Was bedeutet Schwerhörigkeit?
Meike Härtel: Schwerhörigkeit bedeutet, dass Betroffene nur noch ein verringertes Hörvermögen haben, also Töne zum Beispiel erst ab einer bestimmten Lautstärke wahrnehmen können. Eine Schwerhörigkeit kann plötzlich auftreten und wieder verschwinden oder dauerhaft verlaufen.
Im Alter lässt das Gehör bei fast allen Menschen nach. Bereits ab dem 40. Lebensjahr verschlechtert sich unsere Hörfähigkeit. Im Alter von 80 Jahren leidet fast jeder Zweite an erheblicher Schwerhörigkeit oder Hörverlust.
Neben dem Alter ist Lärm ein weiterer häufiger Grund für Hörverlust. Dieser kann arbeitsbedingt sein, ist häufig aber auch lauten Freizeitaktivitäten, wie Motorsport oder Konzertbesuchen geschuldet. Weitere Faktoren wären etwa Unfälle oder auch ein Knalltrauma.
Warum ist es wichtig eine Schwerhörigkeit frühzeitig zu erkennen und zu behandeln?
Härtel: Die Entwicklung einer Schwerhörigkeit ist oft ein langsamer Prozess, der von den Betroffenen mitunter spät bemerkt oder auch verdrängt wird – mit weitreichende Folgen. Menschen mit fortgeschrittenen Hörproblemen leiden öfter unter sozialer Isolation. Weil sie den Gesprächen nicht mehr folgen können, ziehen sie sich zurück. Es ist wie ein Teufelskreis.
Das Gehirn gewöhnt sich an das geringere Hörvermögen, was einen weiteren Hörverlust beschleunigt. Außerdem können mangelnde akustische Reize und ein sozialer Rückzug eine Altersdemenz vortäuschen oder eine Altersdepression auslösen. Es ist somit äußerst wichtig, eine Schwerhörigkeit früh zu erkennen und ihr gegenzusteuern. Hierfür bieten wir eine Hörberatung für Betroffene in unserer Klinik an.
Wie erfolgt die Diagnostik?
Härtel: Zur Diagnostik wird zumeist ein Hörtest durchgeführt, um die Hörfähigkeit zu prüfen. Weitere Tests und bildgebende Verfahren geben Hinweise auf mögliche Ursachen der Schwerhörigkeit.
Welche Therapien können der Höreinschränkung entgegenwirken?
Härtel: Je nach Ursache stehen den Patienten verschiedene Therapiemöglichkeiten zur Verfügung – konservativ und falls nötig auch operativ. Wenn ein konventionelles Hörgerät beispielsweise den Hörverlust nicht mehr ausgleichen kann oder für den Patienten nicht geeignet ist, bietet sich ein implantierbares Hörgerät an.
Wie funktioniert ein implantierbares Hörgerät?
Härtel: Ein Cochlea-Implantat umgeht den geschädigten Teil des Ohres und stimuliert direkt den Hörnerv – anders als ein konventionelles Hörgerät. Dadurch werden die Klänge klarer und Sprache kann besser verstanden werden. Es besteht aus einem externen Sprachprozessor und einem Innenohr-Implantat, das chirurgisch von einem HNO-Experten unter der Haut eingesetzt wird. Sogar ertaubten Menschen ermöglicht es wieder zu hören.
Die Operation ist ein Routineeingriff, der in der Regel einen kurzen stationären Aufenthalt erfordert. Nach der Operation wird der Patient weiter begleitet. Dieser muss das Hören erst wieder lernen. Bestimmte Geräusche lernt er erst wiederkennen und muss dabei auch lernen, wichtige von unwichtigen zu unterscheiden.
Hinweis der Redaktion: Die im Interview gewählte männliche Form bezieht sich immer auch auf weibliche und diverse Personen, die ausdrücklich mitgemeint sind.