Hüftgelenk-Endoprothese
Die Coxarthrose
Die Schmerzen spüren die Betroffenen in der Regel zunächst beim Gehen, dann beim Treppensteigen, aber auch nach langem Sitzen oder Liegen; hinzu kommen eine eingeschränkte Beweglichkeit der Hüfte, Leistenschmerzen, die in den Oberschenkel ausstrahlen, schließlich Schmerzen in Ruhe: Arthrose im Hüftgelenk betrifft viele Patienten besonders im Alter. Wenn also der Arthroseschmerz im Hüftgelenk Ihre Lebensqualität immer mehr einschränkt und konservative Therapiemaßnahmen nicht mehr helfen, ist ein künstliches Hüftgelenk oft die Möglichkeit für Sie, die ursprüngliche Mobilität und ein schmerzfreies Leben zurückzuerhalten.
Nach Ausschöpfung von konservativen Therapien wie z.B. das lokale Auftragen von Voltarensalbe, Schmerzmedikamente oder Physio- sowie Chirotherapie besteht in der Regel eine deutliche Einschränkung der Hüftgelenksfunktion und damit der Lebensqualität des Patienten. Dann stellt die Implantation einer Hüfttotalendoprothese (Hüft-TEP) bei valider Indikationsstellung, korrekt durchgeführter Operationstechnik und einem komplikationslosen postoperativen Verlauf eine zuverlässige und effektive Behandlungsmethode für die Coxarthrose dar. Durch die Implantation einer Hüfttotalendoprothese kann der Arthroseschmerz beseitigt und eine deutliche Verbesserung der Hüftgelenkfunktion erzielt werden.
Ursachen des Hüftgelenkverschleißes (Coxarthrose)
Unter Coxarthrose versteht man die Arthrose des Hüftgelenkes (Coxarthrose). Sie ist definiert als degenerative Veränderung der Knorpeloberfläche von Hüftpfanne und Hüftkopf. Das Hüftgelenk ist ein Kugelgelenk und setzt sich aus der Hüftgelenkpfanne (Acetabulum) und dem Hüftgelenkkopf (Caput femoris) zusammen. Das Acetabulum ist ein knöcherner Bestandteil des Beckens und der Hüftgelenkkopf ist anatomisch dem Oberschenkelknochen zugehörig. Im Alltag und speziell bei sportlicher Aktivität ist das Hüftgelenk hohen Belastungen ausgesetzt. Die Arthrose entwickelt sich aufgrund angeborener Fehlstellungen (Dysplasie) oder erworbener Formveränderungen, Durchblutungsstörungen im Kindes- und Wachstumssalter sowie einer vermehrten Alltagsbelastung oder auch von Spitzenbelastungen im Leistungssport. Durch Spitzenbelastungen bei sportlicher Aktivität kann es auch bei jüngeren Patienten zum frühzeitigen Verschleiß des Hüftgelenkes kommen.
Die Ursachen der Coxarthrose lassen sich in anlagebedingte (primäre) oder erworbene (sekundäre) Krankheitsursachen einteilen. Dabei ist die primäre Coxarthrose viel häufiger (ca. 80-85%) als die sekundäre Coxarthrose (ca. 20-25%). Bei der primären Coxarthrose ist keine spezifische Ursache für den Knorpelverschleiß bekannt. Dagegen findet sich bei der sekundären Coxarthrose immer eine Ursache.
Weitere mögliche Ursachen der Coxarthrose sind:
- Angeborene Hüftleiden und Reifestörung der Hüftpfanne (z.B. hohe Hüftluxation und Dysplasie)
- Spätfolgen von Wachstumskrankheiten (z.B. Morbus Perthes und die Epiphyseolyse)
- Verletzungen (z.B. Frakturen der knöchernen Hüftpfanne (Acetabulum), Frakur des Schenkelhalses (Femur))
- Durchblutungsstörung des Hüftkopfes (Aseptische Hüftkopfnekrose)
- Gelenk-Rheuma (z.B. Rheumatoide Arthritis)
- Spätfolgen nach Hüftgelenkinfektionen (z.B. Septische Arthritiden)
Wann sollte operiert werden?
Die Indikation zum künstlichen Gelenkersatz sollte zurückhaltend und im engen Dialog mit dem Patienten gestellt werden:
Jeder Patient hat die berechtigte Erwartung, dass wir im Dialog mit ihm ein sorgfältig auf das individuelle Krankheitsbild zugeschnittenes Therapiekonzept erarbeiten. Nur so können wir das notwendige Vertrauen der Patienten in den Behandlungserfolg aufbauen und verständliche Ängste abbauen. Es herrscht fachlicher Konsens darüber, dass die Indikation zur endoprothetischen Versorgung unter folgenden Voraussetzungen gegeben ist:
1. Ausschöpfung der konservativen Therapie
2. Leidensdruck: Ruhe- und Belastungsschmerz des Patienten
3. Verminderte Lebensqualität
4. Einklang der Hüftbeschwerden mit radiologischen Coxarthrosezeichen
Zugangswege zum Hüftgelenk und Minimalinvasive Zugänge
Es gibt beim endoprothetischen Gelenkersatz folgende traditionellen Zugänge zum Hüftgelenk:
· Vordere bzw. vorder - seitliche Zugänge (Anterior bzw. Anterolaterale Zugänge)
· Seitliche Zugänge (Laterale Zugänge)
· Hintere Zugänge (Dorsale/Posteriore Zugänge)
Minimalinvasive Zugänge zum Hüftgelenk
Die minimalinvasiven Zugänge zum Hüftgelenk bilden einen besonderen Schwerpunkt unserer operativen Praxis in der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie der Helios Klinik Blankenhain. Unter minimalinvasiven Zugängen verstehen wir in erster Linie die Weichteilschonung und erst in zweiter Linie den kürzeren Hautschnitt: Für uns die Schonung der Muskulatur und Weichteile die Essenz der minimalinvasiven Zugänge in der Hüftendoprothetik.
Weitere Vorteile der minimalinvasiven Zugänge sind:
· Weniger Blutverlust
· Kürzere OP-Zeiten
· Kürzerer Krankenhausaufenthalt
· Sehr gute muskuläre Früh- und Spätergebnisse
Die Vorteile des minimalinvasiven Zugangs sind aber nur dann gegeben, wenn ein auf dem Gebiet der minimalinvasiven Hüfttotalendoprothetik sehr erfahrener und routinierter Operateur den Eingriff vornimmt.
Aktueller Stand der Hüfttotalendoprothetik: Implantate und Material
Die modernen Hüfttotalprothesen kommen den natürlichen Gelenken immer näher. Das klassische künstliche Hüftgelenk ist modular aufgebaut: d.h. nach dem Baukastenprinzip. Es besteht aus einem Prothesenschaft, einem Steckkopf, einem Ersatz der Hüftpfanne und einem Inlay als Gleitlager zwischen Steckkopf und Pfanne. Dabei kommen verschiedene Materialkombinationen zur Anwendung. Derzeit sind Polyethylen (medizinischer Kunststoff), Keramik und Metall- und Titanlegierungen die häufigsten Materialien für Kunstgelenke. Insbesondere die Titanlegierungen zeichnen sich durch eine sehr gute Körperverträglichkeit und hohe Festigkeit aus. Beim Polyethylen handelt es sich um einen speziell für die Endoprothetik formgepressten medizinischen Kunststoff. Durch Bestrahlung und die Zugabe von Vitamin E wurde die Haltbarkeit dieses medizinischen Kunststoffs entscheidend verbessert.
Dank dieser hochwertigen Implantate in Kombination mit den weichteil-schonenden Operationsmethoden zeigen sich exzellente klinische Ergebnisse und eine sehr gute Implantatfunktion über einen langen Zeitraum. Die Implantatstandzeit einer Hüfttotalendoprothese beträgt – nach den Daten internationaler Prothesenregister – über 95% nach 10 Jahren bzw. über 88% nach 15 Jahren Beobachtungszeit.
Wir legen großen Wert auf die Feststellung, dass in der Helios Klinik Blankenhain nur die hochwertigsten Endoprothesensysteme mit der entsprechend hochwertigen und langlebigen Gleitpaarung eingesetzt werden.
Hüftprothese ist nicht gleich Hüftprothese:
Individuelles Behandlungskonzept für eine optimale Patientenversorgung
Alle Gelenkersatzoperationen werden auf Basis spezieller Röntgenaufnahmen präzise computergestützt geplant, durchgeführt und analysiert.
Dabei legen wir großen Wert auf den Knochenerhalt und die Schonung von Muskulatur und Weichteilen durch Anwendung minimalinvasiver Hüftchirurgie.
Eine der größten Innovationen im Bereich des Hüftschaftdesigns der letzten 15 Jahre ist die Adaptation des Schaftdesigns an die knöcherne Formgebung des körpernahen Oberschenkelknochens (Schenkelhals und proximaler Femur). Es entstand die Kurzschaftprothese. In Deutschland hat sich das Verhältnis Standardversorgung zu Kurzschaft von 10:1 im Jahr 2016 auf 8:1 im Jahr 2017 verändert.
In der Gruppe der Kurzschäfte stellen die schenkelhalsteilerhaltenden und kalkargeführten Kurzschäfte mittlerweile eine eigene Formgruppe dar. Dabei besitzen kalkargeführte Kurzschäfte im Vergleich zu Standardschäften Vorteile insbesondere bei der Anwendung von minimalinvasiven Zugängen, der Rekonstruktion der individuellen Hüftgelenkanatomie und -geometrie sowie der Präservation von Knochensubstanz, insbesondere im Bereich der Trochanter-Region (Großer Rollhügel am Oberschenkelknochen). Außerdem erlaubt die neueste Generation der schenkelhalsteilerhaltenden und kalkargeführten Kurzschaftendoprothetik eine hohe Sicherheit der Versorgung bei Grenzfällen sowie eine frühfunktionelle (Fast-Track) Rehabilitation.
Mit Blick auf aktuelle Registerdaten - insbesondere auch auf Daten von sehr jungen Registern wie zum Beispiel denen des Schweizer Implantate Registers (SIRIS) der Universität Bern - zeigen sich im kurzfristigen wie auch im mittelfristigen Verlauf vergleichbare Ergebnisse sowie eine superiore Revisionsrate pro Kurzschaft versus Standardimplantat. Durch die Anwendung dieser Kurzschaftprothesen kann mehr Knochen erhalten werden. Dadurch hat der Patient bei einer potenziell in der Zukunft anstehenden Wechseloperation eine sehr gute knöcherne Ausgangsposition. Ihm bleibt im Fall einer anstehenden Wechseloperation an der Hüfte die Option einer Standard-Prothesenimplantation statt einer langstreckigen Revisionsprothesenversorgung erhalten. Die Option zur Anwendung einer großvolumigen Revisionsprothese kann somit ins hohe Alter verlagert werden.
Die orthopädischen Chirurgen der Helios Klinik Blankehain verfügen über eine langjährige Expertise auf dem Gebiet der minimalinvasiven kalkargeführten Kurzschaftendoprothetik und können so die Patienten – auch die älteren Patienten – weichteilschonend und knochensparend mit einer Hüfttotalendoprothese versorgen.
Philosophie der Hüftprothesenimplantation
Die Implantation einer Hüfttotalendoprothese bedeutet die optimale anatomische und funktionelle Rekonstruktion des ursprünglichen Hüftgelenkes – wenn notwendig unter Korrektur einer Fehlstellung. Die Operation wird entweder in Vollnarkose oder in Teilbetäubung der unteren Körperhälfte (Spinalanästhesie) durchgeführt. Die verschlissenen Gelenkflächen werden im Rahmen der Hüfttototalendoprothesenimplantation entfernt und das künstliche Gelenk im Knochen verankert. Dabei erfolgt die Wiederherstellung der Anatomie des Hüftgelenks unter Berücksichtigung der optimalen Muskelspannung für eine vorteilhafte und verrenkungssichere Hüftgelenkfunktion, ohne die Beinlänge zu verändern.
Verankerungsmöglichkeiten des Implantates
Eine Hüfttotalendoprothese lässt sich prinzipiell durch zwei Verfahren im Knochen verankern:
Bei der zementfreien Verankerungstechnik wird die Standard - Prothese – i. d. Regel eine Titanprothese – in eine vorpräparierte Knochenlücke eingebracht und verklemmt, vorausgesetzt der Knochen zeigt eine gute Knochenqualität und normwertige anatomische Form. Durch diese Press-Fit-Technik-Fixation (mechanisch: Presspassung) der zementfreien Hüfttotalendoprothese wird die Primärstabilität der Prothese erzielt. Sekundär kommt es dann zu einer dauerhaften Integration des Implantates. Dadurch wird die Sekundärstabilität mit dauerhaftem knöchernen Einbau des Implantates in den Knochen erreicht (Kontakt-Knocheneinheilung).
Bei der zementierten Verankerungstechnik liegt häufig ein Knochenstock von minderer Knochenqualität (z.B. bei osteoporotischen Knochen) vor. Hier muss die stabile Verankerung der Prothese über einen Füllstoff zwischen Metallprothese und Knocheninterface im Knochenbett erfolgen. Der Füllstoff ist ein spezieller Knochenzement, genauer ein transparenter thermoplastischen Kunststoff (PMMA = Polymethylmethacrylat). Durch diese zementierte Verankerung kann auch bei atypischer Knochenform eine formschlüssige Verankerung erzielt werden.
Postoperative Mobilisation
Patienten, die eine zementfreie oder zementierte Hüfttotalendo-prothesenversorgung erhalten haben, können in der Regel sofort an Unterarmgehstützen mobilisiert werden und das operierte Bein vollbelasten. Abhängig von der individuellen Therapieplanung kann auch eine Teilbelastung des operierten Beines an Unterarmgehstützen für einige Wochen notwendig sein. Im postoperativen Verlauf empfehlen wir den Patienten eine Rehabilitationsbehandlung, die entweder ambulant oder stationär erfolgen kann.
Sport mit Hüfttotalendoprothese
Nach erfolgter Hüfttotalendoprothesenimplantation sollte der Patient zu sportlicher Aktivität aufgefordert werden. Auf der einen Seite fördert Sport die knöcherne Einheilung der Prothese. Auf der anderen Seite stärkt sportliche Aktivität die Muskulatur und beugt auch Herz-Kreislaufbeschwerden vor. Besonders zu empfehlen sind Sportarten mit „Low-impact-Belastung“ wie z.B. Aquajogging, Wandern, Ergometertraining, Golf, Schwimmen, Rudern, Tanzen und Laufen (Laufband). Eingeschränkt empfehlenswert sind Bowling, Gewichtheben, Laufen, Pilates, Ski Alpine, Tennis (Einzel) und Tischtennis. Nicht empfehlenswert sind Sportarten die unter der Rubrik „High-impact-Belastung“ - Sport zusammengefasst werden wie z. B. Basketball, Fußball, Klettern, Squash, Turnen und Zweikampfsportarten.
Eine abschließende Empfehlung, welche Sportart nach erfolgter Hüfttotalendoprothesenimplantation die richtige für Sie ist, kann nur individuell und in Abhängigkeit von der OP-Methode und des eingesetzten Hüftimplantates sowie in Relation zum präoperativen sportlichen Leistungsniveau gegeben werden.