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Migräne: Nicht nur „ein bisschen Kopfschmerzen“!

Wenn die Migräne kommt, dann bleibt vielen Betroffenen meist nur der Rückzug in einen abgedunkelten, ruhigen Raum – Berufs- und Privatleben stehen still. Was Betroffene tun können, um nicht vollständig „ausgeknockt“ zu werden und warum Migräne nicht bloß eine Befindlichkeitsstörung ist, dazu steht Kopfschmerzexperte Dr. med. Henning Läppchen, Chefarzt der Neurologie und Geriatrie an der Helios Klinik Müllheim, Rede und Antwort.
04. September 2024

Herr Dr. Läppchen, woran erkennt man eine Migräneattacke?

 

Migräne äußert sich in wiederkehrenden Kopfschmerzattacken, die in der Regel zwischen 4 bis 72 Stunden andauern kann. Der Schmerz wird oft als pulsierend-pochend und von mittlerer bis starker Intensität beschrieben, der sich unter körperlicher Anstrengung verschlimmert. Häufig treten Begleitsymptome wie Übelkeit bis hin zu Erbrechen sowie Geräusch- und Lichtempfindlichkeit auf. Viele Patienten leiden während der Episoden, teilweise auch davor und danach unter starker Müdigkeit und Erschöpfung. Einige Patienten entwickeln zudem Migräneauren. Darunter versteht man verschiedene neurologische Symptome, insbesondere Sehstörungen, die mit einem Teil der Migräneepisoden auftreten. Dazu zählen visuelle Phänomene wie Lichtblitze, Zick-Zack-Linien oder Einschränkungen des Sichtfelds. Seltener können auch Sensibilitätsstörungen in Form von Kribbeln oder Taubheitsgefühlen in Armen, Beinen oder dem Gesicht auftreten, ebenso Sprachstörungen und in Ausnahmefällen auch Lähmungserscheinungen. Da Migräne familiär gehäuft auftritt, wissen die Betroffenen meist schon sehr früh, dass es bei Ihren Kopfschmerzattacken um Migräne handelt. Nicht selten findet aber auch eine Verwechslung mit den noch häufigeren, aber weniger beeinträchtigenden Spannungskopfschmerzen statt.

 

Wie entsteht Migräne?

 

Die genauen Ursachen der Migräne sind noch immer nicht eindeutig geklärt. Ging man früher von Entzündungsreaktionen an den Blutgefäßen des Gehirns aus, so vermutet man inzwischen eine Fehlsteuerung im Zentralnervensystem als Hauptursache. Auch Veränderungen an den Gefäßen werden aber weiter diskutiert. Fest steht: Migräneattacken können durch verschiedene Trigger ausgelöst werden, die individuell unterschiedlich sein können. Als häufige Auslöser gelten z.B. Stress, Hormonschwankungen, schlechter oder unregelmäßiger Schlaf oder Wetterumschwünge.

Wichtig zu verstehen ist, dass Migräne keine psychosomatische Erkrankung oder irrelevante Befindlichkeitsstörung ist. Vielmehr hat die Migräne eine genetische Grundlage - meist gibt es auch andere Betroffene in der Familie. Andere körperliche Faktoren wie hormonelle Einflüsse spielen dann ebenso wie muskulo-skelettale Faktoren (z.B. Muskelverspannungen) hinsichtlich des Verlaufs eine Rolle. Auch psychosoziale Faktoren oder Belastungen können den Verlauf beeinflussen. Insbesondere bei Patienten, die unter einer hohen Zahl von Attacken oder besonders heftigen Attacken leiden, kann dies zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität führen und berufliche wie private Aktivitäten stark einschränken.

 

Wie lässt sich Migräne behandeln?

 

Je nach Intensität und Ausprägung gibt es verschiedene langjährig bewährte medikamentöse Therapien – sowohl für akute Attacken, als auch zur vorbeugenden Therapie, d.h. zur Reduktion der Häufigkeit von Attacken. Insbesondere zur vorbeugenden Therapie spielen auch nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Entspannungsverfahren, regelmäßiger Ausdauersport, die Einhaltung eines regelhaften Lebensrhythmus und Behandlungsansätze aus der psychologischen Schmerztherapie eine sehr wichtige Rolle. Noch recht neu sind Therapien mit monoklonalen Antikörpern, mit denen erstmals eine sehr spezifische wirkende Migräneprophylaxe entwickelt wurde. Diese Antikörper kommen vor allem für besonders schwer betroffene Migränepatient:innen in Frage, oder solchen, die auf bisherige Therapien nicht angesprochen haben.