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Melatonin-Spray: Hilft es wirklich gegen Schlafstörungen?

Millionen Deutsche leiden an Schlafstörungen. Sprays und Tabletten, die das Hormon Melatonin enthalten, sollen helfen. Doch wie wirken die Präparate genau? Können sie Nebenwirkungen haben? Und halten sie, was sie versprechen? 

Frau schläft im Bett

„Auch, wenn es oft geschrieben wird, ist Melatonin nicht das „Schlafhormon“, das uns schläfrig macht – obwohl es ähnlich wirkt“, sagt Markus B. Specht, Leiter des Zentrums für interdisziplinäre Schlafmedizin in der DKD Helios Klinik Wiesbaden. „Letztlich gibt es unseren Körperzellen die Information: „Draußen ist es dunkel“. Es funktioniert also eigentlich wie ein Zeitgeber und beeinflusst unsere innere Uhr.“

Diese Wirkung geht auf den Melatonin-Spiegel im Blut zurück – und der ist wiederum abhängig von der Tageszeit: Licht hemmt die Produktion des körpereigenen Hormons in der Zirbeldrüse, Dunkelheit fördert sie hingegen. Wird es also draußen dunkel, wird mehr und mehr Melatonin produziert. In der Nacht erreicht die Melatonin-Produktion einen Höhepunkt. Künstlich zugeführtes Melatonin setzt genau hier an – indem es dem Körper vermitteln soll, dass es Zeit zum Schlafen ist.

DKD Helios Klinik Wiesbaden

Leiter des Zentrums für interdisziplinäre Schlafmedizin

Auch, wenn es oft geschrieben wird, ist Melatonin nicht das „Schlafhormon“, das uns schläfrig macht – obwohl es ähnlich wirkt.

Melatonin-Präparate zur Therapie von Schlafstörungen nicht geeignet

„In der Praxis haben sich die melatoninhaltigen Präparate, wie Sprays bislang nicht bewährt: Das von außen zugeführte Hormon wird sehr schnell über die Leber wieder abgebaut, nur wenig gelangt tatsächlich ins Blut. Der dort erreichte Melatonin-Spiegel ist in der Regel zu gering, um den Schlaf langfristig zu beeinflussen“, sagt Diplom-Psychologe Markus B. Specht.

Die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Schlafmedizin empfiehlt den Einsatz von Melatonin-Präparaten zur Therapie von Schlafstörungen daher nicht – für ältere Menschen sind sie jedoch vom Gesetzgeber dafür zugelassen: „Für die Gruppe der Über-55-Jährigen sind verschreibungspflichtige, höher dosierte Arzneimittel mit retardiertem Melatonin für die Kurzzeittherapie verfügbar. Dieses wird verzögert und damit über einen längeren Zeitraum freigesetzt“, so der Leiter des Zentrums für interdisziplinäre Schlafmedizin.   

Vorsicht vor Nebenwirkungen 

Auf eigene Faust sollte man die in Drogerien und Apotheken erhältlichen rezeptfreien Melatonin-Präparate nicht einnehmen: Sinnvoller ist es, bei Schlafstörungen die länger als drei Monate anhalten, den Hausarzt zu Rate zu ziehen. Denn: Auch rezeptfreie Schlafmittel können Nebenwirkungen haben. „Schwangeren oder stillenden Frauen sowie Menschen mit einer Depression, die bestimmte Medikamente einnehmen, wird beispielsweise von der Einnahme künstlichen Melatonins abgeraten.“

Grund: Melatonin gilt einerseits als plazentagängig und ist auch in der Muttermilch nachweisbar. Andererseits kann es in Verbindung mit verschiedenen anderen Medikamenten zu unerwünschten Wechselwirkungen führen. „Eine sogenannte Kontraindikation, sprich ein Ausschlusskriterium für die Anwendung von Melatonin-Produkten, besteht zudem bei Patienten, die unter einer Leberinsuffizienz leiden“, sagt Markus B. Specht.  

Melatonin-Produktion natürlich anregen

Übrigens: Die natürliche Melatonin-Produktion kann von jedem auch selbst angeregt werden – ganz ohne Nahrungsergänzungsmittel oder Medikamente. Folgende Verhaltensweisen wirken sich positiv auf den Melatonin-Haushalt aus, beziehungsweise einem Melatonin-Mangel entgegen.

Dazu zählen:

  • keine Bildschirmaktivität am Abend
  • koffeinhaltige Getränke wie Kaffee oder Cola auf den Vormittag beschränken
  • Alkohol und Tabak meiden
  • Stress mindern: Yoga oder Progressive Muskelentspannung können dabei helfen
  • wenn möglich: Schichtdienst mit unregelmäßigen Schlafzeiten vermeiden
  • auf Sport am späten Abend verzichten
  • Hopfen, Melisse oder Baldrian, zum Beispiel in Tees, können unterstützen 

Tipps für einen erholsamen Schlaf

„Wichtig für einen gesunden Schlaf ist auch die richtige Schlafhygiene. Wer unter Schlafstörungen leidet, sollte sich hier ehrlich prüfen – und dann Dinge bewusst ändern“, sagt Diplom-Psychologe Markus B. Specht.

Diese 12 Punkte unterstützen einen guten Schlaf auf ganz natürliche Weise:

  1. Ein gemütliches Umfeld gestalten: „Ein bequemes Bett, eine gute Matratze, eine angenehme Liegeposition und die richtige Schlaftemperatur – nicht zu warm und nicht zu kalt.“
  2. auf eine gemütliche Schlafbekleidung achten
  3. Dunkelheit: Nutzen Sie Vorhänge oder Rollläden zum Verdunkeln des Raumes sowie gegebenenfalls eine Schlafbrille – das verlängert die Schlafdauer, da sonst das bei Licht gebildete Hormon Serotonin das Melatonin unterdrückt
  4. Schalten Sie abends Ihr Smartphone in den Nachtmodus: Der hohe Blaulichtanteil der Displays hemmt sonst die Produktion von Melatonin
  5. Vermeiden Sie Bildschirmkonsum (Handy, TV) im Bett
  6. Ruhige Atmosphäre: schließen Sie bei einer lärmbelasteten Wohnlage die Fenster oder tragen Sie Ohrenstöpsel, um das Einschlafen zu unterstützen
  7. Verzichten Sie auf aufwühlende Aktivitäten kurz vor dem Schlafengehen wie sportliche Aktivitäten oder spannende Filme, wenn dies Ihren Schlaf beeinträchtigt
  8. Gewönnen Sie sich ein Einschlafritual an: Machen Sie also alle Vorbereitungen um ins Bett zu gehen in der gleichen Reihenfolge, so helfen Sie Körper und Geist in den Ruhemodus zu gelangen
  9. Halten Sie regelmäßige Aufstehzeiten ein, auch am Wochenende, das hilft der inneren Uhr in einem gesunden Rhythmus zu bleiben
  10. gehen Sie abends nur schläfrig ins Bett, Entspannungsübungen, eine Tasse Tee, ein gutes Buch oder entspannende Musik können dabei unterstützen
  11. Verzichten Sie auf einen ausgiebigen Mittagsschlaf, machen Sie stattdessen – wenn nötig – einen Powernap von maximal zehn Minuten, sonst „klauen“ Sie sich den Schlafdruck für die Nacht
  12. Bewegen Sie sich tagsüber an der frischen Luft: Schlafprobleme entstehen auch bei zu geringer Ausschüttung des Hormons Adenosin, durch Bewegung, beispielsweise einen Spaziergang in der Mittagspause, können Sie die Adenosin-Produktion anregen
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