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Bandscheibenvorfall erkennen und behandeln

Es passiert ganz plötzlich: Der Schmerz tritt im Rücken auf, strahlt bis in die Arme oder Beine, Finger oder Zehen fangen zu kribbeln an, Lähmungserscheinungen erschweren jede Bewegung. Diagnose: Bandscheibenvorfall! Unser Experte weiß, welche Symptome für einen Bandscheibenvorfall sprechen und erklärt, wie die Behandlung aussieht.

3D Illustration of sacral and cervical painful.

Was ist ein Bandscheibenvorfall?

„Ein Bandscheibenvorfall ist ein Heraustreten des Bandscheibenkerns durch einen Riss des Bandscheibenringes in den Nervenkanal mit möglicher Reizung des Nervengewebes", sagt Dr. Ralf Oliver Breuer, Chefarzt der Klinik für Wirbelsäulentherapie und Wirbelsäulenchirurgie im Helios Klinikum Schwelm. Schmerzen und auch Taubheitsgefühle, die bis in die Arme und Beine ausstrahlen, können die Patient:innen mitunter stark einschränken. Am häufigsten sind Menschen zwischen 40 und 70 Jahren betroffen. 

Bandscheibenvorfall: Wichtige Fakten auf einen Blick

  • Kann starke Schmerzen auslösen, wenn er auf Nerven drückt
  • Schmerz kann ins Bein und bis in die Füße ziehen
  • Bein kann kribbeln oder sich taub anfühlen
  • Beschwerden klingen meist nach ein paar Wochen von selbst ab
  • Schmerzmittel können helfen, um aktiv zu bleiben
  • Operation ist nur selten nötig
Grafik eines Bandscheibenvorfalls | Grafik: Helios

Wie ist eine Bandscheibe aufgebaut?

Die Bandscheibe besteht aus einem Bandscheibenring und aus einem gallertartigen Kern. Jede Bandscheibe ist mittels einer Knorpelschicht an den Endflächen des darüber und darunterliegenden Wirbelkörpers befestigt. Sie wird auch als Zwischenwirbelscheibe bezeichnet, von denen der Mensch 23 hat. Jede dieser Bandscheiben hat eine Pufferfunktion, eine Art Stoßdämpfer, um die einzelnen Wirbel zu schützen. Der Gallertkern saugt sich mit Wasser voll, welches er primär im Liegen von der umgebenden Gewebsflüssigkeit aufnimmt.

Wo treten Bandscheibenvorfälle am häufigsten auf?

Bandscheibenvorfälle treten im Bereich der Lendenwirbelsäule in den unteren drei Bewegungssegmenten am häufigsten auf. Wobei die letzten beiden Bewegungssegmente hauptsächlich betroffen sind, L4/L5 und L5/S1. Im Bereich der Halswirbelsäule sind es häufig die Segmente C5/C6 und C6/C7.

Die Abkürzungen sind wie folgt erklärt:

  • L4/L5: Beschreibt das Segment vier und fünf
  • L5/S1: Beschreibt das Segment zwischen dem 5. Lendenwirbel und dem 1. Kreuzbeinwirbel
  • C5/C6: Beschreibt das Segment des 5. und 6. Halswirbels
  • C6/C7: Beschreibt das Segment des 6. und 7. Halswirbels
Die Wirbelsäule | Grafik: Helios

Symptome eines Bandscheibenvorfalls

  • Schmerzen
  •  Kribbeln
  •  Gefühlsstörung
  • Lähmungen/Taubheitsgefühl
  •  Funktionslosigkeit

Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule (HWS)

Bandscheibenvorfälle im Bereich der Halswirbelsäule betreffen die obere Extremität: Die Beschwerden treten im Hals- und Nackenbereich auf oder je nach Lokalisation in Schulter, Oberarm, Unterarm, Hand und Finger. Je nach Größe können auch Querschnittsyndrome, das bedeutet Lähmungserscheinungen, entstehen.

Bandscheibenvorfall im Bereich der Brustwirbelsäule (BWS)

„Ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Brustwirbelsäule führt zu einem dumpfen Rückenschmerz, der gürtelförmig über den Brustkorb abstrahlen kann", erklärt der Chefarzt. Auch hierbei können größere Bandscheibenvorfälle zu Querschnittsyndromen führen.

Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS)

Ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule wirkt sich auf die untere Extremität aus. Die Schmerzen können bis in die Beine (Oberschenkel/Unterschenkel) und Füße ausstrahlen. Bei einem Massenvorfall L4/L5 können die Betroffenen auch unter einer Inkontinenz von Stuhl und Urin leiden. In schweren Fällen treten Lähmungserscheinungen auch im Bereich der Kennmuskeln auf, unter anderem Fußheberlähmung, Großzehenheberlähmung, Fußsenkerlähmung, Oberschenkellähmung.

Welche Ursachen und Risikofaktoren gibt es für einen Bandscheibenvorfall?

Bei einem Bandscheibenvorfall wirken häufig mehrere ungünstige Faktoren zusammen. Zu den häufigsten gehören dabei ungesunde Ernährung und eine nicht ausreichende TrinkmengeRauchenmangelnde Bewegungsitzende TätigkeitenFehlhaltung/-belastung sowie eine Schwäche der Rumpfmuskulatur.

Diagnose Bandscheibenvorfall

„Auf der Suche nach der Schmerzursache geben die Symptome der Betroffenen häufig schon Aufschluss über die Lage des Bandscheibenvorfalls", sagt der Experte.

Die genaue Diagnosestellung erfolgt zum einen klinisch. Hierbei führen Ärzt:innen körperliche Untersuchungen im Bereich der Wirbelsäule und der Extremitäten durch, um Auffälligkeiten zu finden. Außerdem erfolgt eine neurologische Untersuchung. Zum anderen werden bildgebende Verfahren eingesetzt, zum Beispiel eine Magnetresonanztomographie (MRT) und gegebenenfalls eine Computertomographie (CT).

Bandscheibenvorfall behandeln: Was hilft?

Dr. Breuer weiß: „Der größte Anteil der Bandscheibenvorfälle wird konservativ behandelt, also ohne Operation."

nicht-operative (konservative) Therapie

Zu den Therapiemaßnahmen gehören vor allem Bewegung, Entspannung und Entlastung, schmerzstillende Medikamente sowie manuelle und physikalische Therapien. Bei letzterer werden beispielsweise Druck, Zug, Wärme, Kälte oder Elektrizität für die Behandlung genutzt.

Bei nicht beeinflussbaren Schmerzen, Funktionsstörungen oder Gefühlsstörungen kann eine Operation infrage kommen.

operative Therapie

Wenn die konservative Therapie jedoch nicht zu einer zufriedenstellenden Beschwerdelinderung führt, Lähmungen, Inkontinenz sowie Sexualfunktionsstörungen vorliegen, ist die Gefahr einer bleibenden Nervenschädigung sehr groß. Dann wird eine Operation in Erwägung gezogen. Durch die zeitgerechte Operation kann meistens die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass sich die Nervenwurzel langsam wieder erholt.

Mikrochirurgische Bandscheibenoperation („offene Operation“)

Bei der mikrochirurgischen Bandscheibenoperation wird nach einem kleinen Hautschnitt und Ablösen der Rückenmuskulatur auf einer kleinen Strecke vom Wirbelbogen der Wirbelkanal zwischen zwei Wirbelbögen unter Sicht durch das Mikroskop eröffnet. Mit Spezialinstrumenten kann dann das vorgefallene Bandscheibengewebe entfernt und die Nervenwurzel vom Druck befreit werden. Der Faserring wird zwischen den Wirbelkörpern belassen. Bereits gelockerte Anteile innerhalb der Bandscheibe können auch noch entfernt werden, damit sie nicht nachrutschen.

Eine vollständige Entfernung der Bandscheibe zwischen den Wirbelkörpern ist nicht möglich und bei diesem Eingriff auch nicht gewünscht. Das entstandene Loch im Faserring und Gallertkern verschließt sich, nach der Operation, durch körpereigenes Narbengewebe von selbst. Die Mobilisation der Patient:innen erfolgt in der Regel am Folgetag unter physiotherapeutischer Anleitung.

Die Risiken eines solchen Eingriffes werden wir im Vorfeld des Eingriffes gezielt mit Ihnen besprochen

Endoskopische Bandscheibenoperation

Neben der offenen Operation gibt es minimalinvasive Verfahren, wozu auch die endoskopische Bandscheibenoperation zählt.

Die Wahl dieser Operationsmethode richtet sich sehr stark nach der Form und Lage des Bandscheibenvorfalls. Das Prinzip der Behandlung besteht, wie bei der offenen Operation, in der Entfernung von Bandscheibengewebe, wodurch es zu einer Druckentlastung des Nervens kommt.

Zunächst wird eine Nadel unter Röntgenkontrolle seitlich am Wirbelkanal und der Nervenwurzel vorbei in die Bandscheibe vorgeschoben. Unter Sicht durch eines Endoskopes wird das Bandscheibengewebe mit speziellen Zangen und anderen Instrumenten abgetragen und somit der bedrängte Nerv entlastet.

Der Vorteil des Verfahrens ist die deutlich geringere Narbenbildung. Allerdings kommt es bei endoskopischen Operationen nicht immer zu einer ausreichenden Druckentlastung des Nervens, der in einem weiteren Eingriff endoskopisch oder aber auch offen nachoperiert werden muss.

Krankheitsverlauf und Prognose bei Bandscheibenvorfall

Der Krankheitsverlauf bei einem Bandscheibenvorfall hängt von der Therapieentscheidung ab: Bei der konservativen Therapie kann die Heilung bis zu drei Monate andauern. Nach einer Operation sollte eine Schonzeit von acht Wochen gewährleistet sein und eine Vollbelastung erst nach drei Monaten wieder erfolgen. Entsprechend lange dauern die Bewegungseinschränkungen an.

Eine ambulante oder stationäre Rehabilitation hilft Patient:innen dabei die Beschwerden zu lindern und eine konservative Therapie zu unterstützen, sodass eine Operation im besten Fall verhindert werden kann.

Übungen nach einem Bandscheibenvorfall

Durch den Bandscheibenvorfall ist das Gewebe gereizt. Eine physiotherapeutische Maßnahme sollte sich nur damit befassen, weitere Funktionsverluste zu vermeiden. Eine angepasste Schmerztherapie unterstützt zudem dabei, die Beweglichkeit zu erhalten und beugt Schonhaltungen vor. Eine gezielte manuelle Therapie und Wärmebehandlung können die Schmerzen zusätzlich lindern. Reine Bettruhe ist nicht förderlich.

Bandscheibenvorfall vorbeugen

Schon der Volksmund weiß: Prävention ist die beste Medizin. Gesunde Ernährung, Vermeidung von Risikofaktoren und ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen, stehen dabei an oberster Stelle. Zudem wirkt sich regelmäßiger Sport positiv auf die Gesundheit aus: Trainierte Rückenmuskeln entlasten die Bandscheiben, längere Sitzphasen sollten vermieden werden und auch der Arbeitsplatz sollte möglichst rückenschonend eingerichtet sein.

Vorbeugende Maßnahmen sind unter anderem:

  • Ausgewogene Ernährung
  • Sportliche Aktivitäten, Bewegung
  • Vermeiden von Nikotin
  • Längeres Sitzen vermeiden
  • Arbeitsplatz rückenschonend einrichten, beruflich durch Arbeitsmediziner:innen
  • Gegenstände rückenschonend an- und hochheben
  • Gute Matratze (Federkernmatratze), die die Wirbelsäule auch im Schlaf entlastet
  • Wasserbetten vermeiden
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