Bei der klinischen Untersuchung verbergen sich vordere Kreuzbandverletzungen gar nicht so selten. Nur in den ersten Minuten nach dem Unfall lässt sich das Knie noch einigermaßen sicher untersuchen, später stehen Schmerz und Erguss einer klinischen Untersuchung im Weg. Ein weiteres Problem besteht darin, dass nur ein Bündel zerrissen sein kann und so in verschiedenen Beugegraden das Knie stabil oder instabil ist. Letztlich ist aber die klinische Untersuchung durch einen in der Kniegelenkschirurgie erfahrenen Arzt die sicherste Diagnostik- Methode. Dabei messen wir die Instabilität in der Lachman- Position und in der Drawer- Position bei verschiedenen Drehstellungen des Fußes mit einem Messinstrument aus. Eine Beweglichkeit des Schienbeinkopfes nach vorn von 2mm ist normal, das Gelenk ist stabil.
Bei Leistungssportlern messen wir jedoch eine größere Beweglichkeit. Unsere Erfahrungen mit den Spielern des FC Erzgebirge Aue und des EHV Aue zeigen, dass noch Auslenkungen bis 4 mm als normal und damit fest zu interpretieren sind. Nach unseren Erfahrungen ist diese klinische Diagnostik unter Verwendung dieser Messmethode sogar dem MRT überlegen, was auch in der Literatur so beschrieben wird. Trotzdem gehört die MRT- Untersuchung wie auch ein Röntgenbild zur Diagnostik, bevor man sich zur Operation entschließt.
Muss operiert werden?Diese Frage ist mit einem klaren nein zu beantworten. Es gibt viele Gründe, die für eine Operation sprechen. Letztlich muss aber Indikation zur Operation im Aufklärungsgespräch mit einem in der Kniegelenkschirurgie erfahrenen Arzt gestellt werden.
Wann soll man operieren?
- Als Indikationen für eine Operation gelten:
- hoher sportlicher Aktivitätsgrad
- zusätzliche Meniskusverletzung
- sekundärer Meniskusschaden
- jugendliches Alter
- funktionsbehindernde Instabilität
- Ruptur PCL, komplexe Instabilität
- therapierbare Knorpelläsion
- knöchern dislozierte Ausrisse
Wer sollte von einer Operation Abstand nehmen?
- Wem ein stabiles Knie nichts nützt
- geringer Leidensdruck
- höheres Alter
- fortgeschrittene Arthrose
- inaktiver Patient
- Sportarten mit Low-Risk-Pivoting
- Wer die notwendige Nachbehandlung nicht mitmachen möchte
- fehlende Motivation oder Compliance
- Wer glaubt, ein stabiles Knie löst alle seine Probleme (überzogene Erwartungen)
Wir führen den Eingriff arthroskopisch assistiert durch. Nach einem diagnostischen Rundblick durch das Gelenk entnehmen wir die Sehnen über einen Schnitt am Unterschenkel vorn an der Innenseite. Danach formt der Assistent im OP- Saal daraus das neue Band. Daraus ergibt sich der Begriff der Plastik, nicht, weil vielleicht ein Kunststoff verwendet wird. Danach werden je ein Loch in den Schienbeinkopf und den Oberschenkel gebohrt, in den das Band eingezogen und wo es befestigt wird. Die korrekte Lage dieser Bohrungen ist für das Ergebnis entscheidend.
Prof. Lobenhoffer hat untersucht, wie man die optimalen Positionen für die Kanäle findet und festgestellt, dass Aufnahmen mit einem Röntgenbildverstärker die Position am genauesten identifizieren lassen. Deshalb setzen wir den Röntgenbildverstärker im OP- Saal zusätzlich zu den üblichen Zielgeräten ein. Der seitliche Blick auf das Kniegelenk zeigt oben den Oberschenkel und unten das Schienbein.
Liegt das Bohrloch im Schienbein zu weit vorn, zieht es nicht geradlinig zum Bohrloch im Oberschenkel, sondern muss einen Bogen um die Vorderkante des Oberschenkels machen. Es ist in Streckstellung straff, aber bei Beugung wird es sofort zu lang und ist deshalb locker. Liegt es zu weit hinten, steht es eher senkrecht und kann nur wenig Stabilität bieten. Eine Bohrung zu weit vorn im Oberschenkel führt zu einer Änderung des Drehmittelpunkts, zu weit hinten bohrt man die Hinterwand des Oberschenkels weg, die Verankerung funktioniert nicht.
Wir befestigen die Sehnen mit resorbierbaren queren Pins, die eine vergleichsweise hohe Stabilität erzielen.
Die Nachbehandlung bedarf einer engen Kooperation mit den Physiotherapeuten. Wir haben ein Schema dazu ausgearbeitet, das die Eckpfeiler angibt. Insbesondere bei den Sehnenplastiken ist anfangs eine zu übermütige Belastungs- und Bewegungssteigerung eher ungünstig. Nach 5 Monaten ist die Sportfähigkeit erreicht. Auch bei Leistungssportlern lässt sich diese Zeit selbst bei Ausnutzung aller Möglichkeiten nicht verkürzen.