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Andropause oder Testosteronmangel?

Immer öfter fällt der Begriff Andropause in den Medien. Was ist dran an den vermeintlichen Wechseljahren beim Mann und welche Rolle spielt das Hormon Testosteron? Ein Facharzt für Männergesundheit informiert, ob es sich um einen Mythos handelt.

24. Juni 2024
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Was ist die Andropause?

"Eine richtige Andropause, also Wechseljahre beim Mann, gibt es nicht. Zwar verändert sich bei Männern mit dem Alter der Testosteronhaushalt, aber es ist keine echte Hormonumstellung wie bei Frauen. Während es bei Frauen in den Wechseljahren immer seltener zum Eisprung kommt, bis letztlich der Zyklus endet und dauerhaft weniger Östrogen produziert wird, haben gesunde Männer in der Regel immer ausreichend Testosteron", sagt Prof. Dr. Martin Friedrich, Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie am Helios Klinikum Krefeld.

Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) hat die Annahme, dass auch bei Männern die Testosteronproduktion ausbleibt und sie deshalb in die Wechseljahre kommen, zum Mythos erklärt. Bei Männern über 60 Jahren sind nur bei drei bis fünf Prozent überhaupt von einem medizinisch relevanten Testosteronmangel betroffen. [1]

Hormonveränderungen beim Mann

In der Pubertät steigt der Testosteronwert stark an und bleibt dann zunächst stabil. Mit zunehmenden Lebensalter, in der Regel ab 40, nimmt der Testosteronspiegel wieder ab. Das passiert jedoch nicht plötzlich, sondern eher langsam. Männer erleben dadurch keine spürbaren Auswirkungen, die mit den Beschwerden und Symptomen der weiblichen Wechseljahre vergleichbar wären.

Helios Klinikum Krefeld

Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie

Eine richtige Andropause, also Wechseljahre beim Mann, gibt es nicht. Zwar verändert sich bei Männern mit dem Alter der Testosteronhaushalt, aber es ist keine echte Hormonumstellung wie bei Frauen.

Welche Aufgabe hat Testosteron?

Das Hormon Testosteron gehört zur Gruppe der Androgene, den männlichen Sexualhormonen. Es wird vor allem in den Hoden gebildet und hat Einfluss auf diverse Vorgänge im Körper. So ist Testosteron unter anderem an der Entwicklung der männlichen Geschlechtsorgane beteiligt sowie für die Bildung der Spermien und die Libido verantwortlich. Des Weiteren beeinflusst es das Muskelwachstum, sorgt für eine tiefere Stimme und regt den Bartwuchs an.

Welche Symptome erleben Männer im Alter?

In der Regel spüren Männer nicht, dass ihr Testosteronspiegel sinkt. Vielmehr ist es so, dass sie aufgrund des natürlichen Alterns „abbauen“. Das heißt, sie sehen und hören beispielsweise schlechter. Auch können andere Beschwerden wie Antriebsschwäche, weniger Muskelkraft und mehr Fettgewebe oder auch Erektionsstörungen und Libidoverlust auftreten. Diese können jedoch auch die Folge von Stress oder einem ungesunden Lebensstil sowie von anderen Erkrankungen sein und sind nicht zwingend auf einen niedrigen Testosteronspiegel zurückzuführen.

"Wenn ein Mann mit 60 Jahren gesund ist, ein normales Körpergewicht hat und keine zusätzlichen Erkrankungen wie etwa eine koronare Herzerkrankung, wird er den Testosteronmangel nicht unbedingt wahrnehmen", sagt Prof. Friedrich.

Handelt es sich um krankhaftes Fehlen von Testosteron, ist dieser behandlungsdürftig. Dies ist etwa bei einem Tumor in den Hoden oder der Hirnanhangdrüse der Fall. Bei Männern, die einen beidseitigen Hodentumor haben, wird kein Testosteron mehr produziert. Auch Männer mit fortgeschrittenem Prostatakrebs, die eine Hormontherapie erhalten, wird auf diese Weise Testosteron entzogen. Diese Patientengruppe erhält im Rahmen der Behandlung Testosteronpräparate.

Macht Testosteronmangel depressiv?

"Männer, bei denen kein Testosteron mehr produziert wird, verändern sich – sowohl in Bezug auf die Libido als auch auf die Psyche", erklärt der Urologe. Männer mit Testosteronmangel haben zudem ein deutlich erhöhtes Risiko an einer Depression zu erkranken, wie Studien zeigen. 

Weitere Symptome können Motivationsprobleme, Potenzprobleme sowie Schlafstörungen sein. Können organische Ursachen ausgeschlossen werden, sollte bei Bedarf der Testosteronspiegel erhöht werden.

Helios Klinikum Krefeld

Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie

Es gibt ein therapeutisches Fenster bei Männern im höheren Lebensalter, die darunter leiden, dass sie nicht mehr so aktiv sind und die Libido abnimmt. Durch ein Anheben des Testosteronspiegels können wir versuchen, diese Faktoren zu verbessern.

Behandlung bei Testosteronmangel 

Wenn Männer einen Testosteronwert im unteren Normbereich haben, besteht die Möglichkeit der Substitution (Ersetzen) des Hormons. "Es gibt ein therapeutisches Fenster bei Männern im höheren Lebensalter, die darunter leiden, dass sie nicht mehr so aktiv sind und die Libido abnimmt. Durch ein Anheben des Testosteronspiegels können wir versuchen, diese Faktoren zu verbessern", sagt Prof. Friedrich.

Ein Mangel lässt sich jedoch nur in einem bestimmten Grad verbessern. Der Urologe weiß: "Bei den meisten Männern nimmt die Leistungsfähigkeit nicht ab, weil sie zu wenig Testosteron haben, sondern weil sie älter werden, übergewichtig und träge sind und oft auch herzkrank. Ein Anheben des Testosteronspiegels kann hier in Maßen Abhilfe schaffen." Dazu kann ein Gel, welches auf die Haut (Schultern oder Arme) aufgetragen und resorbiert wird, verordnet werden. Die Wirkung des Gels sollte alle sechs Wochen kontrolliert werden.

Ist die Ursache des Testosteronmangels eine Krebserkrankung, erhält der Patient alle drei Monate eine Hormonspritze. Ob der Patient gut eingestellt ist, sollte unter fachärztlicher Kontrolle in einem Rhythmus von sechs Wochen kontrolliert werden.

Wie beeinflusst der Lebensstil den Testosteronwert?

Bei Erektionsstörungen mit einem Testosteronwert im Normbereich kann sich ein gesunder Lebensstil positiv auf die Beschwerden auswirken. Denn Grunderkrankungen wie Übergewicht (Adipositas), koronare Herzerkrankung oder auch Typ-2-Diabetes haben mehr Einfluss auf eine abnehmende sexuelle Performance als etwa der altersgemäße Abfall des Testosterons bei Männern. Das sind die Faktoren, an denen Betroffene zuerst arbeiten sollten. Männer sollten daher

  • auf ihr Herz achten, 
  • sich gesund ernähren, 
  • mehr Bewegung und Sport in den Alltag integrieren,
  • wenig Alkohol trinken und 
  • weniger fettes Essen

zu sich nehmen.

Liegt der Testosteronwert jedoch unterhalb der Norm, haben Ärztinnen und Ärzte einen kleinen Spielraum, den Testosteronwert mit Medikamenten innerhalb des Normbereichs auf ein etwas höheres Niveau zu heben. Es handelt sich stets um eine individuelle Entscheidung.

Gefahren bei Testosteron-Missbrauch

Künstliches Testosteron wird oft mit höherer Leistungsfähigkeit, Potenz und Antrieb angepriesen. Aber die Einnahme sollte nicht ohne fachärztliche Rücksprache erfolgen, da sie nicht frei von Nebenwirkungen ist. Dazu zählen etwa übermäßiges Muskelwachstum, Herzvergrößerung sowie Gefäßverkalkungen. Auch das Risiko einen Schlaganfall und Schäden an der Leber und Nieren zu bekommen, steigt.

"Wenn der Körper zu viel Testosteron erhält, stoppt er die körpereigene Produktion, wodurch es zur Verkrümmung der Hoden kommen kann und auch die Spermienproduktion eingestellt wird", warnt Prof. Friedrich. Eine besondere Gefahr der Überdosierung besteht im Sport, wie Bodybuilding, wo Testosteron als Anabolikum zum Muskelaufbau genommen wird.

 

Quellen:

[1] https://www.endokrinologie.net/pressemitteilungen-archiv/150316.php [zuletzt aufgerufen am 21.06.2024]

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