Warum ist Schlafmangel ungesund?
Langer Schlafentzug gefährdet die Gesundheit. Denn je länger das Wachsein andauert, desto höher wird die Müdigkeit, der sogenannte Schlafdruck. Dadurch lassen Aufmerksamkeit, Konzentration und Leistungsfähigkeit nach – man baut motorisch und geistig ab.
Die Aufmerksamkeit nach 17 Stunden Wachsein entspricht etwa derselben Aufmerksamkeit wie mit 0,5 Promille Alkohol im Blut. Im normalen Alltag bricht dann die Zeit an, zu der man ins Bett gehen sollte.
Ein wichtiger Taktgeber für den Schlafrhythmus ist das Hormon Melatonin. Dieses zeigt in erhöhter Ausschüttung an, dass es Zeit wird, ins Bett zu gehen und zu schlafen. Melatonin ist also nicht, wie ursprünglich gedacht ein Müdemacher, sondern ein Zeitgeber.
Wer seine gewohnte Wachphase überschreitet, wird unkonzentriert, reizbar, erschöpft und antriebslos, Fehler und Fehlentscheidungen häufen sich. So sind viele gravierende Unfälle und Katastrophen auf Fehlverhalten übermüdeter Menschen zurückzuführen. Besonders fatal ist der berüchtigte „Sekundenschlaf“ – das kurze, ungewollte Einschlafen – gerade am Steuer.
Die meisten Unfälle passieren nicht im Winter bei Schnee, sondern auf dem frühen Weg in den Sommerurlaub. Die Gefahr ist immer dann besonders groß, wenn Menschen sehr erschöpft sind oder zu Zeiten fahren und arbeiten, zu denen sie im Normalfall schlafen.
Schlafrhythmus: Taktgeber ist die innere Uhr
Diesen „Normalfall" kennt unser Körper erstaunlich gut: Wer hat noch nie über die eigene „innere Uhr" gestaunt, wenn man morgens kurz vor dem Klingeln des Weckers aufwacht? Viele behalten ihren gewohnten Rhythmus sogar dann bei, wenn sie eigentlich ausschlafen könnten: am Wochenende.
Insbesondere Männer haben Probleme, ihren Wach- und Schlafrhythmus zu durchbrechen. Daher wachen sie am Wochenende oft zur gleichen Zeit auf wie in der Arbeitswoche. Frauen sind in der Regel flexibler und können samstags und sonntags länger schlafen.
Was aber, wenn man den eigenen Biorhythmus gezwungenermaßen durchbrechen muss – etwa, weil man nachts arbeitet, in eine andere Zeitzone reist oder die Uhren im Herbst und Frühjahr umstellt?
Rhythmus im Schichtdienst berücksichtigen
Beim Nachtarbeiten sollte man unterscheiden zwischen einem dauerhaften Nachtdienst und wechselnden Schichten. Dauerhafte Nachtschichten können Menschen in der Regel gut vertragen. Denn der Schlafrhythmus verlegt sich einfach von der Nacht in den Tag. Prädestiniert für solche Berufe sind die sogenannten Eulen, also Menschen, die gerne nachts aktiv sind und von Natur aus spät ins Bett gehen.
Anders verhält es sich, wenn sich Tag- und Nachtschichten häufig abwechseln: Wenn solche Schichtarbeit falsch geplant ist, kann sie über lange Zeit hinweg krank machen. In Berufsfeldern mit häufig wechselnden Nachtschichten gilt daher die Empfehlung: nicht mehr als drei Nachtschichten hintereinander.
Zudem sollte in diesen Fällen „mit der Uhr" rotiert werden: also von der Frühschicht in die übernächste Spätschicht, von der Spätschicht in die übernächste Nachtschicht. So liegt genügend Erholung zwischen den Schichten. Gegenläufiges Rotieren, also "gegen die Uhr", ist dagegen schwieriger für den Körper zu verkraften.
Jetlag bei Zeitumstellung und Reisen vermeiden
Beim Fliegen in eine andere Zeitzone verkraften viele Menschen den Jetlag besser auf dem Weg nach Westen, etwa bei einem Zielort in den USA. Westwärts wird der Tag einfach etwas länger, sodass oft schon ein Nickerchen im Flugzeug ausreicht, um sich dem ganz passablen Schlafrhythmus anzupassen.
Komplizierter für den eigenen Schlafrhythmus ist der Weg ostwärts, etwa nach Asien. Hier wird der Tag kürzer und viele Menschen haben Probleme einzuschlafen. Je nachdem, wie lange man reist, sollte man am besten eine ganze Nacht auslassen.
Verhältnismäßig unkompliziert dagegen ist die Zeitumstellung im Frühjahr und im Herbst. Menschen, die regelmäßig Probleme haben, ihren Schlafrhythmus umzustellen, sollten am besten schon ein, zwei Wochen vor der Zeitumstellung anfangen, ihren Rhythmus umzustellen. Dabei reicht es, jeden Tag ein paar Minuten früher beziehungsweise später ins Bett zugehen.
Kann man vorschlafen?
Neben der Zeitverschiebung kann der Biorhythmus beim Reisen noch auf andere Art und Weise durcheinandergebracht werden. Etwa, wenn der Urlaubsflieger früh am Morgen geht und man mitten in der Nacht mit den Koffern zum Flughafen eilt.
Zwar kann man versuchen vorzuschlafen, aber zum Einschlafen selbst braucht es einen gewissen Schlafdruck. Gerade, wenn man es unbedingt will, wird es nicht gelingen.
Kann man „verlorenen“ Schlaf nachholen?
Es ist schwierig, "verlorenen" Schlaf nachzuholen, indem man einfach doppelt so lange schläft, etwa nach einer durchwachten Nacht. Das ist aber auch nicht notwendig: Der menschliche Körper reguliert das Schlafdefizit über einen „tieferen“ Schlaf. Und holt sich nach einer schlaflosen Nacht beim nächsten Schlaf das, was er am dringendsten braucht: Tiefschlaf.
Mit einem Schlafdefizit schläft man also in der nächsten Nacht nicht unbedingt viel länger, dafür aber "tiefer": Der Anteil des Tiefschlafs steigt innerhalb des Schlafzyklus signifikant an – gerade in der ersten Hälfte der Nacht.
Kann man den Schlafrhythmus austricksen oder trainieren?
In kleinerem Rahmen kann man den Schlafrhythmus flexibel anpassen. Aber kann man Menschen gezielt antrainieren, mit weniger Schlaf auszukommen? In den 1970er Jahren ging eine kalifornische Forschergruppe unter Leitung der Schlafforscherin Laverne Johnson bei einer Studie dieser Frage nach.
Untersucht wurden drei „Normalschläfer-Paare" mit einer Schlafzeit von jeweils acht Stunden pro Nacht. Bei ihnen wurde die nächtliche Schlafzeit von Monat zu Monat um jeweils 30 Minuten reduziert. Zwar litten die Teilnehmer:innen während des Experiments häufig unter Müdigkeit, ihre Leistungsfähigkeit blieb jedoch ungefähr konstant.
Besonders interessant: Alle drei Paare behielten nach dem Experiment eine verkürzte Schlafdauer von durchschnittlich etwa sechseinhalb Stunden bei. Es scheint also durchaus möglich zu sein, sich über einen längeren Zeitraum hinweg in kleinen Schritten ein anderes Schlafverhalten anzutrainieren – sofern man die Tagesmüdigkeit als Folge erträgt.
Von Experimenten wie diesen ist allerdings ohne die Beobachtung durch einen Experten/einer Expertin abzuraten.