Welche Ursachen für Kopf-Hals-Tumoren gibt es?
Bösartige Tumore der Kopf-Hals-Region sind eine heterogene (uneinheitliche) Gruppe verschiedener Tumorarten. Als allgemeine Risikofaktoren für Ihre Entstehung sind derzeit ein übermäßiger Alkohol- und Nikotingenuss sowie eine mangelnde Mundhygiene bekannt. Zudem weist das Vorhandensein bestimmter Viren (humane Papillomaviren, kurz: HPV) ein erhöhtes Risiko für bösartige Tumore des Mundrachens auf.
Wie werden Kopf-Hals-Tumore behandelt?
In den letzten Jahrzehnten hat sich ein Wandel in der Therapie dieser Erkrankungen ergeben. So sind radikale Tumoroperationen mit nachfolgenden ausgedehnten Funktionsstörungen, wie Schluck- oder Sprechstörungen, nur noch in Ausnahmefällen erforderlich. Eine sehr große Rolle bei der Behandlung von Krebserkrankungen im Bereich des Kopf-Hals-Gebietes spielen minimalinvasive funktionserhaltende Operationsverfahren. Sie erfolgen mit dem Operationsmikroskop und dem Laser durch die Mundhöhle.
Nach Diagnosesicherung und Abschluss aller Untersuchungen erarbeiten die Kliniken der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde sowie der Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie in einer sogenannten interdisziplinären Tumorkonferenz die für die jeweiligen Patient:innen optimale Behandlung . Die Strahlentherapie nimmt seit vielen Jahrzehnten eine bedeutende Rolle in der Behandlung dieser Tumoren ein.
Individuelles Therapiekonzept
Nach umfangreicher Diagnostik erfolgt eine individuelle Therapieplanung mit den Patient:innen, wobei ein auf die Bedürfnisse des jeweilig betroffenen Menschen ausgerichtetes Therapiekonzept erstellt wird. Dabei kann sowohl die minimalinvasive organerhaltende Chirurgie als auch die radikale Chirurgie erforderlich sein.
Eine Resektion von größeren Tumoren kann häufig nicht mehr mit minimalinvasiven Techniken realisiert werden. Hier ist eine radikalere Tumorchirurgie erforderlich. Die dabei entstehenden Resektionsdefekte können zu unterschiedlichen Funktionsbeeinträchtigungen beim zum Beispiel Schlucken und Sprechen führen. Durch geeignete gefäßgestielte Transplantate können diese Defekte rekonstruiert und die Funktionsverluste damit reduziert werden.
Diese Transplantate werden mit den zugehörigen teils winzig kleinen Arterien und Venen entnommen und nach Einsatz im Hals wieder an die Halsgefäße angeschlossen. Alternativ steht auch die primäre Radio-Chemo-Therapie, je nach Befund, als hochwertige Behandlungsoption zur Verfügung.
Zur Therapieentscheidung erfolgt eine Beratung der erhobenen Befunde im gemeinsamen Tumorboard (Tumorkonferenz) mit Strahlentherapeut:innen, Onkolog:innen und anderen chirurgischen Fachgebieten. Unseren Patient:innen steht ein fachübergreifendes Spezialistenteam für Krebserkrankungen zur Verfügung.
Auch Tumorerkrankungen am Kehlkopf können häufig organerhaltend mit dem Laser operiert werden, sodass die Kehlkopfentfernung nur noch selten erforderlich ist. Sollte die Totalentfernung des Kehlkopfes doch nötig sein, arbeiten wir bei der Planung des Eingriffs eng mit ehemaligen Patient:innen (Verband der Kehlkopfoperierten) zusammen, die zum Teil bereits Jahrzehnte ohne Kehlkopf leben. Zum Beispiel durch den Einsatz einer Stimmprothese kann das Sprechen auch ohne Kehlkopf wieder erlernt werden.
Wann muss eine Bestrahlung erfolgen?
Eine Strahlentherapie kann in der Behandlung von bösartigen Kopf-Hals-Tumoren alleinig oder in Kombination mit anderen Therapien (sogenannte Multimodale Therapie) eingesetzt werden. Insbesondere wenn die Tumore nicht im Gesunden entfernt werden können oder nach operativer Entfernung ein erhöhtes Rückfallrisiko besteht, ist die Strahlentherapie zur Heilung dieser Erkrankung sehr wichtig. Das ist beispielsweise der Fall, wenn während der Operation festgestellt wird, dass der Tumor größer ist als ursprünglich gedacht unde/oder er kritische Strukturen so infiltriert, dass eine komplette Entfernung nicht möglich ist. Oder man sieht von vorneherein anhand der vorhanden Bildgebung, dass eine komplette Entfernung nicht möglich ist, weil zum Beispiel die A. carotis interna ummauert ist oder der Tumor in die Schädelbasis infiltriert.
Eine Strahlentherapie ist notwendig,
• wenn nach Operation ein hohes Rückfallrisiko vorliegt oder die Entfernung des Tumors nicht oder nur knapp im Gesunden erfolgte (adjuvante Therapie, von lateinisch adjuvare „unterstützen“).
• wenn eine Operation von Patient:innen nicht gewünscht oder die Lebensqualität beziehungsweise Funktion einzelner Organe (zum Beispiel des Kehlkopfes) unverhältnismäßig stark beeinträchtigt wird (alleinige sogenannte definitive oder primäre Therapie)
• wenn ein Rückfall der Tumorerkrankung nach primärer Therapie (Operation beziehungsweise Bestrahlung) vorliegt (Rezidiv-Therapie, von lateinisch recidere „zurückfallen“)
• wenn durch eine weit fortgeschrittene Erkrankung Beschwerden gelindert oder verhindert werden sollen (palliative Therapie, von lateinisch Palliatio „Bemäntelung“)
Wie läuft die Bestrahlung in der Regel ab?
Zur Heilung bösartiger Kopf-Hals-Tumoren ist eine vergleichsweise hohe Strahlendosis notwendig, um die Gefahr des Wiederauftretens soweit wie möglich zu senken. Um diese Strahlendosis zu applizieren, werden aufgrund der räumlichen Nähe zahlreicher wichtiger und strahlenempfindlicher Organe heutzutage nur modernste Behandlungstechniken wie die volumen-modulierte Rotationsbestrahlung eingesetzt.
Dadurch können kritische Organe geschont und Nebenwirkungen spürbar reduziert werden. Um die hohe Präzision der Behandlung bei jeder Therapiesitzung zu gewährleisten, ist daher eine Fixierung der Patient:innen während der Strahlentherapie notwendig. Wir nutzen thermoplastisches Material, um vor der Behandlung eine individuelle Maske der Patient:innen in Bestrahlungsposition anzufertigen. Diese muss bei der Behandlung zu jeder Bestrahlungssitzung, die etwa 15 bis 20 Minuten dauert, getragen werden. Um die Behandlung so angenehm wie möglich zu gestalten, ist unser erfahrenes Personal beruhigend und behutsam für die Patient:innen da. Bei Bedarf können zusätzlich entspannende Medikamente verordnet werden.
Erst nach Abschluss der mehrtägigen computertechnischen Bestrahlungsplanung wird die Behandlung durchgeführt. Durch unsere modernen Behandlungsgeräte werden einerseits die Verträglichkeit der Behandlung spürbar verbessert und andererseits später auftretende Nebenwirkungen wie zum Beispiel Mundtrockenheit merklich gesenkt, ohne die Gefahr eines Wiederauftretens der Tumorerkrankung zu erhöhen.
Eine Bestrahlung wird üblicherweise einmal täglich an fünf Wochentagen über einen Zeitraum von zirka sechs bis sieben Wochen durchgeführt. Durch Variation der Strahlendosis innerhalb des Bestrahlungsgebietes werden im Verlauf der Behandlung der Tumor oder die Regionen mit einem erhöhten Rückfallrisiko mit einer höheren Strahlendosis therapiert. Diese sogenannte simultan integrierte Dosisaufsättigung ist nur mit unseren modernen Behandlungsgeräten möglich und bietet strahlenphysikalische und strahlenbiologische Vorteile.
Kombination Bestrahlung und Chemotherapie?
Wird eine Strahlentherapie als alleinige (primäre) Therapie durchgeführt oder besteht nach operativer Entfernung des Tumors eine erhöhte Rückfallgefahr, wird die Strahlentherapie mit einer Chemotherapie kombiniert. Durch Steigerung der Strahlenempfindlichkeit der Tumorzellen werden so die Chance erhöht, auch strahlenunempfindliche Tumorzellen abzutöten und damit die dauerhafte Heilung zu erreichen.
Wenn eine kombinierte Chemotherapie nicht infrage kommt oder eine kürzere Behandlungszeit bei annähernd gleicher Effektivität erforderlich ist, können auch alternative Fraktionierungsschemata angewendet werden. Durch eine zweimal tägliche Bestrahlung kann so die Behandlungszeit um circa ein bis zwei Wochen reduziert werden, ohne die Heilungschancen zu verringern. Wird eine Strahlentherapie in lindernder Absicht durchgeführt, so ist eine weitere Reduktion auf circa zwei bis vier Wochen möglich.
Verträglichkeit und Nebenwirkungen
In Abhängigkeit vom behandelten Gebiet und der gewählten Strahlendosis können Reizungen der Haut und Schleimhäute auftreten, die eine unterstützende medikamentöse Behandlung erfordern. Um die Ernährung über den Zeitraum der mehrwöchigen Therapie und danach zu sichern, ist mitunter die Anlage einer Ernährungssonde notwendig. Mit welchen Nebenwirkungen und Veränderungen unter und nach einer Therapie zu rechnen sind, erklärt Ihnen unser ärztliches Personal in einem ausführlichen Aufklärungsgespräch bevor eine Therapie geplant und eingeleitet wird.
Erforderliche Unterlagen
Um zu prüfen, ob bei Ihnen eine Bestrahlung erforderlich ist und Sie bestmöglich individuell beraten zu können, benötigen wir folgende Unterlagen:
• aktueller Arztbrief
• aktuelle Bildgebung (Computertomographie oder Magnetresonanztomographie, gegebenenfalls andere Untersuchungen)
• Bilder und Befunde
• Operationsbericht und histologischer Befundbericht (sofern vorhanden)