Was passiert bei Rheuma im Körper?
Rheuma wird hauptsächlich durch Entzündungen verursacht, die zumeist die Gelenke betreffen. Die Entzündungen können sich aber auch auf Muskeln, Blutgefäße, Bindegewebe sowie andere Organe ausweiten und dabei leichte bis starke Schmerzen hervorrufen. Ursächlich spielt das Immunsystem hierbei eine entscheidende Rolle. Normalerweise ist es dafür zuständig, uns vor Mikroorganismen (Bakterien, Viren) und Schadstoffen von außen oder auch aus dem eigenen Körper (entartete Zellen und innere Keime) zu schützen.
Im Rahmen einer Rheumaerkrankung ist die Reaktion des Immunsystems jedoch fehlgeleitet und richtet sich gegen die eigenen Gewebestrukturen. Fehlgesteuerte Abwehrzellen wandern in die benannten Körperbereiche und können dort entzündungsfördernde Botenstoffe herstellen, die körpereigene Strukturen angreifen.
Worin liegen die Ursachen?
Die Auslöser für die beschriebene Reaktion des Immunsystems sind noch nicht hundertprozentig bekannt. Bei einigen Rheumaerkrankungen wissen wir, dass eine genetische Veranlagung mit dafür verantwortlich ist. Dazu kommt häufig ein weiterer Auslöser, um eine „schlafende“ Krankheit zu aktivieren. Bakterien oder Viren können beispielsweise solche Auslöser sein.
Wie gut ist Rheuma zu behandeln?
Sind die entzündungsauslösenden Botenstoffe bekannt, lassen sich die Symptome meist gut behandeln und es können Folgeschäden, wie Gelenkzerstörungen, vermieden werden. Eine frühe Diagnosestellung ist daher sehr wichtig. Gleichwohl verlaufen die meisten rheumatischen Erkrankungen in der Regel chronisch, sodass eine jahrelange oder auch lebenslange medizinische Betreuung notwendig bleibt.
Wie hoch ist die Zahl der Betroffenen?
In Deutschland werden aktuell rund 1,8 Millionen Erwachsene (Stand: 10/2023) und rund 20.000 Kinder und Jugendliche (Stand: 10/2023) wegen rheumatischer Erkrankungen behandelt. Die meisten von ihnen leiden an der Gelenkentzündung „rheumatoide Arthritis“. Eine besonders große Gruppe bilden dabei Frauen, die kurz vor den Wechseljahren stehen.
Wie äußert sich eine „rheumatoide Arthritis“?
Die rheumatoide Arthritis ist die häufigste entzündliche, nicht infektiöse Gelenkerkrankung. Sie beginnt oft ganz plötzlich: Meist sind am Anfang der Erkrankung die kleinen Finger- und Zehengelenke betroffen, sie schmerzen, schwellen an und sind überwärmt. Der Befall ist meist symmetrisch, also auf beiden Seiten vorhanden. Beim Aufwachen besteht eine so genannte „Morgensteifigkeit“ – das sind Schmerzen verbunden mit Unbeweglichkeit, die je nach Aktivität der Erkrankung durchaus mehrere Stunden anhalten können. Es ist dann zum Beispiel kaum noch möglich die Zahnbürste zu halten oder sich die Haare zu kämmen. Der Alltag kann damit zur Qual werden.
Es gibt auch andere Verläufe, bei denen nur einige große Gelenke befallen sind, im Alter oft die Schultergelenke. Im Lauf der Zeit können mehr und mehr Gelenke erkranken oder auch abwechselnd Beschwerden machen.
Verlauf der Erkrankung
Die Erkrankung verläuft meist schubweise. Es gibt Phasen mit heftiger Entzündungsaktivität, aber auch Zeiten der relativen Ruhe. Zumeist ist es so, dass die Entzündungsaktivität am Anfang der Erkrankung am größten ist und im weiteren Verlauf weniger wird. Allerdings kommt es als Folge der Entzündung zu Zerstörungen von Gelenken und damit zu bleibenden Funktionseinschränkungen.
Das besondere Merkmal der Erkrankung ist, dass das Entzündungsgewebe in den Gelenkknorpel und die Knochen einwächst. Bei ungebremster Entzündung werden diese Gelenkstrukturen zunehmend abgebaut, die Gelenke werden zerstört.
An wen sollen sich Betroffene wenden?
Wer die geschilderten Symptome bei sich erkennt oder einen Verdacht auf Rheuma hegt, sollte eine hausärztliche Praxis und/oder Praxis für Rheumatologie aufsuchen.
Nach der gesicherten Diagnose entscheiden die Ärztin/der Arzt gemeinsam mit den Betroffenen, ob eine ambulante Behandlung ausreicht oder ob ein stationärer Aufenthalt notwendig ist.
Der erste Schritt: Die richtige Diagnostik
Neben der Erhebung der Krankheitsgeschichte und der körperlichen Untersuchung sind Laboruntersuchungen erforderlich. Hierbei werden Entzündungsmarker getestet und auf bestimmte Rheumawerte untersucht. Der Nachweis von Rheumafaktoren im Blut ist allerdings nicht automatisch mit der Diagnose einer rheumatoiden Arthritis verbunden: Da sie auch bei anderen Erkrankungen auftreten können oder mitunter auch bei Gesunden nachweisbar sind. Sie sind immer nur ein Hinweis, ein Puzzleteil bei der Diagnosestellung.
Als weitere Untersuchungen sind Röntgenuntersuchungen erforderlich, die zu Beginn der Erkrankung noch keine Veränderungen aufweisen, aber wichtig als Ausgangsbefund sind, um im weiteren Verlauf eine Vergleichsmöglichkeit zu haben. Wenn Ihre Ärztin/Ihr Arzt zu dem Schluss kommt, dass es sich um eine rheumatoide Arthritis handelt, sollte schnellstmöglich mit einer Therapie begonnen werden.
Wie wird eine „rheumatoide Arthritis“ behandelt?
Patient:innen werden entsprechend der Symptomatik, der Krankheitsursachen und dem Schweregrad der Erkrankung behandelt. Dabei stehen vor allem drei Ziele im Vordergrund: die Schmerzen, die Entzündung und die Gelenkzerstörung zu stoppen.
Erstes Therapieziel ist es, die aktiven Schübe mit einer sogenannten Basistherapie sowohl an Anzahl als auch an Intensität zu reduzieren beziehungsweise sie möglichst zu stoppen.
Unterschieden wird zwischen medikamentösen und nicht medikamentösen Therapien.
Medikamentöse Therapie
Am Anfang steht der Einsatz von schmerzlindernden und entzündungshemmenden Medikamenten. Wenn eine entzündlich rheumatische Erkrankung gesichert ist, kann der Einsatz von Kortisonpräparaten zur schnelleren Kontrolle der Entzündungsaktivität nötig sein. Danach ist es erforderlich, auf sogenannte Basistherapeutika einzustellen, die langfristig den Verlauf der chronisch-entzündlichen Erkrankung positiv beeinflussen. Das heißt, das Voranschreiten der Erkrankung aufhalten oder zumindest verlangsamen.
Wenn hierdurch keine ausreichende Krankheitskontrolle zu erzielen ist, werden Biologika eingesetzt: Hierbei handelt es sich um gentechnisch hergestellte Eiweißstoffe. Sie greifen in den Mechanismus der Krankheitsentstehung ein, indem gezielt bestimmte entzündungsfördernde Substanzen des Immunsystems abgefangen und ausgeschaltet oder blockiert werden.
Physikalische Therapie
Die nicht medikamentöse Variante beinhaltet Physio-, Ergo- und Thermotherapie sowie aktiven, gelenkschonenden Sport. Bewegung sollte übrigens auch in aktiven Krankheitsphasen umgesetzt werden. Lediglich während einer akuten Entzündungsphase ist Sport nicht empfehlenswert.
Eines der wichtigsten Therapieziele ist immer, die Selbstständigkeit der Betroffenen aufrechtzuerhalten. Das Bild vom Rheumakranken im Rollstuhl wird uns schon heute nicht mehr begleiten.
Orthopädisch-operative Behandlung
Wichtig ist es den Zeitpunkt zu erkennen, wann die konservative Behandlung, also medikamentöse und physikalische, ausgeschöpft ist und operative Therapiemaßnahmen angezeigt sind. Das können Eingriffe wie die Entfernung einer entzündlich veränderten Gelenkschleimhaut (Synovialektomie) zum Schutz befallener Gelenke und Sehnen oder wiederherstellende Eingriffe oder sogar ein Gelenkersatz sein, wenn es bereits zu bleibenden Schäden gekommen ist.
Welchen Einfluss hat die Ernährung?
Eine spezielle Rheuma-Diät gibt es nicht. Individuell erstellte Ernährungspläne können aber bei Gelenkentzündungen helfen. Grundsätzlich wird zu einer ausgewogenen Ernährung entsprechend den üblich geltenden Ernährungsvorschlägen für „Jedermann“ geraten: weniger Fleisch, mehr Obst und Gemüse und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Ein maßvoller Umgang mit Alkohol ist erlaubt, sollte aber vorher mit Ärzt:innen offen abgesprochen werden. Das gilt hingegen nicht für das Rauchen: Betroffene sollten darauf komplett verzichten, da das Rauchen nachgewiesenermaßen den Verlauf einer Rheumaerkrankung negativ beeinflusst.
Ein paar allgemeine Ratschläge für Rheumaerkrankte
- Besteht der Verdacht auf Rheuma – ziehen Sie Ärzt:innen oder Rheumatolog:innen zu Rate.
- Treiben Sie regelmäßig Sport.
- Ernähren Sie sich ausgewogen und gesund.
- Eine chronische Krankheit kann Hilflosigkeit und Angst auslösen: Schließen Sie sich einer Selbsthilfegruppe an oder holen Sie sich Rat bei anderen erfahrenen Betroffenen.
- Hören Sie mit dem Rauchen auf oder fangen Sie gar nicht erst damit an.