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Schlafstörungen bei Kindern – Ursachen und Therapie

Rund ein Drittel aller Kinder in Deutschland leidet unter Schlafstörungen. Psychische und physische Ursachen können schon in jungen Jahren zu chronischem Schlafmangel und langfristig sogar zu Entwicklungsstörungen führen. Dabei gibt es gute Therapiemöglichkeiten. Welche das sind, erklärt unser Experte Dr. Metin Degirmenci.

 

 

 

Herz Kind

Körper ist auch nachts aktiv

Nimmt man es ganz genau, schläft der Körper eigentlich nie – er legt eher eine Art Boxenstopp ein: Während man entspannt träumt, teilen sich die Körperzellen bis zu zehnmal schneller als am Tag.

Die Leber und Nieren entgiften den Körper, während das Gehirn Erlebnisse verarbeitet und im Schlaf lernt. Das allein zeigt, wie wichtig die nächtlichen Ruhephasen sind.

Für Kinder ist ausreichender Schlaf besonders wichtig, da viele Wachstumsprozesse im Körper nachts ablaufen. Sie reagieren besonders empfindlich auf mangelnden Schlaf. Die Folgen anstrengender Nächte können sich bei ihnen im Vergleich zu Erwachsenen deutlich unterscheiden: Kinder werden bei Schlafmangel im Alltag zunächst oft unruhig, zappelig und unkonzentriert.

Eltern vermuten dann schnell eine Aufmerksamkeitsstörung. Erst nach einiger Zeit zeigen Kinder eine Art Tagesmüdigkeit und zeitgleich einen Leistungsabfall, etwa in der Schule.

Wie kommt es zu Schlafstörungen bei Kindern?

Ärztinnen und Ärzte unterscheiden bei Kindern zwei große Gruppen an Störungen. Die schlafbezogenen Atmungsstörungen, zum Beispiel die Apnoen (Atemstillstand) und die Schlafstörungen ohne Atmungsstörungen.

Bei den Apnoen unterscheidet man zwischen einer zentralen, obstruktiven und gemischten Variante. Die häufigsten Schlafstörungen ohne Atmungsstörung im Kindes- und Jugendalter sind Ein- und Durchschlafstörungen, gefolgt von den Parasomnien, wie Nachtschrei, Schlafwandeln oder auch Albträume.

Ein- und Durchschlafprobleme bei Kleinkindern und Jugendlichen äußern sich unterschiedlich und sind in ihrer Symptomatik abhängig vom Entwicklungsalter des Kindes.

Zentrale Schlafapnoe in den ersten Lebensmonaten

Bei Früh- und Neugeborenen spielen fast immer körperliche Ursachen, wie unzureichend ausgebildete Atemwege oder eine noch unreife Atemsteuerung im Gehirn, eine Rolle. Entstehen kann so eine sogenannte zentrale Apnoe, die zehn Sekunden und länger dauern kann.

„Die mangelnde Luftzufuhr senkt den Sauerstoffgehalt im Blut kurzfristig massiv ab, der Körper reagiert mit einem starken Atemreiz und das Baby schnappt nach Luft“, weiß Dr. Degirmenci, Oberarzt der Kinder- und Jugendmedizin im Helios Klinikum Duisburg. Die Säuglingsapnoe manifestiert sich in den ersten beiden Lebensjahren und verläuft häufig asymptomatisch, also ohne Symptome oder Beschwerden. Sie kann aber auch zu lebensbedrohlichen Ereignissen führen, die wiederum ein erhöhtes Risiko für den plötzlichen Kindstod zeigen.

In den meisten Fällen wächst sich das Phänomen im Verlauf weniger Monate aus. „Eltern sollten ihre Kleinen ab und zu beim Schlafen beobachten und auf die Atemfrequenz achten“, rät der Pädiater. Ein sogenanntes Heim-Monitoring über Elektroden und Sensoren am Brustkorb und an der Hand der Babys kann helfen, den Schlaf engmaschig zu überwachen.

Falls notwendig, unterstützen atemstimulierende Medikamente die kleinen Patient:innen, insbesondere die extrem frühgeborenen, zusätzlich.

Obstruktive Schlafapnoe bei Kleinkindern

Mit zunehmendem Alter verändern sich bei Kindern Art und Ausprägung von atmungsbedingten Schlafstörungen. Kinder ab etwa zwei Jahren leiden oft unter einer weiteren Variante der Schlafapnoe: der obstruktiven Schlafapnoe. Die Symptome sind ähnlich, die Ursachen liegen jedoch eher bei kleineren Übeltätern: Vergrößerte Mandeln oder Polypen in Rachen und Nase verengen die Atemwege oder ein zu kleiner Kiefer erschwert das Luftholen.

Allergien und Übergewicht haben phasenweise denselben Effekt. Oft schnarchen die Kinder zusätzlich. „Durch die Atemaussetzer und die erschwerte Atmung finden sie nicht in den erholsamen Tiefschlaf, sondern sind fast durchgängig kurz vor dem Wachzustand“, so Kinderarzt Degirmenci.

Diese Kinder fallen im Alltag zunächst oft durch Unruhe und durch ein zappeliges und unkonzentriertes Verhalten auf. Häufig wird hier fälschlicherweise eine Aufmerksamkeitsstörung vermutet, diagnostiziert und auch behandelt.

Helios St. Johannes Klinik

Oberarzt Neonatologie

Für unsere oft sehr jungen Patientinnen und Patienten ist die Nacht im Schlaflabor natürlich ungewohnt. Deshalb schaffen wir gemeinsam mit den Eltern eine möglichst stressfreie Atmosphäre und erklären ihnen ausführlich, was dort passiert.

Schlafstörung durch seelischen Stress

Schlafstörungen ohne Atmungsstörung können auch durch psychische Belastungen begründet sein. Ärger in der Schule, Mobbing, Leistungsdruck oder starke Ängste erschweren das Ein- oder Durchschlafen in fast jeder Nacht. „Hier ist die Diagnostik oft sehr viel schwieriger“, so Dr. Degirmenci. „In manchen Fällen kann es helfen, einen Kinderpsychologen oder -psychotherapeuten hinzuzuziehen, der sich gemeinsam mit den Eltern auf Ursachenforschung begibt und Techniken entwickelt, die dem Kind helfen, wieder zur Ruhe zu kommen.“

Ursachenforschung im Schlaflabor

Kinder mit einem gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus werden im Schlaflabor mithilfe von speziell angepassten Geräten untersucht. Während die kleinen Patient:innen dort mit Elektroden verkabelt träumen, zeichnen hochsensible Messinstrumente die nächtlichen Hirn- und Muskelaktivitäten, Augenbewegungen, Atmung, Herzfrequenz und Beinbewegungen sowie mögliches Schnarchen auf. Die Auswertung dieser sogenannten Polysomnographie verrät den Ärzt:innen oft schon nach einer oder zwei Nächten die möglichen Gründe für die Schlafstörungen.

Oberarzt Dr. Degirmenci weiß um die besondere Situation: „Für unsere oft sehr jungen Patientinnen und Patienten ist die Nacht im Schlaflabor natürlich ungewohnt. Deshalb schaffen wir gemeinsam mit den Eltern eine möglichst stressfreie Atmosphäre und erklären ihnen ausführlich, was dort passiert.“ Viel Platz, warmes, gedimmtes Licht und die eigenen Kuscheltiere helfen beim Einschlafen. Auch gibt es für Eltern die Möglichkeit, bei ihren Kindern im Schlaflabor zu übernachten.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es für Kinder und Jugendliche mit Schlafstörungen?

Bei physischen Ursachen kann ein kleiner Eingriff an Mandeln oder Polypen die Probleme in manchen Fällen beheben. Nützt das nichts, können Medikamente oder sogar eine Heimbeatmung zum Einsatz kommen. Dabei trägt das Kind im eigenen Bett eine angepasste Maske, die mit einem speziellen Gerät verbunden ist und die Atmung unterstützt.

Eine gute Schlafhygiene kann ebenfalls bei Ein- und Durchschlafstörungen helfen. Wir haben fünf Tipps, mit denen Ihr Kind wieder zu einem besseren und erholsameren Schlaf finden kann.

Tipps für einen guten Schlaf

Tipp 1: Erzeugen Sie feste Einschlafrituale

Lesen Sie Ihrem Kind etwas vor, kuscheln Sie gemeinsam oder lassen Sie es leise Musik hören. Rituale haben oft eine beruhigende Wirkung und läuten für die Kinder die Ruhephase und den Abschluss des Tages ein. Das hilft ihnen, einen festen Schlafrhythmus zu entwickeln. Das Ritual sollte aber eine halbe Stunde nicht überschreiten.

Tipp 2: Schaffen Sie eine optimale Einschlafsituation

Computer, Handy oder Fernseher sind im Bett tabu! Das Kinder- oder Jugendzimmer sollte Ruhe ausstrahlen, zudem lärmgeschützt und dunkel sein. Eine Raumtemperatur von 19 Grad Celsius ist optimal.

Tipp 3: Sorgen Sie für ausreichend Bewegung am Tag

Ihr Kind sollte sich tagsüber ausreichend bewegen, am besten an der frischen Luft. So kann es abends besser einschlafen und tiefer träumen. Achten Sie zudem auf regelmäßige Essenszeiten und kein zu spätes Abendbrot kurz vor dem Schlafengehen.

Tipp 4: Vermeiden Sie Wachmacher

Achten Sie darauf, dass Ihr Kind vor dem Einschlafen keine sogenannten aktivierenden Getränke, wie Cola, Energy-Drinks oder Kaffee, zu sich nimmt. Diese Getränke machen wach und hindern Ihr Kind daran, ausreichend guten Schlaf zu bekommen.

Tipp 5: Dimmen Sie das Licht

Sorgen Sie für Kleinkinder durch minimale Helligkeit im Kinderzimmer für ein gutes Schlafgefühl. Das gelingt zum Beispiel durch ein Nachtlicht, das Unwohlsein oder Ängste lindert.

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