Frau Dr. Hoffmann, welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen dem Klimawandel und der Ausbreitung von Infektionskrankheiten?
Prof. Dr. Silke Hofmann: Die Temperaturen steigen und Unwetterereignisse nehmen zu. Das hat Auswirkungen auf unser Ökosystem. Je wärmer es wird, desto besser überleben im Winter sogenannte Vektoren wie Zecken und Mücken. Diese Tiere übertragen Infektionskrankheiten und somit steigt die Ausbreitung dieser.
Auch in Deutschland ist dieser Anstieg bemerkbar, indem durch die steigenden Temperaturen Zeckenpopulationen verstärkt nach Norden vordrängen. Dies führt zu einem erhöhten Risiko für durch Zecken übertragene Erkrankungen wie Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und Borreliose, da Zeckennymphen in warmen Wintern problemlos überleben können.
Die Ausbreitung dieser Krankheiten beschränkt sich nicht mehr nur auf Süddeutschland, sondern zeigt sich mittlerweile auch in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg, wo inzwischen FSME-Risikogebiete existieren.
Welche Beobachtungen machen Sie derzeit?
Es werden häufiger Leishmanien-Infektionen diagnostiziert, die durch Sandfliegen übertragen werden und in der Regel ein ‚Mitbringsel‘ aus dem Urlaub darstellen. Leishmanien-Infektionen sind eine Gruppe von Krankheiten, die durch parasitäre Einzeller namens Leishmanien verursacht werden.
Diese Erreger werden durch Sandfliegen auf den Menschen oder Tiere übertragen. Die Lebensräume der Erreger haben sich bereits bis nach Nordfrankreich und Süddeutschland ausgebreitet. Bei weiterem Anstieg der Temperaturen müsste man zukünftig somit auch in Zentraleuropa mit hierzulande erworbenen Infektionen rechnen.
Welche aktuellen Entwicklungen gibt es im Bereich der Forschung?
Wissenschaftler erforschen antivirale Medikamente gegen von Insekten übertragene Virusinfektionen. Es wird unter anderem erwartet, dass bald ein Impfstoff gegen Chikungunya zugelassen wird, eine von einer bestimmten Mückenart übertragbare virale Infektionskrankheit. Auch gibt es bereits zugelassene Impfstoffe gegen von bestimmten Viren übertragbares Dengue-Fieber.
Wie macht sich der Klimawandel außerdem bemerkbar?
Eine weitere dermatologisch relevante Auswirkung des Klimawandels ist der Anstieg von Hautkrebserkrankungen und von entzündlichen Hauterkrankungen durch UV-Strahlung. Beispielsweise entstehen Hautausschläge – sogenannte photoallergische Kontaktekzeme – durch bestimmte Allergene in Kosmetika und Sonnencremes in Verbindung mit Sonnenlicht.
Was empfehlen Sie?
Schützen Sie Ihre Haut vor UV-Schäden. Greifen Sie bei der Sonnencreme zum Lichtschutzfaktor 50. Es gibt durchaus Produkte für empfindliche Haut ohne photoallergisch wirksame Substanzen, wie Duftstoffe, Konservierungsmittel, Pflanzenextrakte oder Farbstoffe. Auch das Aufhalten im Schatten sowie das Tragen von T-Shirts oder Kopfbedeckungen hilft vorbeugend.
Welche Maßnahmen sind nötig, um die Auswirkungen des Klimawandels einzuschränken?
Aus meiner persönlichen Sicht sind folgende, globale Schritte von entscheidender Bedeutung: die Verringerung von Treibhausgas-Emissionen, der Einsatz klimaneutraler Technologien, eine nachhaltige Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion sowie der Schutz von Ökosystemen und die Erhaltung der Artenvielfalt. Es ist unerlässlich, dass wir gemeinsam Lösungen finden, um den Klimawandel einzudämmen.
Ebenso wichtig ist die Förderung von medizinischer Forschung, um neue Behandlungsmöglichkeiten und Impfstoffe zu entwickeln, die die Ausbreitung von Infektionskrankheiten kontrollieren können. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Klimawandel eine bedeutsame Herausforderung darstellt, die weitreichende Auswirkungen eben auch auf unsere Gesundheit hat.