U-Untersuchungen: Ein Überblick
Die ersten Lebensjahre eines Kindes sind voller Entwicklungssprünge. Die wenigsten Eltern können dabei beurteilen, ob sich ihr Kind altersgerecht entwickelt oder Verzögerungen vorliegen. Um Auffälligkeiten oder mögliche gesundheitliche Probleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, gibt es die Baby- und Kleinkinderuntersuchungen U1 bis U9, die im Kinderuntersuchungsheft („Gelbes Heft“) festgehalten werden. Während in der U1 bis U3 die Früherkennung von Krankheiten oder Fehlbildungen im Vordergrund steht, liegt der Fokus ab der U4 darauf, Entwicklungsverzögerungen schnellstmöglich zu erkennen.
Für Schulkinder schließen sich die Vorsorgeuntersuchungen U10 und U11 an, im Jugendalter folgen die J1 und J2. Die Kosten für U1 bis U9 sowie für die J1 tragen alle gesetzlichen Krankenkassen. Die drei als zusätzlich geltenden Untersuchungen U10, U11 und J2 hingegen werden nicht von allen gesetzlichen Krankenkassen erstattet.
„Das frühzeitige Erkennen von Krankheiten oder Entwicklungsstörungen ermöglicht auch eine frühzeitige Intervention. Beispielsweise kann eine unreife oder dysplastische Hüfte, die im Ultraschall-Screening im Rahmen der U3 auffällt, früh und unkompliziert mit einer Spreizhose adäquat behandelt werden, bevor überhaupt Symptome auftreten. Eine früh erkannte Sprachentwicklungsverzögerung macht eine pädiatrische Höruntersuchung notwendig. In manchen Fällen sind Hörstörungen ursächlich und können schnell behoben werden. Die Sprache kann sich dann ganz normal entwickeln“, sagt Dr. Bastian Klinkhammer, Facharzt im Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin im Helios Klinikum Krefeld.
U1 bis U9: Die Frühuntersuchungen für Kinder im Detail
Die U1-Untersuchung
Ein Kind ist erst wenige Minuten alt, wenn seine erste Untersuchung stattfindet. Mit der Neugeborenen-Untersuchung U1 wird geprüft, ob das Baby die Geburt gut überstanden hat. Dazu wird jeweils fünf und zehn Minuten nach der Geburt der APGAR-Wert erhoben. Die Buchstaben stehen für Atmung, Puls, Grundtonus (Bewegung und Muskelspannung), Aussehen und Reflexe. Eine Bewertung zwischen acht und zehn Punkten gilt als optimal. Um zu kontrollieren, dass das Baby unter der Geburt ausreichend mit Sauerstoff versorgt war, wird der pH-Wert des Nabelschnurblutes bestimmt. Nicht zuletzt wird das Baby in der U1 auf erkennbare äußere Fehlbildungen hin untersucht.
Zusätzlich zur U1 werden den Eltern spezielle Früherkennungsuntersuchungen angeboten, die zwischen U1 und U2 stattfinden. Dazu zählen die Tests auf angeborene Herzfehler, angeborene Stoffwechselstörungen und der Neugeborenen-Hörtest.
Bis zur U7 werden bei allen U-Untersuchungen das Körpergewicht, die Größe und der Kopfumfang gemessen und im Gelben Heft dokumentiert. Während der Kopfumfang bei der U7 zum letzten Mal gemessen wird, wird der Body-Mass-Index (BMI) ab jetzt regelhaft berechnen.
Die U2-Untersuchung
Die U2 findet frühestens am dritten und spätestens am zehnten Lebenstag eines Kindes statt. Kam das Baby im Krankenhaus zur Welt, wird die zweite U-Untersuchung in der Regel dort durchgeführt. Wurde es in einem Geburtshaus oder zu Hause entbunden, müssen die Eltern für die U2 einen Termin in der Kinderarztpraxis vereinbaren.
Bei der U2 wird das Baby nochmals umfassend körperlich untersucht, um angeborene Fehlbildungen oder Erkrankungen auszuschließen. Zudem wird geprüft, ob eine behandlungsbedürftige Neugeborenengelbsucht vorliegt. Dazu wird die sogenannte Bilirubin-Konzentration im Blut gemessen. Steigt diese über einen bestimmten Grenzwert, muss das Neugeborene eine Lichttherapie zum Abbau des Bilirubins erhalten.
„Durch die noch unreife Leber können die Abbauprodukte des Blutes in den ersten Lebenstagen noch nicht so schnell abgebaut werden. Dadurch entsteht die gelbliche Verfärbung an der Haut, die Gelbsucht, und im Blut finden sich erhöhte Bilirubinwerte. Für die meisten Neugeborenen stellt dies kein Problem dar. In manchen Fällen kommt es aber zu einer sehr starken Bilirubinerhöhung. Diese kann unbehandelt zu Schäden am Gehirn führen. Daher werden die Bilirubinwerte frühzeitig erfasst. Zu hohe Werte werden mittels Phototherapie im Krankenhaus schnell behandelt, bevor die Werte in gefährliche Bereiche ansteigen können“, erklärt Dr. Bastian Klinkhammer.
Die U3-Untersuchung
Am besten vereinbaren Eltern direkt nach der Entlassung aus der Geburtsklinik den U3-Termin in ihrer Kinderarztpraxis. Denn: Die dritte U-Untersuchung findet bereits zwischen der vierten und fünften Lebenswoche eines Kindes statt. Ab jetzt dienen die U-Untersuchungen verstärkt der Früherkennung von Entwicklungsverzögerungen. Wenn das Baby circa einen Monat alt ist, prüft die Kinderärztin oder der Kinderarzt beispielsweise, ob es in Bauchlage bereits für wenige Sekunden den Kopf halten, die Hände spontan öffnen oder mit den Augen einem Gegenstand beziehungsweise nahen Gesichtern folgen kann.
Im Rahmen der U3 werden zudem per Ultraschall die Hüftgelenke des Babys untersucht. Mit dem Screening auf Hüftgelenksdysplasie (Hüftreifungsverzögerung) und Hüftgelenksluxation (Hüftausrenkung) soll eine mögliche Fehlstellung der Hüftgelenke frühestmöglich erkannt werden.
Impfberatung und Kontrolle des Impfstatus sind von der U3 bis zur U9 in allen U-Untersuchungen vorgesehen und werden auch entsprechend im Gelben Heft vermerkt.
Dr. Bastian Klinkhammer: „Nicht zuletzt empfiehlt die STIKO ab einem Alter von sechs Wochen die Rota-Virus Schluck-Impfung. Neu ist zudem die Empfehlung zur einmaligen RSV-Prophylaxe für alle Neugeborenen zu Beginn beziehungsweise während der RSV-Saison.“
Tipp: Mit Online-Terminrechnern lässt sich schnell und einfach eine personalisierte Übersicht für die eigenen Untersuchungstermine erstellen.
Die Untersuchungen für Grundschulkinder und Jugendliche
Quellen:
Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA): Kinderuntersuchungsheft / Gelbes Heft (Stand November 2019)
Kinder- und Jugendärzte im Netz: Vorsorgeuntersuchungen für Kinder und Jugendliche » Startseite » Kinderaerzte-im-Netz, zugegriffen am 15.08.2024
Robert Koch-Institut: RKI - Impfkalender, zugegriffen am: 15.08.2024