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Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCOS): Was steckt dahinter?

Das polyzystische Ovarialsyndrom ist eine Hormonstörung, die bei Frauen im gebärfähigen Alter vorkommt. Wie Sie das PCOS erkennen und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt, erklärt eine Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe.

22. Juli 2024
Horizontal view of happy patient at doctor's office

Was ist das PCO-Syndrom?

Das PCO-Syndrom (Polyzystisches Ovarialsyndrom) ist eine häufige Hormonstörung, die bei etwa sechs bis 18 Prozent aller Frauen im gebärfähigen Alter auftritt. Meist sind junge Frauen zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr betroffen.

"Bei PCOS handelt es sich um ein heterogenes Krankheitsbild. Das heißt, dass es kein klares und einheitliches Erscheinungsbild gibt, wodurch das Syndrom oft nicht erkannt wird", sagt Dr. Theresa Grobe, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Helios Poliklinik Berlin-Buch. Die Folgen sind oftmals ein gestörter Menstruationszyklus und Unfruchtbarkeit. Auch Übergewicht sowie eine verstärkte Körperbehaarung an Körperstellen, die eher typisch für männlichen Haarwuchs sind (Hirsutismus) können auftreten.

Ursachen der Hormonstörung PCOS

Die genaue Ursache der Entstehung des PCO-Syndroms ist noch nicht geklärt. Es scheinen jedoch verschiedene genetische Faktoren eine Rolle zu spielen. So kommt die Erkrankung in manchen Familien gehäuft vor, etwa wenn die Mutter ebenfalls an PCOS erkrankt ist oder aber der Vater hormonell bedingt früh eine Glatze bekam.

Oft sind die Frauen übergewichtig und leiden – wie auch betroffene normalgewichtige Frauen – an einer Insulinresistenz. Dabei reagieren die Körperzellen weniger empfindlich auf Insulin und nehmen kaum bis gar keine Glukose mehr aus dem Blut auf, wodurch der Blutzuckerspiegel steigt. Für Frauen mit PCOS ist die Folge ein erhöhtes Diabetes Typ 2-Risiko.

Was sind Symptome und Anzeichen von PCOS?

Eine Tücke des Polyzystischen Ovarialsyndroms ist, dass die Symptome von Frau zu Frau unterschiedlich ausfallen können und somit sehr individuell und vielfältig sind.

Während der fruchtbaren Lebensphase sind folgende Symptome vordergründig:

  • Zyklusstörungen: zu seltene (Oligomenorrhoe) oder ganz ausbleibende Regelblutung (Amenorrhoe), da der Eisprung selten oder gar nicht erfolgt
  • Vermännlichung (Androgenisierung): in Form von vermehrter Körperbehaarung nach männlichem Muster oder Haarausfall am Kopf (Geheimratsecken, Glatze)
  • Hautprobleme: fettige Haut und/oder Akne
  • Fruchtbarkeit: eingeschränkte Fruchtbarkeit (Subfertilität) oder Unfruchtbarkeit (Sterilität), Schwangerschaftskomplikationen
  • Psychisch: häufiger Depressionen, Angststörungen oder auch Essstörungen

"Bei Vorliegen von Zyklusunregelmäßigkeiten, Amenorrhoe und Androgenisierungserscheinungen, sollte bei den betroffenen Frauen ein Screening auf das PCO-Syndrom erfolgen", rät Dr. Theresa Grobe.

Unabhängig von der fruchtbaren Lebensphase geht PCOS vermehrt einher mit:

  • Übergewicht oder Adipositas
  • Fettstoffwechselstörung (Dyslipidämien)
  • gestörte Glukosetoleranz oder Diabetes mellitus Typ 2
  • nicht alkoholinduzierte Fettlebererkrankung
  • obstruktive Schlafapnoe (schlafbezogene Atemstörung)
  • kardiovaskuläre Erkrankung wie Bluthochdruck

Mit dem Ende der Wechseljahre lassen die Symptome und Beschwerden bei vielen Frauen nach.

Diagnose des polyzystischen Ovarialsyndroms

"Für die Diagnose des PCO-Syndroms fragen wir verschiedene Symptome ab, entnehmen Blut und führen einen Ultraschall der Eierstöcke durch. Für die Diagnose PCOS müssen jedoch mindestens zwei der sogenannten Rotterdam-Kriterien erfüllt sein ", sagt Dr. Grobe.

Rotterdam-Kriterien zur Diagnose eines PCO-Syndroms:

  1. chronische Zyklusstörungen mit ausbleibender oder unregelmäßiger Menstruation oder aber seltener deutlich verkürzter Blutung
  2. Überschuss an männlichen Hormonen im Blut und/oder äußerlich sichtbar in Form vermehrter Körperbehaarung, Haarausfall, Akne
  3. polyzystische Eierstöcke mit mehr als 20 mit Flüssigkeit gefüllten Eibläschen in mindestens einem Eierstock und einem Durchmesser von bis zu neun Millimeter oder ein Eierstock mit einem Volumen größer als 10 Milliliter

Wichtig für die Diagnose ist auch, Erkrankungen auszuschließen, die ein ähnliches Krankheitsbild hervorrufen. Dazu zählen etwa eine Schilddrüsenunterfunktion, Tumore in den Eierstöcken oder den Nebennieren, aber auch Fehlfunktionen der Hirnanhangdrüse.

Behandlungsmöglichkeiten für PCOS

"Die schlechte Nachricht: das polyzystische Ovarialsyndrom lässt sich nicht heilen. Die gute Nachricht: Erkannt, lassen sich Symptome und Folgen der Erkrankung gut behandeln", sagt die Gynäkologin.

Ein gesunder Lebensstil kann sich positiv auf die Symptome auswirken. So können gesunde Ernährung, körperliche Aktivität und ein aktives Gewichtsmanagement die Fruchtbarkeit, aber auch die Risiken für Diabetes oder Bluthochdruck positiv beeinflussen. Begleitend dazu sollte der Blutdruck einmal jährlich kontrolliert werden. Bei vorhandener Diagnose einer Fettstoffwechselstörung und/oder Diabetes ist es ratsam, den Lipid- sowie Glukosestoffwechsel alle ein bis drei Jahre zu kontrollieren.

Übermäßige Körperbehaarung und über die Pubertät hinaus andauernde Akne können kosmetisch behandelt werden. Ist der Leidensdruck der Patientin sehr hoch, besteht zudem die Möglichkeit, antiandrogene hormonelle Verhütungsmittel (Kontrazeptiva) zu verschreiben – jedoch nur, wenn kein Kinderwunsch besteht.

Zur alleinigen Verhütung und zum Schutz vor einer sogenannten Endometriumhyperplasie können reine Gestagen-Präparate in Tablettenform oder als Hormonspirale eingesetzt werden. Bei einer Endometriumhyperplasie handelt es sich um eine Wucherung der Gebärmutterschleimhaut, welche eine überregelstarke Monatsblutung zur Folge hat.

Zur Verbesserung des Blutzuckerspiegels und des Fettstoffwechsels ist die Einnahme von Medikamenten mit dem Wirkstoff Metformin möglich. Metformin kann dabei sowohl bei der Gewichtsabnahme als auch zur Senkung der männlichen Hormone unterstützend wirken.

Dr. Theresa Grobe: "Eine effektive Behandlung der körperlichen Symptome ist auch unter dem Aspekt der psychischen Gesundheit wichtig. Ich rate dazu, dass betroffene Frauen abhängig vom Ausmaß der psychischen Symptome eine psychologische Unterstützung und falls erforderlich auch eine medikamentöse, antidepressive Therapie angeboten bekommen."

Ob das PCO-Syndrom immer behandelt werden muss, hängt vom Ausmaß der Symptome ab. Liegt etwa nur eine leichte Zyklusstörung vor, ist die Frau aber sonst beschwerdefrei, besteht kein Anlass zur Therapie. Besteht jedoch ein Kinderwunsch, ist eine Therapie notwendig. Auch bei einer Amenorrhoe, die länger als drei Monate besteht oder bei nur drei bis vier Monatsblutungen jährlich, sollte der Zyklus medikamentös reguliert werden. Dadurch lässt sich das Risiko für Gebärmutterkrebs senken.

 

Schwangerschaft mit PCOS – Einfluss auf den Kinderwunsch

Die Erkrankung PCOS geht oft mit Unfruchtbarkeit einher. "Für Frauen mit einem Kinderwunsch ist die Kinderwunschbehandlung in der Regel der einzige Weg, um Nachwuchs zu bekommen", äußert Dr. Grobe.

Ärztinnen und Ärzten stehen drei Optionen zur Verfügung:

  1. Medikamentöse Ovulationsinduktion (OI) in der gynäkologischen Praxis: Medikamente sollen eine Reifung der Eizellen unterstützen und den Einsprung auslösen.
  2. Intrauterine Insemination (IUI): Erfolgt, wenn eine medikamentöse Ovulation erfolglos ist. Bei der IUI werden kurz vor dem Eisprung möglichst viele gut bewegliche Spermien in die Gebärmutter eingebracht.
  3. In-vitro-Fertilisation (IVF): Die letzte Option ist die IVF im spezialisierten Kinderwunschzentrum. Bei der IVF erfolgt die Befruchtung außerhalb des Körpers im Reagenzglas. Dazu werden der Frau Eizellen entnommen, die in eine Nährlösung kommen und mit Spermien befruchtet werden. Nach Befruchtung der Eizellen wird meist eine wieder in die Gebärmutter eingesetzt.

Patientinnen mit Risikofaktoren wie Endometriose, Adipositas oder höherem Alter benötigen oft alle drei Maßnahmen aufeinanderfolgend, also OI, IUI und IVF.

Generell bedeutet das PCOS keinen Nachteil hinsichtlich einer Geburt. Allerdings erleben Frauen mit PCOS in der Frühschwangerschaft häufiger eine Fehlgeburt. Zudem haben sie ein höheres Risiko für Schwangerschaftskomplikationen wie Bluthochdruck, Präeklampsie (Bluthochdruck zusammen mit vermehrter Eiweißausscheidung im Urin), verzögertes Wachstum des Fötus in der Gebärmutter (intrauterine Wachstumsrestriktion) und Schwangerschaftsdiabetes. Daher sind regelmäßige Blutdruckkontrollen vor und während der Schwangerschaft sowie ein zusätzlicher Zuckerbelastungstest vor der Befruchtung oder im ersten Schwangerschaftsdrittel (Trimenon) notwendig.

Tipps für den Alltag mit PCOS

Da es für das polyzystische Ovarialsyndrom derzeit noch keine Heilung gibt, ist die Änderung des Lebensstils ein wichtiger Bestandteil der Therapie. So kann die Gewichtsabnahme zur deutlichen Verbesserung der Beschwerden führen. Dr. Theresa Grobe hat drei Tipps für den Alltag:

  1. Gesunder Lebensstil: Achten Sie auf sich und versuchen Sie, Stress zu vermeiden. Hilfreich dabei können gutes Stressmanagement, Yoga und Spaziergänge in der Natur sein.
  2. Ausgewogene und gesunde Ernährung: Setzen Sie auf Vollkornprodukte, Gemüse, gute Eiweißquellen sowie eine ausreichende Trinkmenge. Auf Produkte mit Weißmehl oder Zucker sollten Sie weitgehend verzichten.
  3. Bewegung und Sport: Pro Woche sollten Sie bei leichter Intensität 150 bis 300 Minuten trainieren. Bei hoher Intensität reichen bereits 75 bis 150 Minuten.
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