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Vertrauliche Spurensicherung: Was ist das?

Jede dritte in Deutschland lebende Frau wird mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von physischer und/oder sexualisierter Gewalt – etwa jede vierte Frau erlebt dies durch ihren aktuellen oder früheren Partner[1]. Eine vertrauliche medizinische Beratung und Spuren­sicherung der Tat bietet die vertrauliche Beweissicherung. Was steckt dahinter und was gibt es zu beachten?

05. Oktober 2023
Arztgespräch bei Therapie

Erklärt: Vertrauliche Spurensicherung nach Vergewaltigung

Personen, die einen sexuellen Übergriff erlebten, stehen oft erst einmal unter Schock. Der Gang zur Polizei, um Anzeige zu erstatten fällt nicht leicht. Dennoch sollten die Spuren der Tat dokumentiert und gesichert werden. Dazu bieten einige Kliniken und Gewaltschutzambulanzen die Möglichkeit, Spuren zu sichern, ohne die Polizei einzuschalten.

"Bei dieser wird genau wie bei der regulären Spurensicherung eine schriftliche Dokumentation des Tathergangs sowie eine Beweismittelaufnahme mittels Untersuchung und Bilddokumentation durchgeführt. Im Unterschied zu einer regulären Spurensicherung, wird bei der vertraulichen Spurensicherung jedoch die Beweismittelaufnahme und Spurensicherung unter einem Pseudonym – einem Decknamen – gespeichert", sagt Dr. Kim Viviane Heinevetter, Assistenzärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe im Helios Klinikum Krefeld. Die gesicherten Spuren und die Dokumentation werden in einer Datenbank gespeichert.

Durch die vertrauliche Spurensicherung können Gewaltopfer Spuren sichern lassen, ohne sich zu verpflichten, Anzeige zu erstatten. Dies ist insbesondere bei häuslicher Gewalt häufig ein Problem, da die Frauen unsicher sind, ob sie ihren Partner anzeigen wollen. Früher wurden in solchen Fällen häufig keine Spuren gesammelt, wodurch es keine Beweismittel gab, wenn es doch zu einer Anzeige kam. Heutzutage können die Beweismittel dann nachträglich durch die Polizei abgerufen werden. "Selbst, wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Sie Anzeige erstatten möchten, lohnt es sich immer, Spuren zu sichern und sich die Option offen zu halten", sagt Dr. Kim Viviane Heinevetter.

 

Ablauf einer vertraulichen Spurensicherung

Es ist immer eine Gynäkologin oder ein Gynäkologe in der Klinik, die mit der Spurensicherung vertraut ist (bei Männern oder Kindern werden entsprechende Fachärzte hinzugerufen).

"Zunächst findet ein Gespräch zwischen der Geschädigten und uns als Gynäkolog:innen statt. Anschließend bieten wir der Patientin eine Untersuchung mit Spurensicherung an. Dazu gehört auch die Aufbewahrung von Urinproben und die Testung von Blutproben auf Hepatitis und HIV, sofern die Patientin schriftlich einwilligt", erklärt die Krefelder Ärztin. Die Polizei ist bei dem ärztlichen Gespräch sowie bei der Untersuchung nicht anwesend. Eine Postexpositionsprophylaxe (PEP) als medizinische Vorbeugemaßnahme nach möglichem Kontakt mit dem HI-Virus (Humanes Immundefizienz-Virus) wird ebenfalls angeboten. Die PEP verhindert mit hoher Wahrscheinlichkeit die Übertragung des HI-Virus nach einem Infektionsrisiko.

Die gesamte Untersuchung dauert etwa eine Stunde. Es ist auch gestattet, eine Begleitperson zur Untersuchung mitzubringen.

 

Worauf sollte ich mich bei der Spurensicherung einstellen?

Es kann nochmal eine starke psychische Belastung sein, den genauen Tathergang zu erzählen und intime Fragen beantworten zu müssen. "Die gynäkologische Untersuchung ist die Voraussetzung für die Spurensicherung nach sexueller Gewalt. Für viele Betroffene ist dies eine starke Belastung, weswegen wir sehr einfühlsam vorgehen und immer nur so weit machen, wie es die körperlichen und mentalen Grenzen der Patientin zulassen", erklärt Dr. Heinevetter.

Während der körperlichen Untersuchung werden Abstriche von verschiedenen Regionen und Körperöffnungen genommen. Mögliche Verletzungen werden fotografiert und dokumentiert. Die Kleidung inklusive Unterwäsche wird in speziellen Spurensicherungstüten aufbewahrt. Die gesamte Untersuchung und Spurensicherung dauert etwa eine Stunde.

Es ist nicht immer möglich, dass die Patientin von einer Gynäkologin untersucht wird. Sollte nur ein Gynäkologe im Dienst sein, wird jedoch immer eine weibliche Pflegefachkraft während der Untersuchung und Spurensicherung anwesend sein.

Wer übernimmt die Kosten?

Haben Sie bereits eine Strafanzeige gestellt, übernimmt die zuständige Polizeibehörde die Kosten. Vergewaltigungsopfer, die zunächst keine Anzeige erstatten wollten, mussten früher die Kosten einer vertraulichen Spurensicherung selbst tragen. Diese kann sich jedoch schnell auf mehrere Hundert Euro belaufen. Seit dem 1. März 2020 übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Finanzierung der vertraulichen Spurensicherung nach sexualisierter und körperlicher Gewalt (SGB V § 27 und § 132k).

Bietet jede Klinik die vertrauliche Spurensicherung an?

Leider nein. Zwar gibt es in jedem Bundesland Kliniken, die eine vertrauliche Spurensicherung anbieten, allerdings müssen sich die Betroffenen im Vorfeld darüber informieren, ob dies der Fall ist. Sollten Sie in einer Klinik ankommen, die dies nicht ermöglicht, werden Sie in der Regel an eine entsprechende Klinik verwiesen.

 

 

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