Suchen
Menü
Schließen

Frauenmilchspende - Superfood und Medikament für die kleinsten Patient:innen im Helios Klinikum Berlin-Buch

Neben der entwicklungsfördernden Pflege, Stillförderung, der Bonding-Sectio sowie dem „Känguruhen“, die bereits wichtige Bausteine unserer Neonatologie (Perinatalzentrum Level 1) sind, konnte das Helios Klinikum Berlin-Buch einen neuen Partner für das familienzentrierte Konzept gewinnen. In enger Zusammenarbeit mit der Frauenmilchbank der Charité ist es fortan möglich, nicht nur die kleinsten Patient:innen bei Bedarf mit Spendermilch zu versorgen, sondern auch Spenderinnen von Frauenmilch aufzunehmen. Die Kinderärztin, Stillberaterin und angehende Neonatologin Nadine Mayerhofer erklärt, wieso sowohl Muttermilch als auch Spendermilch mehr als Nahrung für frühgeborene Kinder und kranke Neugeborene ist.

09. Dezember 2024
Stillberatung, Netzwerk Muttermilch, Helios Klinikum Berlin-Buch

Das Team der Neonatologie im Helios Klinikum Berlin-Buch hat in den letzten zwei Jahren viel getan, um die Stillförderung neu zu gestalten und auszubauen. Aus gutem Grund wie die angehende Neonatologin Nadine Mayerhofer erklärt: „Muttermilch ist für alle Neugeborenen die optimale und natürlichste Art der Ernährung. Sie kommt aber insbesondere für sehr unreife Frühgeborene einem Medikament gleich. Die Ernährung mit Muttermilch senkt das Risiko von Erkrankungen, die besonders bei Frühgeborenen im Vordergrund stehen und zu ernsthaften Problemen führen können, z.B. das Auftreten einer nekrotisierenden Enterokolitis (NEC, schwere entzündliche Erkrankung des Darms) oder die Entstehung von schweren Infektionen. Muttermilch fördert auf verschiedenen Ebenen die Entwicklung unserer kleinsten Patient:innen.“

Auch aus diesen Gründen liegt der Expertin und dem Bucher Neonatologie-Team die Stillförderung und Unterstützung der Mütter in ihrem Stillwunsch sehr am Herzen, denn das Stillen hat auch für Mütter nachgewiesene gesundheitliche Vorteile.

Jedoch ist es Müttern nicht immer möglich, direkt nach der Geburt zu stillen oder ausreichend Muttermilch zur Verfügung zu haben. Für diese besonderen Fälle kann das Team der Neonatologie im Helios Klinikum Berlin-Buch auf Frauenmilch aus der Frauenmilchbank am Campus Virchow-Klinikum der Charité zurückgreifen. „Die Frauenmilchbank ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit, mit der wir Frühgeborenen eine konsequent gute Versorgung bieten wollen“, erklärt Nadine Mayerhofer.

Von dem neuen Angebot profitierten auch die zu früh geborenen Zwillinge von Christine: „Als uns die Ärztin von der Möglichkeit der Spendermilch erzählt hat, mussten wir nicht lange in uns gehen und haben uns sofort dafür entschieden, da wir über die vielen Vorteile der gespendeten Muttermilch aufgeklärt wurden.“

 

Stillförderung intensivieren

Das Ziel des neonatologischen Teams im Helios Klinikum Berlin-Buch, darunter auch qualifizierte Stillberaterinnen wie Sabine Grünwald-Misch, ist es auch dem sensiblen Thema Stillen mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Auf Initiative von Nadine Mayerhofer umfasst die Stillförderung im Bucher Klinikum neben monatlichen Schulungen für Mitarbeiter:innen, individuelle Informationen für werdende Mütter, eine aktive Stillbegleitung sowie eigens entwickelte Standards. „Wir haben uns als erstes die Frage gestellt, wie wir es schaffen können, mehr Frauen in die Milchbildung zu bringen. Die Antwort lag für uns auf der Hand: wir legen unseren Fokus darauf, Mütter in ihrer natürlichen Kompetenz zum Stillen zu unterstützen. Wir versorgen in unserer Klinik aber natürlich auch kranke Mütter und solche, die aus unterschiedlichen Gründen nicht stillen können oder wollen. Mit der Frauenmilchbank haben wir nun die Möglichkeit, auch für diese Kinder die bestmögliche Ernährung zur Verfügung zu stellen“, erklärt Nadine Mayerhofer den Ansatz. Zunächst erhalten im Helios Klinikum Berlin-Buch Frühgeborene bis zur 33. SSW das Angebot der Spendermilch und in besonderen Situationen auch darüber hinaus. So steht die optimale, aber immer auch die individuelle Versorgung eines jeden Säuglings klar im Fokus der Betreuung und Beratung der Familien.

 

Muttermilch als Medikament und Superfood

Muttermilch ist aber mehr als Nahrung. Sie wirkt auf einzigartige Weise auf das Immunsystem und die Entwicklung von Früh- und Neugeborenen ein. „Selbst dann, wenn sie nicht von der eigenen Mutter ist, spielt Frauenmilch für die Immunologie eines Kindes eine immens große Rolle. In der Versorgung von sehr kleinen Frühgeborenen hat sie sogar den Stellenwert eines Medikaments“, erklärt die Expertin die Besonderheit von Muttermilch. „Ein konkretes Beispiel dafür sind die Humanen Oligosaccharide, also komplexe Zucker. Die Natur stellt über 200 davon in der Muttermilch zur Verfügung. Sie haben vielfältige Funktionen, unter anderem einen positiven Einfluss auf die Epithelbarriere im Darm und auf die Abwehr von pathogenen Keimen, auf die Verteilung von „guten“ Keimen im Darm und deren „Fütterung“. Und das ist nur ein Mechanismus, der die gesunde Entwicklung unserer Patient:innen unterstützt,“ führt die Kinderärztin und Stillberaterin weiter aus.

 

Ein Geben und Nehmen

Damit dieses Angebot immer zur Verfügung steht, bedarf die Zusammenarbeit mit der Frauenmilchbank der Charité Berlin Planung und ein hohes Maß an Abstimmung. Das Ziel der Neonatologie des Helios Klinikums Berlin-Buch ist es, gespendete Frauenmilch nur so lange einzusetzen, wie unbedingt notwendig. Die Milch der eigenen Mutter hat in der Zusammensetzung und Wertigkeit viele Vorteile gegenüber der Spendermilch. So wird die Muttermilch in der Regel nicht erhitzt (pasteurisiert) und die empfindlichen Stoffe werden geschont. Aus diesem Grund hat die Stillförderung und Unterstützung der betroffenen Familien weiterhin höchste Priorität. Die Frauenmilchbank basiert auf eine Gegenseitigkeit, weshalb es wichtig ist, Frauen über die Möglichkeit, Spenderin zu werden, aufzuklären. „Wir kennen unsere stillenden Mütter meist sehr gut, weil wir sie und ihre Familie oft lange begleiten. Zudem benötigen Frühgeborene anfangs weniger Milch als Reifgeborene. Um Mütter aber langfristiges Stillen zu ermöglichen, müssen wir die Milchbildung wie für ein reifgeborenes Kind fördern. Klappt das, bleibt automatisch Milch „übrig“, wodurch es meist zu Platzmangel im heimischen Tiefkühlschrank kommt,“ erklärt Mayerhofer.

 

In einem ausführlichen Gespräch werden die Familien über die Möglichkeit des Spendens aufgeklärt. „Wenn die Mama sich vorstellen kann ihre Milch zu spenden, erheben wir die Anamnese und führen die erforderlichen Laboruntersuchungen durch. Zusammen mit den Kolleg:innen der Milchbank führen wir die Familie durch den Prozess der Zulassung als Spenderin, ohne unnötige Wege und zusätzlichen Zeitaufwand“, beschreibt Nadine Mayerhofer den Prozess. Eine der ersten Mütter, die in der Bucher Klinik gespendet hat, ist Christine, denn ihre Kinder haben nicht nur Spendermilch erhalten: „Die Stillberaterinnen haben mich von Anfang an unterstützt und so bin ich schnell in die Milchbildung gekommen. Ich wurde gefragt, ob ich mir vorstellen kann meine Milch zu spenden, da meine Kinder selbst noch nicht so viel trinken konnten. Für mich stand es außer Frage zu spenden, weil es eine super Sache ist und meine Kinder selbst davon profitiert haben.“