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Immer mehr Keuchhustenfälle: Gefahr für Babys und Vorerkrankte

In Deutschland steigen die Keuchhustenzahlen: Bis zum 2. Oktober 2024 zählte das Robert Koch-Institut (RKI) bereits 19.011 Fälle. Zum Vergleich: In den Jahren vor der Corona Pandemie (2013-2019) wurden im Durschnitt pro Jahr ca. 12.200 Erkrankungen mit Pertussis gemeldet, 2023 waren es im gesamten Jahr nur 3.432 Infektionen. Was Keuchhusten so gefährlich macht und warum die Krankheit in diesem Jahr so weit verbreitet ist, lesen Sie hier.

08. Oktober 2024
Little kid boy with sore throat cough in the bed close-up

Was ist Keuchhusten?

Keuchhusten (Pertussis) ist eine Infektionskrankheit der Atemwege, die in den allermeisten Fällen vom Bakterium Bordetella pertussis ausgelöst wird. Der Name des Erregers leitet sich vom Lateinischen „Pertussis“ ab, das mit „starker Husten“ übersetzt werden kann. Der über Wochen anhaltende, bellende, trockene Husten ist auch das prägende Symptom des Keuchhustens.

Zurückzuführen ist der deutliche Anstieg der Keuchhustenfälle in diesem Jahr vermutlich auf verschiedene Ursachen. „Zum einen haben wir einen Aufholeffekt nach der Corona-Pandemie. Eine Zeitlang sind die Ansteckungen durch Kontaktvermeidungen deutlich zurückgegangen, ansteckbare Personen holen die Infektion jetzt quasi „nach“. Zusätzlich kommt es in Europa selbst bei guter Impfquote alle drei bis fünf Jahre zu erhöhten Pertussiszahlen. Auch das könnte 2024 eine Rolle spielen“, sagt Dr. Felix Giebel, Chefarzt der Krankenhaushygiene am Helios Universitätsklinikum Wuppertal. „Vielleicht kommt auch eine Veränderung in der Diagnostik von Atemwegserkrankungen zum Tragen: Über die sogenannten PCR-Untersuchungen wird der Erreger heute häufiger gefunden, als das vermutlich früher der Fall gewesen ist.“

Ursachen von Keuchhusten

Bordetella pertussis wird durch Tröpfcheninfektion, sprich beim Reden, Husten und Niesen, übertragen. Patientinnen und Patienten gelten vor allem in den ersten zwei bis drei Wochen nach Beginn der ersten Symptome als hochansteckend, fast jeder Kontakt zwischen einer erkrankten und einer ungeimpften gesunden Person führt zu einer Infektion, wobei die Symptome unterschiedlich ausgeprägt sein können. Insgesamt ist Keuchhusten über einen Zeitraum von rund fünf Wochen nach Ausbruch der Erkrankung ansteckend.

Geimpfte Menschen erkranken zwar in der Regel nicht oder nur leicht, können aber wahrscheinlich die Erreger in geringem Maße übertragen. 

Helios Universitätsklinikum Wuppertal - Campus Barmen

Chefarzt der Abteilung für Krankenhaushygiene

Zum einen haben wir einen Aufholeffekt nach der Corona-Pandemie. Eine Zeitlang sind die Ansteckungen durch Kontaktvermeidungen deutlich zurückgegangen, ansteckbare Personen holen die Infektion jetzt quasi „nach“. Zusätzlich kommt es in Europa selbst bei guter Impfquote alle drei bis fünf Jahre zu erhöhten Pertussiszahlen. Auch das könnte 2024 eine Rolle spielen.

Symptome und Krankheitsverlauf

Eine Keuchhusteninfektion macht sich meist neun bis zehn Tage nach Ansteckung mit den ersten Symptomen bemerkbar. Als minimale Inkubationszeit gibt das RKI sechs Tage, als maximale Inkubationszeit 20 Tage an. Die meisten Keuchhustenerkrankungen verlaufen leicht oder sogar asymptomatisch. Bei klassischen Krankheitsverläufen zeigt Keuchhusten drei Stadien: Er beginnt mit einer Erkältungsphase („Stadium catarrhale“), auf welche die Anfallsphase („Stadium convulsivum“) mit den typischen Hustenanfällen und zum Schluss die Erholungsphase („Stadium decrementi“) folgen.

Frühsymptome

Die möglichen ersten Symptome einer Keuchhustenerkrankung sind unspezifisch und ähneln denen einer Erkältung:

  •           Schnupfen
  •           eventuell Heiserkeit
  •           leichter Husten
  •           manchmal leichtes Fieber
  •           Schwächegefühl
  •           selten eine gerötete Bindehaut

Wichtig: Trotz der eher leichten Symptome sind Erkrankte vor allem in der ein bis zwei Wochen dauernden Erkältungsphase hochansteckend.  

Hauptsymptome

Die zweite Phase einer Keuchhusten-Erkrankung, die Anfallsphase, ist durch die typischen Hustenanfälle geprägt: Trockene Hustenattacken, die mitunter so stark sind, dass sie zu einer Atemnot führen können. Vor allem für Kinder und ältere Menschen sowie Vorerkrankte sind diese vier bis sechs Wochen oft eine große körperliche Belastung. Charakteristisch für die Hustenanfälle ist die vorgestreckte Zunge. Oft endet der Anfall mit einer Art Juchzen, das die Folge eines Kehlkopfkrampfes ist. Nicht selten sind die Hustenattacken mit dem Hochwürgen von zähem Schleim und Erbrechen verbunden. Innerhalb von 24 Stunden können sie bis zu 50-mal auftreten.

In der auf die Anfallsphase folgenden rund zehnwöchigen Erholungsphase klingt der Keuchhusten langsam ab.

Hochrisikopatienten, Komplikationen und Langzeitfolgen

Junge Säuglinge unter sechs Monaten zeigen in der Regel einen untypischen Krankheitsverlauf ohne Hustenanfälle. Jedoch kann es bei ihnen zu lebensbedrohlichen Atemstillständen, die im Krankenhaus intensivmedizinisch behandelt werden müssen, kommen. Eine schwerwiegende Komplikation der Atemstillstände ist die Schädigung des Gehirns durch Sauerstoffmangel, da dieser zu bleibenden geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen führen kann.

Ungeimpfte Säuglinge sowie Frühgeborene oder Kinder mit Asthma haben ein besonders hohes Risiko für schwere Krankheitsverläufe. Häufige Folgeerkrankungen eines Keuchhustens sind Lungenentzündungen (Pneumonie) und Entzündungen des Mittelohrs, auch Krampanfälle können auftreten. In seltenen Fällen kann es zu einer Gehirnerkrankung (Enzephalopathie) kommen, die oft bleibende Schäden verursacht.

 

Diagnose von Keuchhusten

Bei symptomatisch Erkrankten können Ärztin oder Arzt oft bereits aus dem charakteristischen Hustengeräusch auf eine Pertussis-Infektion schließen. Um andere Erreger wie das Synzytial-Virus (RSV) auszuschließen, die zu ähnlichen Symptomen führen können, rät das RKI jedoch auch in diesen Fällen zu einer Labordiagnostik mittels PCR-Test. Bei Jugendlichen oder Erwachsenen ohne Vorerkrankung, die häufig asymptomatisch erkranken, spielt die Labordiagnostik eine umso wichtigere Rolle.

Behandlungsmöglichkeiten

Da Keuchhusten eine bakterielle Erkrankung ist, erfolgt in der Regel eine antibiotische Behandlung. Gängige Wirkstoffe sind Clarithromycin oder Azithromycin. Unter einer Antibiotikabehandlung verkürzt sich die Zeitspanne, in der infizierte Menschen ansteckend sind, von rund fünf Wochen auf den Zeitraum bis fünf Tage nach Beginn der antibiotischen Therapie.
Die Antibiotikatherapie kann den klinischen Verlauf der Infektion jedoch nur dann verkürzen, wenn die Anfallsphase der Erkrankung (Stadium convulsivum) noch nicht begonnen hat oder noch nicht lange andauert (ein bis zwei Wochen). Zu einem späteren Zeitpunkt kann man noch eine Verkürzung der Ansteckungsfähigkeit erreichen, die Ausprägung des Hustens ändert die Therapie dann aber nicht mehr.

Wichtig: Erkranken junge Säuglinge oder ungeimpfte Kleinkinder an Keuchhusten, sollten sie wegen des hohen Risikos für Komplikationen im Krankenhaus behandelt werden.  

 

Vorbeugung und Impfschutz

Die Impfung bietet einen guten Schutz vor schweren Keuchhustenverläufen. Der Impfstoff richtet sich hauptsächlich gegen das sogenannte Pertussistoxin und andere Faktoren von Bordetella pertussis und nicht gegen das Bakterium selbst, so dass geimpfte Personen den Erreger trotzdem, wenn auch deutlich reduziert, übertragen können.

Um Neugeborene zu schützen, empfiehlt die Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut (STIKO) Schwangeren die Impfung früh im dritten Schwangerschaftsdrittel. Wird zwischen der 28. und 32. Schwangerschaftswoche geimpft, gehen bis zur Geburt ausreichend viele Antikörper auf das Baby über, die es in den ersten Lebenswochen vor einem schweren Keuchhustenverlauf schützen. Ratsam ist zudem, dass enge Kontaktpersonen des Neugeborenen wie Vater, Geschwisterkinder oder Großeltern, ihren Keuchhustenschutz mit dem Haus- oder Kinderarzt besprechen und bei Bedarf erneuern.

Impfempfehlungen für Kinder und Erwachsene

Bereits mit den ersten beiden 6-fach-Impfungen, die im Alter von zwei und vier Monaten empfohlen werden, erhalten Säuglinge selbst den Pertussis-Impfstoff. Abgeschlossen wird die Grundimmunisierung gegen Keuchhusten mit einer dritten Impfung im Alter von elf Monaten. Bei Kindern wird die Grundimmunisierung zwischen dem fünften und sechsten Geburtstag ein erstes Mal und zwischen dem neunten und dem 16. Geburtstag ein weiteres Mal aufgefrischt. Der Impfschutz gegen Pertussis nimmt mit der Zeit ab, daher sollten Erwachsene ihren Keuchhustenschutz alle zehn Jahre mit der Kombinationsimpfung gegen Tetanus (Wundstarrkrampf) – Diphterie – Keuchhusten – Polio erneuern. Als Einzelimpfstoff ist die Keuchhusten-Impfung nicht verfügbar.     

„Unter den Kleinkindern ist die Impfquote mit über 90 Prozent sehr hoch. Die Impfung gewährt aber keinen dauerhaften Schutz und muss deswegen bei Erwachsenen aufgefrischt werden. Bis 2020 stieg die Quote der Pertussis-Auffrischungen eher an, für die Jahre danach liegen noch keine verlässlichen Zahlen vor. Denkbar ist aber, dass im Zuge der Corona-Pandemie eine gewisse Impfmüdigkeit oder -skepsis eingesetzt hat. Dennoch ist die Impfung sehr anzuraten, um sich selbst vor der Erkrankung zu schützen und gleichzeitig die gefährdeten Personengruppen zu schützen“, sagt Krankenhaushygieniker Dr. Felix Giebel. 

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