Vorgehen bei Hirntumor OP
„Es ist so, als würde man einen Quark im Joghurt operieren“, beschreibt Prof. Dr. Barbara Carl, Klinikdirektorin und Chefärztin der Neurochirurgie an den Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden, Eingriffe im Gehirn. Das Gewebe ist ähnlich weich, die Strukturen gehen fließend ineinander über. Umso wichtiger, dass die Chirurgin ihr Einsatzgebiet genau vermessen kann. Hier bieten neueste Bildgebungsmethoden Sicherheit. „Denn Spielraum haben wir im Gehirn keinen“, erklärt Chefärztin Carl. „In einer anderen Körpergegend würde man den Tumor etwas großzügiger entfernen, um das kranke Gewebe möglichst vollständig zu erfassen. Im Gehirn hingegen kann jeder Millimeter zu viel zu Schädigungen führen.“
So wird im Hirn auch nicht geschnitten, um den Tumor zu entfernen, sondern gesaugt oder mit Hilfe von (elektrischen) Pinzetten das gesunde Gewebe vom Tumor getrennt.
Verfahren und Methoden bei der Operation von Hirntumoren
Um den Tumor genau zu lokalisieren, kommen verschiedene Bildgebungsverfahren zum Einsatz. Mittels hochauflösender Magnetresonanztomographie-Daten wird der Tumor exakt in einer 3D-Sicht dargestellt. Mit diesen Bilddaten kann Prof. Carl dann Markierungen setzen, und den Eingriff genau planen. Über der offenen Schädeldecke operiert Prof. Carl dann unter einem Mikroskop bei bis zu zehnfacher Vergrößerung.
Über das Bild des Mikroskops kann sie beispielsweise Bilder aus CT und MRT sowie ihre Markierungen legen, sodass die erfahrene Neurochirurgin mithilfe dieser Augmented Reality (die computergestützte Erweiterung der Realitätswahrnehmung) eine genaue „Kartierung“ des Gehirns ihres Patienten /ihrer Patientin hat. So weiß sie, in welchen Bereich und wie tief sie mit ihrem Präzisionswerkzeug ansetzen muss.
Ergänzt wird die OP durch eine Echtzeitbildgebung, zum Beispiel per Ultraschall. „Das ist wichtig, um die Veränderungen des Gehirns während der OP zu sehen. Jeder Eingriff führt zu einer Veränderung.“ Neurochirurg:innen nennen dies Brainshift (Verschiebung des Gehirns). Zusätzlich verabreicht man einen unschädlichen Fluoreszenzmarker, der beim Blick durchs Mikroskop ausschließlich die kranken Tumorzellen leuchten lässt. „So kontrolliere ich, ob ich das kranke Gewebe vollständig entfernt habe“, sagt Prof. Carl.
Es kommen verschiedene Bildgebungsverfahren zusammen, die einerseits eine wichtige Unterstützung für die millimetergenauen Eingriffe sind, andererseits aber auch die Komplexität der Operation erhöhen. „Daher hat eine Tumoroperation im Gehirn sehr viel mit Strategie zu tun“, führt Chefärztin Prof. Carl aus. Aber eines nimmt ihr selbst die modernste Bildgebung nicht ab: die exakte und filigrane Handarbeit. Hier ist ihre Erfahrung Trumpf.
Bei den meisten Gehirntumoren ist eine Operation das erste Mittel der Wahl. Nach erfolgter Operation schließen sich in der Regel Bestrahlung und Chemotherapie an.