneingänge und Etage. Beleuchten Sie das Haus bei Dunkelheit gut, sodass der Rettungsdienst Sie schnellstmöglich findet.
- Lagern Sie den Patienten mit erhöhtem Oberkörper. Achten Sie darauf, dass er/sie nicht friert. Öffnen Sie einengende Kleidung und versuchen Sie, Ruhe auszustrahlen.
- Nutzen Sie Nitrospray. Wenn dieses im Haus ist, geben Sie es in der beschriebenen Dosis dem Patienten.
- Liegt ein Kreislaufstillstand vor, müssen Sie unverzüglich mit der Wiederbelebung beginnen.
Wie sieht die Behandlung eines Herzinfarktes aus?
In der Klinik, am besten einem Zentrum mit Herzkatheter-Labor, wird das Infarktgefäß mittels eines Ballons und einer Gefäßstütze umgehend wiedereröffnet und der Blutfluss im Infarktgefäß wiederhergestellt. Zusätzlich werden blutverdünnende Medikamente gegeben. Insbesondere in der ersten Zeit nach dem Herzinfarkt erfolgt eine ständige Überwachung des Herzrhythmus, um bei schwerwiegenden Herzrhythmusstörungen umgehend helfen zu können.
Wie verhält man sich nach einem Herzinfarkt?
Nach einem Herzinfarkt sollten Sie die Möglichkeit einer Anschlussheilbehandlung oder „Kur“ in Anspruch nehmen. In der Anschlussheilbehandlung werden Sie optimal geschult, um die Risikofaktoren für eine Herzerkrankung bestmöglich zu therapieren. Außerdem wird genau erklärt, wie wichtig die einzelnen Medikamente sind. Da einige Betroffene einen Herzinfarkt psychisch nicht gut verarbeiten, erhalten sie oft auch psychologische Unterstützung.
Je nach Schwere des Herzinfarkts können Sie auch nach erfolgreicher Behandlung Nachwirkungen spüren. Viele fühlen sich im Alltag nicht eingeschränkt, manchmal bleibt aber eine gewisse Luftnot. „Wichtig ist, dass Sie engen Kontakt zu Ihrem behandelnden Kardiologen halten und ihre Einschränkungen mit ihm besprechen“, rät Prof. Dr. Thiele.
Wie können Sie einem Herzinfarkt vorbeugen?
Einem Herzinfarkt beugen Sie am besten durch eine gesunde Lebensweise, gute Ernährung, dem Vermeiden von Übergewicht, Nichtrauchen und durch regelmäßige körperliche Betätigung vor. Zudem empfehlen Fachgesellschaften 30 Minuten Ausdauersport am Tag. Auch wenn bereits ein Diabetes, eine Fettstoffwechselstörung oder ein Bluthochdruck vorhanden ist, sollten diese chronischen Erkrankungen bestmöglich therapiert werden.
Lebenserwartung nach einem Herzinfarkt
Unserer fortgeschrittenen Medizin ist es zu verdanken, dass Herzinfarkt-Patient:innen heute eine weitaus bessere Überlebenschance als noch vor 30 Jahren haben. „Auch die langfristigen Aussichten haben sich in den letzten Jahrzehnten für Herzpatienten deutlich verbessert. Aber noch immer ist das Sterberisiko doppelt so hoch wie in der vergleichbaren herzgesunden Bevölkerungsgruppe“, weiß Prof. Dr. Thiele und fügt hinzu: „Dies liegt – so zeigen es uns Studien – weniger an den Folgen des Infarkts als am gesamten Lebensstil.“
Es sind also genau die Faktoren, die zum Herzinfarkt geführt haben, die die Lebenserwartung auch danach einschränken. Hier sind die Patient:innen selbst und deren Angehörige gefragt, den Herzinfarkt als Weckruf zu verstehen und gemeinsam einen gesunden Lebensstil zu pflegen.