Man liest und hört in letzter Zeit recht viel über die Abnehmspritze. Wie wirkt diese?
Dr. Kristina Lenz: Inzwischen gibt es nicht nur die eine Abnehmspritze, sondern bereits mehrere unterschiedliche Medikamente in dieser Gruppe. Es handelt sich um verschiedene hormonähnliche Substanzen, welche die Magenentleerung verlangsamen, das Hungergefühl bremsen und die Glucose-Neubildung in der Leber hemmen. Alle diese Aspekte führen zu einer effektiven Gewichtsabnahme.
Vielfach entsteht der Eindruck, sie sei ein „Wundermittel“ für schnelles Abnehmen: Wo liegen die Grenzen der Abnehmspritze?
Ein typischer Satz in meiner Sprechstunde ist immer: Adipositastherapie ist Arbeit und bleibt lebenslange Arbeit. Wunder sind leider selten. Die Abnehmspritze ist aber eine sinnvolle medikamentöse Unterstützung in der Adipositastherapie – vor allem bei Patientinnen und Patienten, die an Diabetes erkrankt sind. Ersetzen kann sie die Therapie jedoch nicht.
Die Spritze wirkt außerdem nicht bei jeder Person so effektiv wie erhofft. Und es kann zu Nebenwirkungen kommen: Übelkeit, Bauschmerzen, Durchfall und das seltene Risiko einer Bauchspeicheldrüsenentzündung. Deshalb darf die Abnehmspritze auch nur unter ärztlicher Begleitung angewendet werden.
Hat die Abnehmspritze das Potenzial, eine bariatrische* Operation zu vermeiden?
Adipositas ist eine lebenslange chronische Erkrankung, die noch nicht heilbar ist. Wie bei jedem Medikament kommen auch bei der Abnehmspritze nach dem Absetzen die Symptome zurück. Besonders für junge Menschen mit Adipositas sehe ich in einer bariatrischen Operation aber die Chance auf ein Leben ohne Medikamente.
Außerdem ist beim chirurgischen Eingriff die Heilungsrate bei den Folgeerkrankungen von Adipositas – also Diabetes, Hypertonus, Schlafapnoesyndrom, Reflux – hoch.
*bariatrisch (die medizinische Behandlung des Übergewichts (Bariatrie) betreffend).