Was ist Akne inversa?
Akne inversa (auch Acne inversa geschrieben) oder Hidradenitis suppurativa ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung. Die Art der Entzündung wird als autoinflammatorisch bezeichnet. „Das bedeutet, dass körpereigene an Entzündungsvorgängen beteiligte Zellen sich gegen das eigene Gewebe richten“, erklärt Dr. Kerstin Lommel, Chefärztin für Dermatologie und Allergologie am Helios Klinikum Berlin-Buch. In diesen Formenkreis gehören auch Erkrankungen, wie die Schuppenflechte oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen.
Welche Ursachen und Risikofaktoren gibt es?
Patientinnen und Patienten mit Akne inversa haben eine genetische Veranlagung für die Erkrankung. Die Expertin weiß: „Diese genetische Veranlagung führt durch bestimmte Faktoren zu der Entzündung. Risikofaktoren sind im Wesentlichen Übergewicht und damit eine mechanische Reizung durch Reibung und das Rauchen.“ Darüber hinaus gibt es weitere, sehr seltene, genetische Syndrome, in denen die Akne inversa Teil des Gesamtbildes ist. Beispielsweise ist an dieser Stelle das sogenannte PASH-Syndrom (Pyoderma gangraenosum, Akne und Suppurative Hidradenitis) zu nennen.
Wie äußert sich die Erkrankung?
Es kommt zu Mitessern, Abszessen, Fistelgängen und Narbensträngen, die sich zu großen Arealen entzündlich veränderter Haut verbinden. „Je nach Schweregrad gibt es eine klinische Stadieneinteilung nach Hurley, wobei in den niederen Stadien nur einzelne Veränderungen bestehen und in höheren Stadien größere Areale durch Verbindung und Einschmelzung entstanden sind“, sagt Dr. Lommel. Oft fließt Eiter aus den Fistelgängen. Es können aber auch schmerzhafte Abszessknoten vorhanden sein.
Wo tritt Akne inversa auf?
„In der Regel in den großen Körperfalten, also den Achselhöhlen und der Leistenregion. Aber von hier aus kann der gesamte Genitalbereich, die Damm- und Gesäßregion betroffen sein“, berichtet die Medizinerin. Das entzündliche Gewebe ersetzt im Verlauf zunehmend das gesunde Gewebe. Bei schweren Verläufen können auch Herde außerhalb der großen Körperfalten auftreten. Zudem gibt es mit der Akne inversa verwandte Erkrankungen, die mit der Hauterkrankung zusammen auftreten können, wie die Akne conglobata (großknotige Akne vor allem am Rücken und im Brustbereich), die Folliculits decalvans (am Hinterkopf) und der Sinus pilonidalis (die Steißbeinfistel).
Wie wird die Erkrankung diagnostiziert?
Das typische klinische Erscheinungsbild und die bevorzugten Lokalisationen lassen kaum andere Diagnosen zu. Gelegentlich berichten Patientinnen und Patienten von einer familiären Belastung. Fast alle Betroffenen rauchen. Wird die Akne inversa operiert, gibt es in der feingeweblichen Untersuchung unter dem Mikroskop bestätigende Befunde.
Wie wird Akne inversa behandelt?
Es gibt mehrere Therapieoptionen, die entweder parallel oder hintereinander eingesetzt werden und von den persönlichen Umständen der Betroffenen genauso wie von der Ausdehnung der Erkrankung abhängen „Als Basis setzt man antimikrobielle Lokaltherapien ein. Abszesse werden in der Regel im Akutstadium gespalten und es erfolgt gegebenenfalls unterstützend eine Antibiotikagabe“, erklärt Dr. Lommel und fügt hinzu, dass „nach der Spaltung im Verlauf operativ das gesamte betroffene Areal entfernt werden sollte, damit nicht vom verbliebenden Entzündungen eine neue Ausdehnung erfolgt.“
Nach der Entfernung kann in niederen Stadien einen Wundverschluss mittels Naht erfolgen. Bei fortgeschrittenen Stadien ist das nicht möglich. Es erfolgt eine sekundäre Wundheilung, die in der Regel von einer Unterdrucktherapie (Vakuumverband) unterstützt wird. Die Dermatologin sagt: „Möchten oder können Betroffene nicht operiert werden oder ist die Akne inversa nicht umschrieben lokalisiert, das heißt, sie verteilt sich über viele Einzelherde in verschiedenen Arealen, dann kommt eine Systemtherapie mit Spritzen infrage.“ Hierbei handelt es sich um sogenannte Biologika. Das sind Medikamente, die sehr gezielt in den Entzündungsprozess eingreifen.
Eine weitere Therapieoption ist die sogenannte AkneLaight-Therapie. Hier wird eine Kombination aus dem sogenannten Intense pulsed light (IPL) und Radiofrequenz (RF) genutzt. Dr. Lommel erklärt, dass „diese nicht-chirurgische IPL/RF-Therapie nahezu schmerzfrei ist und die entzündlichen Areale dazu bringt, sich zurück zu bilden.“ Damit wird eine Reduktion der Krankheitsaktivität erreicht. Darüber hinaus kann die IPL/RF-Therapie als Vorbereitung auf eine Operation dienen, da die betroffenen Areale kleiner werden.
Nachteil der IPL/RF-Therapie ist, dass gesetzliche Krankenkassen diese noch nicht übernehmen und es sich derzeit um eine Selbstzahlerleistung handelt. Allerdings können Betroffene ihre Krankenkasse um eine Kostenübernahme bitten.
Ist die Erkrankung heilbar?
„Aufgrund der genetisch bedingten Krankheitsveranlagung ist sie prinzipiell nicht heilbar“, weiß die Expertin. Durch die verschiedenen Therapieoptionen ist es aber möglich, die Betroffenen bis hin zur Symptomfreiheit zu behandeln. Das ist nach den Erfahrungen der Medizinerin allerdings nur möglich, wenn langfristig auch Lebensstiländerungen, wie Gewichtsreduktion und/oder Nikotinkarenz, erfolgen.
Welche Probleme bringt die Erkrankung mit sich?
„Akne inversa schmerzt, macht müde, bringt die Betroffenen in den sozialen Rückzug und ist mit Scham und Depression behaftet“, berichtet die Medizinerin.
Verschlossene Abszessknoten schmerzen extrem durch die Spannung und die Umgebungsentzündung. Das Areal ist hochrot und berührungsschmerzhaft. Dr. Lommel sagt: „Hier helfen Zugsalben oder eine kleine Eröffnung, damit der Eiter abfließen kann und die Betroffenen entlastet sind.“
Der andauernde Entzündungsvorgang verbraucht viel Energie. „Betroffene, die schon länger an Akne inversa leiden, haben eine Tendenz zur Blutarmut – auch Anämie genannt – und andere Organe und Organsysteme werden in Mitleidenschaft gezogen“, sagt Dr. Lommel.
Durch die Schmerzen und die immer wieder auftretenden Entzündungen haben Betroffene erhöhte Arbeitsunfähigkeitszeiten. Dies führt oftmals zu Konflikten am Arbeitsplatz bis zum Verlust dessen. Dadurch kann eine finanzielle Not entstehen, die gerade beim Thema Gewichtsreduktion (Sportverein, gesunde Lebensmittel) kontraproduktiv ist.
Die Krankheit ist mit Scham verbunden. Die Dermatologin weiß: „Nicht nur in Bezug auf Arbeit und Sport, alle Freizeitaktivitäten, Partnerschaft und Sexualität, das Selbstbild und vieles mehr sind betroffen. Entsprechend hoch ist das Risiko an einer Depression zu erkranken.“