Nach dem verregneten Frühling genießen wir die sonnigen Tage noch intensiver als sonst. Doch das schöne Wetter lockt auch Zecken ins Freie - und die sind nach Regen besonders aktiv. Über die kleinen Blutsauger, die entgegen einer weitverbreiteten Annahme nicht beißen, sondern stechen, kursieren viele Gerüchte.
Was bei einem Zeckenstich zu tun ist und wie viel Gefahr wirklich von ihm ausgeht, weiß Dr. Christian Lechner, Chefarzt der Neurologie und Neurogeriatrie am Helios Amper-Klinikum Dachau.
Zecken möglichst gerade herausziehen
„Nach einem Stich sollte die Zecke frühzeitig entfernt werden, um eine mögliche Übertragung von Viren, Bakterien oder Einzellern zu verhindern“, so Dr. Lechner. Dabei sei nicht nur eine möglichst rasche Entfernung, sondern auch die richtige Technik wichtig: „Beim Herausdrehen wird der Speichelfluss der Zecke angeregt. Die Tiere könnten sich außerdem in die Einstichstelle übergeben und so erst recht Krankheitserreger übertragen. Besser ist es deshalb, die Zecke dicht über der Haut zu packen, möglichst gerade herauszuziehen und vollständig zu entfernen“, rät der Experte. Am besten eigneten sich dazu sogenannte Zeckenpinzetten, -zangen oder Zeckenkarten wie man sie zum Beispiel in der Apotheke bekommt.
„Zecken haben übrigens keinen Kopf“, so Dr. Lechner. Was gelegentlich stecken bleibe, seien die Mundwerkzeuge. „Das ist aber in der Regel unproblematisch“, gibt der Experte Entwarnung. Diese Fremdkörper stoße der Körper ähnlich wie einen Holzsplitter nach einer gewissen Zeit von selbst ab. Nur wenn sich die Stelle entzündet, sich ein roter Ring bildet oder grippeähnliche Beschwerden wie Fieber, Kopfschmerzen oder Gliederschmerzen auftreten, sollte man ärztlichen Rat einholen.
Stiche meist harmlos
Nicht jede Zecke trägt einen Krankheitserreger in sich. Und nicht jeder Stich durch eine infizierte Zecke führt zu einer Übertragung. Dennoch können Zecken Krankheitserreger übertragen. Von etwa 50 meist sehr seltenen Krankheiten sei bekannt, dass sie durch die kleinen Blutsauger übertragen werden können. „Am meisten gefürchtet ist die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), denn diese durch Viren verursachte Gehirn-, Rückenmark- und Hirnhautentzündung kann in seltenen Fällen tödlich enden“, erklärt der Chefarzt der Dachauer Neurologie. Sie trete insbesondere zwischen März und November in Süddeutschland auf. „Die ersten Symptome ähneln einer Erkältung mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, gefolgt von Lähmungen und psychischen Veränderungen“, so Dr. Lechner. Behandelt werden könnten bei FSME nur die Symptome, nicht die Ursache. „In den meisten Fällen heilt FSME aber ohne Komplikationen und Folgeschäden aus“, so der Chefarzt.
Weitaus häufiger als FSME sei die Lyme-Borreliose, die durch Bakterien hervorgerufen werde. „Ein typisches Erkennungszeichen ist die sogenannte Wanderröte, die sich nach einigen Tagen bis Wochen um den Einstich bildet. Häufig ist sie unauffällig und wird deshalb übersehen“, sagt der Chefarzt. „Dazu können Muskel- und Gelenkschmerzen und andere grippeähnliche Beschwerden kommen.“ Gefährlich werde es, so Dr. Lechner, wenn die Borrelien sich über die Blutbahn ausbreiten und das Nervensystem, die Gelenke oder das Herz befallen. „Mit Antibiotika ist die Lyme-Borreliose in der Regel aber gut behandelbar“, erklärt der Neurologe.