Ab wann sollten Schwangere auf die Ernährung achten?
Eine gesunde Ernährung ist schon vor der Schwangerschaft wichtig. Denn die Gesundheit der Mutter beeinflusst die Gesundheit des Embryos. „Wenn Frauen planen schwanger zu werden, sollten sie versuchen, sich gesund und ausgewogen zu ernähren", sagt Sarah Owens. Sie ist Ernährungsberaterin im Helios Amper-Klinikum Dachau.
Sobald eine Frau weiß, dass sie schwanger ist, sollte sie nochmal gezielt auf ihre Ernährung achten. „Besonders wichtig sind Folsäure, Vitamin B12, Calcium und Eisen, da Schwangere einen höheren Bedarf an diesen Mikronährstoffen haben als Nichtschwangere", erläutert die Ernährungsberaterin. Zudem kann manchen Geburtskomplikationen durch die Ernährung vorgebeugt werden.
Wichtige Nährstoffe in der Schwangerschaft
Ein pränatales, also in der Schwangerschaft einzunehmendes, Multivitamin-Ergänzungspräparat kann zwar von Anfang an sicherstellen, dass Schwangere genügend essenzielle Nährstoffe erhalten, die Einnahme und richtige Dosierung von Nahrungsergänzungsmitteln in der Schwangerschaft sollte aber nur in Rücksprache mit der Frauenärztin oder dem Frauenarzt erfolgen.
Die folgenden Lebensmittel sind wichtige Nährstoffquellen
Folsäure
Folsäure ist wichtig für die Zellteilung und Wachstumsprozesse im Körper. Fehlt Folsäure, hat das ungeborene Kind ein höheres Risiko Neuralrohrdefekte (etwa ein offener Rücken) zu bekommen. Viel Folsäure steckt in
- dunkelgrünem Gemüse (Mangold, Grünkohl, Spinat, Brokkoli)
- Hülsenfrüchten und Linsen
- roter Beete
- Sprossen
- Nüssen und Samen
Vitamin B12 und Eisen
Vitamin B12 ist wichtig für die Blutbildung, den Eiweiß- und Nervenstoffwechsel. Eisen ist ebenfalls wichtig für die Blutbildung. Es ist besonders enthalten in
- Rindfleisch
- Lamm
- Fisch (Seelachs, Forelle, Sardinen)
- Eiern
- Milchprodukten
Calcium
Calcium ist wichtig für das Skelett und die Knochen des Babys. Insbesondere im letzten Schwangerschaftsdrittel steigt der Bedarf an. Enthalten besonders in
- Milchprodukten und Käse
- Chiasamen
- Sardinen
- Hülsenfrüchten und Linsen
- Mandeln
- Rhabarber
- Tofu
- Spinat
- Feigen
Zink
Zink ist wichtig für den Stoffwechsel und das Immunsystem. Während der Schwangerschaft ist der Bedarf an Zink erhöht. Besonders viel davon ist in
- Fleisch
- Milch- und Milchprodukten
- Eiern
- Linsen
- Nüssen und Sonnenblumenkernen
- Linsen und grünen Erbsen
Vitamin B6
Vitamin B6 ist wichtig für Nerven und Abwehrkräfte. Hoch ist die Konzentration in
- Fleisch und Fisch
- Vollkornprodukten
- Kartoffeln
- Avocado
Jod
Jod ist wichtig für die Schilddrüse von Mutter und Kind. Es wird benötigt, um Hormone herzustellen, die im Körper Stoffwechselprozesse regeln. Jod finden Sie in
- jodiertem Speisesalz
- Meeresfisch
- Milch und Milchprodukten
Vitamin D
Vitamin D ist wichtig für die Knochenbildung und den Stoffwechsel. Es kommt besonders vor in
- fettreichen Fischsorten
- Eigelb
- Pilzen
Omega-3-Fettsäuren
Omega-3-Fettsäuren sind für die Entwicklung des kindlichen Gehirns und die Sehfunktion wichtig. Besonders enthalten sind sie in
- Seefisch
- Raps-, Walnuss-, Oliven- und Leinöl
- Mikroalgen
Vitamin A
Vitamin A ist wichtig für die Lungenentwicklung des Babys. Aber Vorsicht: Überdosierungen durch Ergänzungspräparate können zu Fehlbildungen führen. Auf natürliche Art kommt es vor in
- Kürbis
- Karotten
- Spinat
- Aprikosen
Vitamin C
Vitamin C ist wichtig für den Aufbau von Bindegewebe und für das Immunsystem. Sie erhalten es am besten über
- Zitrusfrüchte
- Paprika
- Brokkoli
- Beeren
Magnesium
Magnesium ist wichtig für den Knochenaufbau und das Wachstum des ungeborenen Kindes. Nehmen Sie folgende Nahrung zu sich
- Vollkornprodukte
- Weizenkleie
- Nüsse und Sonnenblumenkerne
Was dürfen Schwangere essen?
Für Schwangere gilt, was auch für Nichtschwangere gilt: Die Lebensmittelauswahl sollte ausgewogen sein. Also
- mindestens fünf Portionen buntes Obst und Gemüse pro Tag
- komplexe statt einfache Kohlenhydrate (zum Beispiel Vollkornbrot statt Weißbrot)
- bis zu 300 Gramm mageres Fleisch pro Woche
- Fisch wie Seelachs, Forelle, Sardinen, Garnelen, Karpfen zweimal pro Woche
- viel Verzehr von pflanzlichen Produkten, inklusive pflanzlichen Eiweißquellen wie Bohnen, Kichererbsen und Nüssen
- geringer Verzehr von verarbeiteten Lebensmitteln wie Salami, Würste, Chips und Co.
- geringer Verzehr von zusätzlichem Zucker, Süßstoffen und gesüßten Getränken
- mindestens drei Liter Flüssigkeit am Tag, am besten Wasser, Milch und Kefir, Kräutertees oder verdünnte Fruchtsäfte
Wie häufig sollte eine Schwangere essen?
Statt drei Hauptmahlzeiten, sollten werdende Mütter eher fünf bis sechs über den Tag verteilte Portionen einplanen. Das hat mehrere Vorteile:
- Häufige kleine Gerichte helfen vor allem in den ersten drei Monaten gegen die Übelkeit
- Der Blutzucker sinkt nicht zu stark ab.
- Kleinere Mahlzeiten sind besser verdaulich. Besonders, wenn das Kind im Bauch immer mehr Platz benötigt.
- Wirkt sich positiv auf mögliches Sodbrennen aus
Was sollten Schwangere meiden?
Während der Schwangerschaft gibt es auch ein paar Lebensmittel, die Schwangere nicht essen sollten. Dazu zählen:
- Weich gekochte Eier, rohe Milchprodukte, rohes Fleisch und roher Fisch: Da Schwangere ein erhöhtes Risiko für eine Lebensmittelvergiftung haben, gehören diese Lebensmittel nicht auf den Speiseplan.
- Tiefsee- und Raubfisch: Haifisch, Heilbutt, Schwertfisch, Makrele, Aal, Hecht, Barsch und manchmal auch Thunfisch können mit Quecksilber belastet sein. Um eine verminderte Gewichtszunahme des Babys oder einer Beeinträchtigung der Entwicklung des Nervensystems vorzubeugen, sollten werdende Mütter diese Fischsorten meiden.
- Koffein: In Kaffee, schwarzem Tee und Cola ist Koffein, das in großen Mengen das Wachstum des Babys verhindern kann. „Schwangere sollten nicht mehr als 100 Milligramm Koffein pro Tag zu sich nehmen", erklärt Ernährungsberaterin Owens. Eine Tasse Kaffee von 150 Milliliter entspricht zwischen 75 bis 100 Milligramm Koffein.
- Alkohol: Gerade in der Frühschwangerschaft erhöht der Konsum von Alkohol das Risiko einer Fehlgeburt, schlechtem Wachstum und einer vorzeitigen Geburt. Auch in der Spätschwangerschaft kann Alkohol eine Entwicklungsstörung (Fetales Alkoholsyndrom) verursachen. „Frauen sollten während der Schwangerschaft und Stillzeit komplett auf Alkohol verzichten", sagt die Ernährungsexpertin.
- Nikotin: Rauchen ist in jeder Lebensphase gesundheitsschädlich, aber für werdende Mütter ist Nikotin besonders fatal. Die Giftstoffe schaden sowohl der Mutter als auch dem ungeborenen Kind – das gilt auch beim Passivrauchen. Mögliche Folgen sind etwa Früh-, Fehl- oder Totgeburten, vorzeitiger Blasensprung oder auch ein vorzeitiges Ablösen der Plazenta.
Ernährung in der Schwangerschaft organisieren
Im ersten Trimester, also in den ersten drei Monaten, ändern sich die Essgewohnheiten sehr wahrscheinlich noch nicht allzu sehr, weil der Embryo noch sehr klein ist und nicht viel Energie braucht. Im zweiten und dritten Trimester wächst das Baby jedoch viel und braucht mehr Energie. Um das Wachstum des Babys zu unterstützen, müssen Schwangere mehr essen, sollten aber auch ihr Gewicht im Auge behalten. „Gewichtszunahmen zwischen neun bis 20 Kilogramm je nach Ausgangs-BMI sind normal“, sagt Sarah Owens.
Viele Schwangere essen lieber fünf bis sechs kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt als drei große – insbesondere im zweiten und dritten Trimester. Auf diese Weise ist zum einen die ausreichende Kalorienzufuhr sichergestellt und zum anderen lassen sich schwangerschaftsbedingte Symptome wie Übelkeit, Blähungen und Völlegefühl sowie Verstopfungen und Sodbrennen vermeiden.
Was ist mit vegetarischer und veganer Ernährung?
In diesem Fall sollte die Schwangere besonders auf ihre Eisenwerte achten und eine Ärztin oder einen Arzt konsultieren, falls Unsicherheiten bestehen. Eine vegane Ernährung in der Schwangerschaft führt zu einem Nährstoffmangel und birgt ein Gesundheitsrisiko für das Kind. Welche Mikronährstoffe der Körper in dieser Situation benötigt, sollten die werdenden Mütter fachlich abklären lassen.
Genuss in der Schwangerschaft: Ein Beispieltag
- Frühstück
Zum Start in den Tag eignet sich ein vollwertiges Müsli. Falls auf Süße nicht verzichtet werden kann, kann auf einen Löffel Honig zurückgegriffen werden.
- Der kleine Snack zwischendurch
Wie wäre es mit einem Salat mit buntem Gemüse und gerösteten Sonnenblumen – oder Pinienkernen für den Energiekick zwischendurch?
- Zum Mittag
Es gibt gedünsteten Seelachs mit Kartoffeln. Als Beilage frisches, kurz gegartes Gemüse.
Für den zweiten Energiekick kann eine Schüssel knackiges Rohkostgemüse mit einem Dip aus Kräuterquark zubereitet werden.
- Abendbrot
Für einen erholsamen Schlaf eignet sich abends eher leichte Kost. Wie wäre es mit Vollkornbrot, garniert mit magerem Putenfleisch und ein paar Scheiben gesalzenen Tomaten?
Hilfe bei Süßhunger- und Heißhunger-Attacken
„Schwangere sollten regelmäßig essen und versuchen ihre Essenszeiten einzuhalten. Wenn sie doch der plötzliche Heißhunger oder Süßhunger überkommt, können sie einen geeigneten Snack essen“, rät die Expertin.
Sie empfiehlt bei Süßhunger gleichzeitig eine Eiweißquelle zu sich zu nehmen, damit der Blutzuckerwert nicht zu schnell ansteigt. Geeignet sind etwa:
- Babykarotten, Kirschtomaten oder Snackgurken mit würzigem Dressing oder Humus
- Studentenfutter
- Joghurt mit frischem Obst oder Müsli
- Dunkle Schokolade mit Mandeln oder Haselnüssen
Ernährung und Schwangerschaft: 5 Mythen
Rund um die richtigen Lebensmittel während der Schwangerschaft gibt es diverse Mythen. Sarah Owens hat die Antworten auf fünf gängige Mythen.
Mythos 1: Während der Schwangerschaft sollte eine Frau für Zwei essen
Nein. Schwangere müssen keine doppelten Nahrungsmengen zu sich nehmen. Um den höheren Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen abzudecken, ist die Qualität der Nahrung wichtig, nicht die Quantität. Also nährstoffdichte Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, Kartoffeln, Milch und Milchprodukte.
Mythos 2: Richtige Ernährung beugt Schwangerschaftsdiabetes vor
Leider nein. Auch die richtige Ernährung kann einem Schwangerschaftsdiabetes nicht vorbeugen. Eine ausgewogene und gesunde Ernährung sowie eine nicht zu starke Gewichtszunahme können das Risiko dafür aber senken.
Mythos 3: Honig ist während der Schwangerschaft tabu
Das stimmt so nicht. Häufig glauben Schwangere, weil Honig für Babys tabu ist, sollten sie ebenfalls verzichten. Was ist dran? In verunreinigtem Honig können Sporen des Bakteriums Clostridium botulinum enthalten sein. Da bei Babys unter einem Jahr die Darmflora noch nicht vollständig ausgebildet ist, können unter Umständen die Bakterien in den Organismus gelangen und den lebensgefährlichen Botulismus auslösen. Bei Erwachsenen, somit auch bei Schwangeren mit ausgereifter Darmmikroflora, kann dies jedoch nicht passieren.
Mythos 4: Allergien lassen sich mit richtiger Ernährung vorbeugen
Unklar. Expert:innen erforschen derzeit, ob eine Schwangere Allergien ihres ungeborenen Kindes durch die richtige Ernährung vorbeugen kann. Eine sichere Aussage hierzu lässt sich derzeit noch nicht treffen.
Mythos 5: Gelegentlich ein Gläschen Wein schadet nicht
Falsch. Während der Schwangerschaft sollte komplett auf Alkohol verzichtet werden, da sonst Schäden im Gehirn des Babys entstehen können. Auch nach der Geburt sollten Frauen, solange sie stillen, auf Alkohol verzichten.
Essen Sie bewusst, aber mit Freude
Während der Schwangerschaft gilt bei der Ernährung: Qualität ist wichtiger als Quantität. Schwangere sollten sich bewusst, ausgewogen und gesund ernähren – trotzdem sind auch kleine Sünden ab und an erlaubt. Auf Alkohol und Tabak sollte während der Schwangerschaft und Stillzeit komplett verzichtet werden.
Mom2B – bestens beraten durch die Schwangerschaft: Gesunde Ernährung in der Schwangerschaft
Wie sieht sie aus, die abwechslungsreiche und vollwertige Ernährung während der Schwangerschaft? Annemarie Willgeroth, Still- und Laktationsberaterin in der Geburtshilfe der Helios Albert-Schweitzer-Klinik teilt ihre Tipps und verrät, welche leckere Sünde ab und an erlaubt bleibt.