Wie kommt es zu Nackenverspannungen?
„Nackenverspannungen entstehen hauptsächlich und am häufigsten durch Über- oder Fehlbeanspruchung der Muskulatur und sind das Ergebnis einer verspannten Muskulatur im Halsbereich“, so Dr. Jens Gulow, Chefarzt der Klinik für Wirbelsäulenchirurgie am Helios Park Klinikum Leipzig und Leiter des Departments Wirbelsäulenchirurgie in der Helios Klinik Leisnig. Auch durch kalte Zugluft oder falsches Liegen sowie durch Unfälle oder Verletzungen kann es zu Nackenschmerzen kommen.
Der Nackenbereich rund um die Halswirbelsäule besteht aus mehreren Muskelgruppen, unzähligen Nerven und sieben Wirbelkörpern, die neben der Haltung und Zentrierung des Kopfes über dem Rumpf auch dessen Beweglichkeit sicherstellen. Daher beschränken sich Nackenschmerzen selten nur auf den Nackenbereich.
Oft greift die Verspannung auf Kopf und Schulter über. So können die Schmerzen bis in den Arm ziehen und Taubheitsgefühle in den Fingern verursachen oder aber zu Kopfschmerzen führen. Ein steifer Hals kann zudem die Beweglichkeit des Kopfes einschränken. Einige Betroffene können den Kopf nur eingeschränkt nach links, rechts, oben und unten drehen oder verspüren dabei zusätzliche Schmerzen.
Teufelskreis zwischen Überlastung und verspannten Muskeln
Eine Über- oder Fehlbelastungen übersteigt auf Dauer die Haltekapazität der Muskulatur. Im Ergebnis verhärtet diese und führt zu Schmerzen. Instinktiv nehmen Betroffene eine Schonhaltung ein, um den Schmerz zu vermeiden. Das jedoch verstärkt die Verspannungen.
Hält dieser Kreislauf an, entstehen neben chronischen Verspannungen auch
Verschleißerscheinungen an den Gelenken und Wirbeln. Das verschlimmert die Muskelverspannungen erneut und treibt die weitere Fehlbelastung voran.
Ein Teufelskreis, der vor allem das Schmerzgedächtnis speist und zu chronischen Schmerzen führen kann.
Welche Ursachen stecken hinter Schmerzen in Nacken und Schultern?
„Der mit Abstand häufigste Grund für Nacken-Schulter-Verspannungen sind Muskelverspannungen, etwa durch den sogenannten Handy-Nacken“, sagt der Leipziger Arzt.
Häufige Ursachen für Beschwerden im Schulter-Nacken-Bereich:
- Muskelverspannungen durch Handynutzung oder falsch eingestellte Computerbildschirmhöhe
- Erkrankungen des Bewegungsapparates, zum Beispiel Schäden der Bandscheiben und Wirbelkörper
- psychische Faktoren
- Zahnprobleme, zum Beispiel die sogenannte craniomandibuläre Dysfunktion (CMD), eine Funktionsstörung des Kausystems, die in einer Kieferfehlstellung mündet
- Krankheiten innerer Organe, zum Beispiel Herzkranzgefäßerkrankung
- Fibromyalgie-Syndrom (chronische Schmerzkrankheit)
- Verletzungen, etwa Muskelzerrungen oder Wirbelbrüche
seltene Ursachen für Beschwerden im Schulter-Nacken-Bereich:
- Nacken-Zungen-Syndrom
- Infektionen der Wirbel, Bandscheiben, Halsweichteile oder Gehirnhaut
- fokale zervikale Dystonie (Bewegungsstörung mit unwillkürlichen Kopfbewegungen)
- Rheuma
- Morbus Bechterew (entzündlich-rheumatische Erkrankung)
- Osteoporose (Knochenschwund)
- Meningitis (Gehirnhautentzündung)
- Gehirnblutung (akuter Notfall)
- Geschwulst- oder Tumorerkrankung
- Teilsymptom des Spannung-Kopfschmerzes oder in Verbindung mit Migräne
Typische Symptome einer Nackenverspannung
So machen sich verspannte Nackenmuskeln bemerkbar:
- Schmerzen im Schulter-Nacken-Bereich
- Spannungskopfschmerzen, da gegebenenfalls Nackenschmerzen in den Hinterkopf ausstrahlen
- Muskulatur verhärtet und schmerzhaft bei Berührung
- „steifer Nacken“, dadurch zum Teil schmerzbedingte Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule
Diagnose und Therapie bei Schulter-Nackenschmerzen
Wer von Nackenschmerzen und Schulterverspannungen betroffen ist, kann zunächst in die hausärztliche Praxis gehen. Bei schwierigeren Fällen erfolgt die Überweisung in eine orthopädische Praxis oder in die Unfallchirurgie.
In einem ersten Gespräch lässt sich die/der Ärzt:in die Beschwerden der/des Patient:in genau schildern. Aus diesem Anamnese-Gespräch können erste Anhaltspunkte für die Ursache der Schmerzen gezogen werden, etwa Haltungsschäden oder Stress. Im Anschluss folgt die körperliche Untersuchung. Dabei prüft die/der Ärzt:in zum einen die Beweglichkeit von Hals und Kopf, achtet auf Besonderheiten im Körperbau und auf mögliche Schmerzen während des Abtastens des Halses.
Bildgebende Verfahren, wie Röntgen oder Magnetresonanztomographie (MRT) sind ohne ein direktes Unfallgeschehen nicht vorgesehen. Sie sollten nur bei anhaltenden Beschwerden oder beim Auftreten von Ausfallerscheinungen durchgeführt werden.
Im Rahmen der Behandlung sollten die Auslöser eliminiert werden. Zudem kann eine lokale Wärmetherapie mittels Kirschkernkissen helfen, verspannte Muskeln zu lockern. Bei besonders schweren Fällen können kurzzeitig auch Schmerzmedikamente eingekommen werden. Eine Halskrawatte sollte nur nach Absprache getragen werden.
Nackenverspannungen lösen – mit diesen Übungen klappt’s
Am wichtigsten ist es, im Alltag für ausreichend Bewegung zu sorgen. Diese fördert eine allgemeine Muskelkräftigung und beugt muskulären Ungleichgewichten vor – die letztlich zu Verspannungen führen.
Regelmäßiger Lage- und Platzwechsel:
„Gerade wer eine sitzende Tätigkeit ausübt, sollte etwa alle 30 Minuten aufstehen und sich strecken und um den Schreibtisch laufen", so Chefarzt Dr. Jens Gulow.
Lockerungsübungen für die Schulter-Nacken-Muskulatur:
Durch bewusstes Kreisen mit dem Kopf und den Armen können verspannte Muskeln gelockert werden. Dazu den Kopf langsam nach vorn auf die Brust und dann in den Nacken legen.
Dehnung der Muskulatur:
Das gelingt am besten, indem die Hand über den Kopf auf das gegenseitige Ohr gelegt wird. Anschließend den Kopf langsam „heranziehen“, halten und dann langsam lösen. Das gleiche auf der anderen Seite wiederholen.
Hals warmhalten:
Rotlicht, durchblutungsfördernde Salben, Kirschkernkissen oder Wärme-Pflaster können bei schmerzhaften Muskelverspannungen hilfreich sein und Schmerzen lindern. Auch ein warmes Bad entspannt die Muskeln.
Zugluft vermeiden:
Schon ein kalter Luftzug kann Nackenschmerzen auslösen. Wer weiß, dass er empfindlich reagiert, sollte auch im Sommer den Halsbereich mit einem leichten Tuch schützen.
Massagen gegen Verspannungen:
Ein:e Physiotherapeut:in kann Verspannungen und Nackenschmerzen wegmassieren. Sanfter oder stärkerer Druck auf die Muskulatur und schmerzhafte Trigger-Punkte im Gewebe können die Durchblutung anregen und oberflächliche Verspannungen lösen.
Aktiv Entspannen:
Psychische Anspannungen zeigen sich schnell in verhärteten Muskeln. Wer sich bewusst Zeit zum Entspannen nimmt, kann aktiv dagegenwirken, etwa mit Progressiver Muskelentspannung. Diese Entspannungstechnik wurde in den 1920er Jahre von dem Arzt Edmund Jacobson entwickelt. Dabei werden einzelne Muskelgruppen von Kopf bis Fuß angespannt und wieder lockergelassen. Dadurch kommt man immer mehr innerlich zur Ruhe.
Richtiges Kissen:
Das Kissen kann viel für oder gegen den Nacken tun: Ein Nackenkissen, ein Seitenschläfer-Kissen oder eine rückenschonende Matratze können daher sinnvolle Investitionen sein.
Medikamente:
Wenn die Verspannungen starke Schmerzen auslösen, können Schmerzmittel helfen, den Schmerz auszuschalten und gleichzeitig Entzündungen zu hemmen. Welche geeignet sind, kann die/der Hausärzt:in entscheiden. Wichtig: Nehmen Sie die Schmerzmittel nicht regelmäßig ein, sondern suchen Sie bei wiederkehrenden Schmerzen Ihre:n Ärzt:in auf.