Frau Hackel, welche Faktoren beeinflussen die Entstehung einer Osteoporose?
Cathrin Hackel: Zu den Faktoren, die die Entstehung einer Osteoporose beeinflussen, gehört das Alter. Etwa ab dem 35. Lebensjahr verlieren die Knochen an Substanz und der natürliche Abbauprozess beginnt. Auch genetische Faktoren spielen eine Rolle. Ein gehäuftes Auftreten innerhalb der Familie deutet auf ein erhöhtes Krankheitsrisiko hin. Hinzu kommt, dass Frauen häufiger betroffen sind, als Männer.
Die Östrogene der Frau wirken dem Knochenabbau entgegen. Ab den Wechseljahren sinkt der Anteil der Östrogene im Körper, was bewirkt, dass rund 30 Prozent aller Frauen in den Wechseljahren unter Knochenschwund leiden. Männer sind meist erst ab dem 70. Lebensjahr betroffen.
Ein wichtiger Faktor ist auch der Bewegungsmangel. Die erhöhte Häufigkeit der Osteoporose in den westlichen Ländern ist dem Mangel an Bewegung und sportlicher Betätigung geschuldet. Das führt zur Verringerung der Muskelmasse und zu verminderter Knochendichte. Ganz entscheidend, und das wird häufig vernachlässigt, ist die Ernährung.
Welche Rolle spielt denn die Ernährung bei Osteoporose?
Hackel: Eine „knochenbewusste“ Ernährung kann helfen, Osteoporose entgegen zu wirken. Sie dient aber auch zur Prophylaxe.
Auf welche Nährstoffe kommt es bei der „knochengesunden“ Ernährung an?
Hackel: Hierfür sollte eine ausgewogene Mischung aus Kalzium, Kalium, Magnesium, Fluor, Vitamin D und Vitamin B auf dem Speiseplan stehen. Kalzium ist der wichtigste Lieferant für eine feste Knochendichte. Entsteht ein Kalziummangel, greift der Körper auf den Kalziumspeicher in den Knochen zurück. Die dadurch hervorgerufene Entmineralisierung kann zu Osteoporose führen.
Flouride aktivieren zudem die Osteoplasten und steigern so die Knochenmasse. Neben Kalzium ist die Vitamin-D-Aufnahme ganz entscheidend, denn sie verbessert die Kalziumaufnahme aus dem Darm und reguliert die Mineralisierung und den Knochenaufbau.
Nun sind ja häufiger ältere Menschen von Osteoporose betroffen. Warum ist es auch für junge Menschen wichtig, auf knochengesunde Ernährung zu achten?
Hackel: Babys und Kleinkinder benötigen gerade in den ersten Lebensjahren Vitamin D und Kalzium. Vitamin D ist für die Regulation des Kalzium- und Phosphatstoffwechsels verantwortlich und damit entscheidend an der Härtung der Knochen beteiligt. Ein Vitamin-D-Mangel führt zu verminderter Muskelkraft, Infektanfälligkeit und kann später zur Entstehung von Osteoporose beitragen.
Das gilt auch für Jugendliche und junge Menschen ab dem 20. Lebensjahr. Eine knochengesunde Ernährung mit den bereits erwähnten wichtigen Nährstoffen stärkt das Immunsystem vor Infektions- und Autoimmunerkrankungen und übt einen positiven Einfluss auf das Herz-Kreislaufsystem aus.
Zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr verfügt der menschliche Körper über seine höchste Knochendichte. Wer sich in jungen Jahren kalziumreich ernährt und sich viel an der frischen Luft bewegt, baut einen wichtigen Speicher auf, auf den der Körper später zurückgreifen kann.
Ist die Einhaltung einer knochengesunden Ernährung aufwendig?
Hackel: Nein, überhaupt nicht. Natürlich kann man nicht tagtäglich auf alle Nährstoffe und Faktoren der knochengesunden Ernährung eingehen und das ist auch gar nicht notwendig. Es gibt viele Nahrungsmittel, die gut schmecken und einfach in den Alltag zu integrieren sind.
Kleinkinder können mehr Kalzium aufnehmen, als Erwachsene. Sie resorbieren 75 Prozent ihrer Kalziumaufnahme. Bei Erwachsenen sind es nur 20 bis 40 Prozent. Die Kalziumresorption kann man aber durch den gleichzeitigen Verzehr von Milch-, Zitronen- oder Apfelsäure unterstützen. Hierfür genügt eine Portion Müsli mit Milch oder Joghurt mit frischem Obst. Industriell gefertigter Fruchtjoghurt oder Quark reicht nicht aus, denn der Geschmack wird meist nur durch Aromen erzeugt.
Auf welche Nahrungsmittel sollte bei einer knochengesunden Ernährung verzichtet werden?
Hackel: Unter den Nahrungsmitteln verstecken sich auch sogenannte Kalziumräuber. Sie hemmen die Kalziumeinlagerung in den Knochen, verringern die Kalziumresorption aus dem Darm und erhöhen den Abbau der Knochen. Der Spitzenreiter unter den Kalziumräubern ist Phosphat, welches sich unter anderem in Cola, Wurst- und Fleischwaren und Fast Food befindet. Auch Kochsalz fördert die Kalziumausscheidung. Daher sollten Menschen mit Osteoporose auf versteckte Salze in ihren Nahrungsmitteln achten. Alkohol und Nikotin hinterlassen zudem ihre Spuren. Sie führen zum Verlust der Knochenmasse und hemmen bei hoher Dosierung die Aktivität der Osteoplasten.
Kann ich tatsächlich den notwendigen Bedarf der geforderten Nährstoffe nur über die Nahrung aufnehmen?
Hackel: Ja, und das ist tatsächlich gar nicht schwer. Eine ausgewogene Mischung aus Milchprodukten, Mineralwasser, Nüssen, Obst und Fisch deckt den Bedarf ausreichend ab. Grüne Gemüsesorten, wie Kohl, Brokkoli oder Spinat sind besonders geeignet. Fleisch sollte nur zwei- bis dreimal pro Woche konsumiert werden. Greifen Sie stattdessen öfter zu pflanzlichen Eiweißlieferanten. Hülsenfrüchte, Kartoffeln, Samen, Soja, Nüsse und Haferflocken sind in Kombination mit Milchprodukten wahre „Knochenhelden“.