Menü
Schließen

Was kann Pränataldiagnostik leisten?

Während der Schwangerschaft werden zahlreiche Untersuchungen angeboten, um die Entwicklung des ungeborenen Kindes zu beurteilen. Für werdende Eltern kann das eine große Herausforderung sein. Welche Untersuchungen wirklich wichtig sind, erklären wir Ihnen hier. 

25. Januar 2024
Schwangere Frau bei einer Ultraschalluntersuchung

Zwischen guter Hoffnung und Verunsicherung

Endlich schwanger. Für viele Paare beginnt jetzt eine sehr intensive und schöne Zeit. Sie möchten nichts falsch machen, dem Baby im Bauch bereits jetzt die besten Möglichkeiten geben und die Schwangerschaft genießen. Doch sobald das positive Testergebnis vorliegt, müssen sich die werdenden Eltern mit Fachbegriffen wie Ersttrimester-Screening Nackenfaltenmessung, Fruchtwasseruntersuchung und verwirrenden Abkürzungen wie NIPT beschäftigen.

Die Fülle an Tests und Untersuchungen im Rahmen der Pränataldiagnostik kann schnell verunsichern.

Was ist Pränataldiagnostik?

Der Begriff der Pränataldiagnostik setzt sich aus den lateinischen Wörtern prae für „vor“ und natal für „geburtlich“ zusammen. Die Pränataldiagnostik umfasst also alle vorgeburtlichen Untersuchungen an ungeborenen Kindern und schwangeren Frauen. Diese medizinischen Checks ermöglichen es, frühzeitig Erkrankungen beziehungsweise Fehlbildungen des Fötus zu erkennen.

Der Stellenwert der Pränataldiagnostik ist in den letzten Jahren immer weiter gestiegen. Das weiß auch Holger Kastner, Oberarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe im Helios Klinikum Aue: „In unserer Gesellschaft besteht inzwischen ein sehr hoher Anspruch darauf, ein gesundes Kind zur Welt zu bringen. Die Pränataldiagnostik gibt uns die Möglichkeit, sehr frühzeitig schwerwiegende Anomalien zu erkennen.“

Dies können zum einen genetische Defekte sein, aber auch körperliche Fehlbildungen. Holger Kastner: „Manchmal finden wir schwere Fehlbildungen, bei welchen es Sinn macht, die Schwangerschaft frühzeitig abzubrechen. Wir erkennen aber oftmals auch Dinge wie beispielsweise Herzfehler. Das ermöglicht uns, die Geburt und die anschließend notwendige Behandlungen optimal vorzubereiten.“

Doch es gibt auch Grenzen, wie der Mediziner betont: „Viele Untersuchungen richten ihren Fokus auf die Frühschwangerschaft. Dort sind viele Fehlbildungen des ungeborenen Kindes noch nicht wirklich zu erkennen. Auch können zum Beispiel Herzfehler sehr versteckt und sehr vielfältig in ihrer Ausprägung sein“, so Kastner.

Methoden der pränatalen Diagnostik

Die pränatale Medizin hält eine Reihe spezieller Untersuchungsverfahren bereit, mit deren Hilfe bereits in der Frühschwangerschaft Chromosenabweichungen, Fehlbildungen oder genetisch bedingte Erkrankungen erkannt werden können. Die bekannteste genetisch bedingte Erkrankung ist das Down-Syndrom (Trisomie 21).

Für die gesamte Schwangerschaft gilt: Das Wichtigste ist eine umfassende ärztliche Beratung der werdenden Eltern.

Reguläre Untersuchungen während der Schwangerschaft

Während der Schwangerschaft werden bei der werdenden Mutter in regelmäßigen Abständen Blut- und Urinuntersuchungen in der behandelnden frauenärztlichen Praxis vorgenommen.

Auch beim Baby werden das zeitgerechte Wachstum, die Lage in der Gebärmutter und die Herztöne überprüft. Um die 10., 20. und die 30. Schwangerschaftswoche herum finden Ultraschalluntersuchungen statt. Die Kosten für diese Untersuchungen werden von der Krankenkasse übernommen.

Nichtinvasive Methoden der Pränataldiagnostik

Grundsätzlich wird in der Pränataldiagnostik zwischen „nichtinvasiven“ vorgeburtlichen Untersuchungen und „invasiven“ Methoden unterschieden. „Invasiv“ bedeutet, dass in den Körper eingedrungen wird. Da invasive Verfahren oftmals mit dem Risiko einer Frühgeburt einhergehen, wurden nichtinvasive Tests entwickelt.

Ersttrimester-Screening

Das Ersttrimester-Screening ist eine freiwillige Untersuchung und wird zwischen der 12. und der 14. Schwangerschaftswoche (11+0 bis 13+6) durchgeführt. Dieses Screening bewertet verschiedene Faktoren, die ein erhöhtes Risiko für eine Chromosomenstörung wie beispielsweise das Down-Syndrom, anzeigen.

Das Alter der Frau ist dabei ein wichtiger Faktor: Je älter die werdende Mutter, desto höher das Risiko für Chromosomenschäden beim Kind. Daher wird vor allem Frauen ab 35 Jahren das Ersttrimester-Screening empfohlen.

Bei der Untersuchung wird der Schwangeren Blut entnommen, das auf bestimmte Hormonwerte untersucht wird. Zusätzlich wird ein Ultraschall des Ungeborenen über die Bauchdecke der Mutter durchgeführt. Hierbei erfolgen eine Nackenfaltenmessung und eine Nackentransparenzmessung.

Die Ergebnisse dieses Screenings stellen keine sichere Diagnose dar, sondern zeigen lediglich eine Tendenz. Bei einem auffälligen Befund und dem Verdacht einer Chromosomenstörung ist immer noch eine invasive Untersuchung notwendig.

Die Kosten für das Ersttrimester-Screening werden von den Krankenkassen nicht übernommen. Sie liegen zwischen 100 und 300 Euro.

Helios Klinikum Aue

Oberarzt | Helios Klinikum Aue

Wir als Ärzte fällen da kein Urteil. Und was noch wichtiger ist: Wir lassen die Frau in dieser sehr schwierigen Situation nicht allein.

Nichtinvasiver Bluttest (NIPT)

Beim nichtinvasiven Bluttest werden aus dem Blut der Mutter Zellen des Ungeborenen herausgefiltert und hinsichtlich der genetischen Informationen analysiert – beispielsweise hinsichtlich der Trisomien 13, 18 und 21. Diese Untersuchung birgt keine Risiko für eine Fehlgeburt.

Die Testverfahren sind ab der 10. Schwangerschaftswoche möglich und werden mit einer rund 99-prozentigen Wahrscheinlichkeit als sehr sicher eingestuft. Das Testergebnis liegt spätestens nach einer Woche vor.

Sind die Eltern an einer solchen Untersuchung interessiert, sollten sie das mit dem behandelnden Arzt absprechen. Der Test kann allerdings nicht in jeder frauenärztlichen Praxis durchgeführt werden. Denn nicht alle Praxen haben die Zulassung für eine genetische Beratung – dies ist den ausgebildeten Pränatalmedizinern vorbehalten.

Invasive Pränataldiagnostik

Bei einer invasiven Untersuchung werden die Eihülle und die Gebärmutter durchstochen und Fruchtwasser oder Nabelschnurgewebe entnommen. Ein solcher Eingriff ist immer mit einem gewissen Risiko verbunden und kann Wehen, Blutungen und im schlimmsten Fall eine Fehlgeburt auslösen. Aus diesem Grund sollte sich die werdende Mutter vorab immer einer ausführlichen Beratung unterziehen.

Eine Fruchtwasseruntersuchung, die sogenannte Amniozentese, ist frühestens ab der 14. Schwangerschaftswoche möglich. Mit einer dünnen Hohlnadel wird unter Ultraschallüberwachung durch die Bauchdecke die Fruchtblase durchstochen und eine kleine Menge Fruchtwasser entnommen. Eine örtliche Betäubung ist hierbei nicht erforderlich.

Im Fruchtwasser befinden sich Zellen des Ungeborenen, welche dann genetisch auf Abweichungen des Erbmaterials hin analysiert werden können. Auch vererbbare Stoffwechselstörungen und Fehlbildungen wie ein offener Rücken und Bauchwanddefekte kommen zum Vorschein. Ebenso wird das Geschlecht bestimmt. Die Untersuchung wird Schwangeren mit einem erhöhten Risiko für einen Fehler im Erbgut des Kindes empfohlen. In diesen Fällen übernimmt die Krankenkasse die Kosten, welche sich auf rund 700 Euro belaufen.

Eine Chorionzottenbiopsie läuft ganz ähnlich ab, hier werden die Zellen jedoch aus dem Gewebe der Plazenta, dem Mutterkuchen, entnommen. Die Untersuchung kann bereits ab der 12. Schwangerschaftswoche (11+0) durchgeführt werden.

Feindiagnostik: Besonderer Ultraschall zwischen der 19. und 22 Schwangerschaftswoche

Die Feindiagnostik ist eine Ultraschall-Untersuchung. Damit zählt sie ebenfalls zu den nicht-invasiven Methoden der Pränataldiagnostik. Sie wird auch als „großer Organ-Ultraschall“ bezeichnet. Da sie nicht zu den drei Standard-Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft gehört, wird sie nicht regulär von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt sondern ist eine Selbstzahlerleistung. Liegt jedoch eine Risikoschwangerschaft vor oder stellt der behandelnde Frauenarzt eine Überweisung zur Feindiagnostik aus, übernehmen die Krankenkassen die Kosten.

Mögliche medizinische Begründungen (Indikationen) für eine Überweisung zur Feindiagnostik sind:

  • Medikamenteneinnahme der Mutter in der frühen Schwangerschaft und/oder Röntgenuntersuchung oder Strahlentherapie der Mutter in der frühen Schwangerschaft
  • Vorliegen von familiären Erbkrankheiten
  • Vorliegen einer Erkrankung bei der Mutter, die die Entwicklung des ungeborenen Kindes beeinträchtigen kann
  • Komplikationen in der Frühschwangerschaft
  • Auffälligkeiten beim Ungeborenen in den vorgeschriebenen Ultraschalluntersuchungen
  • Zwillingsschwangerschaft
  • Verdacht auf Herzfehler
  • Fehlbildungsangst

Wird die Feindiagnostik als individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) wahrgenommen, liegen die Kosten in der Regel zwischen 200 und 250 Euro.

Im Rahmen der Feindiagnostik überprüft der Arzt alle sichtbaren Organe des ungeborenen Kindes, den Blutfluss in der Nabelschnur und in den Gefäßen der Gebärmutter sowie Aussehen und Lage des Mutterkuchens (Plazenta). Zudem erfolgt eine Spezialuntersuchung des kindlichen Herzens zum Ausschluss eines Herzfehlers.

Die Untersuchung bedarf einer gesonderten Ausbildung der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM), weshalb sie nur von Ärzten mit der Zusatzbezeichnung DEGUM II oder DEGUM III durchgeführt werden darf.

Vor- und Nachteile der Pränataldiagnostik?

Durch die Möglichkeiten der modernen Medizin werden die künftigen Eltern aber auch mit schwierigen Entscheidungen konfrontiert und müssen Risiken bewerten. Oberarzt Kastner: „Die Untersuchungen werden immer besser. Somit können wir immer früher erkennen, ob eine Fehlbildung vorliegt oder nicht. Die Frau, bzw. die Eltern müssen dann selbst entscheiden, was sie mit diesem Wissen machen.“

Für eine solche Entscheidung sind neben gesundheitlichen Aspekten auch die jeweiligen Lebensumstände sowie die individuelle Einstellung entscheidend.

„Wir als Ärzte fällen da kein Urteil. Und was noch wichtiger ist: Wir lassen die Frau in dieser sehr schwierigen Situation nicht allein. Es gibt sehr umfassende ethische und genetische Beratungen, welche einen guten Gesamtüberblick über die Erkrankung und deren Auswirkungen geben. Und egal wie sich die Frau am Ende entscheidet – wir unterstützen sie auf diesem Weg“, ergänzt Holger Kastner.

Mom2B – bestens beraten durch die Schwangerschaft: Pränataldiagnostik: kurz erklärt

Welche Untersuchungen übernimmt die Krankenkasse und was müssen werdende Eltern selbst übernehmen? Dr. Dr. Andreas Klee ist Sektionsleiter der Geburtshilfe und Pränatakmedizin in der Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken Wiesbaden und erklärt welche Chancen, Risiken und Methoden die Pränataldiagnostik mit sich bringt.

Hinweis der Redaktion: Die im Zitat gewählte männliche Form bezieht sich immer auch auf weibliche und diverse Personen, die ausdrücklich mitgemeint sind.

image
Vereinbaren Sie einen Termin mit unseren Experten.
Sie benötigen einen Termin in einer unserer stationären Kliniken oder ambulanten Einrichtungen oder wollen unabhängig vom Ort eine Videosprechstunde vereinbaren? In unserem Patientenportal können Sie Ihren Termin direkt online buchen.
Fachbereich wählen
Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Geburtshilfe