Erst allmählich bemerkt Carina, 20 Jahre alt, dass etwas nicht in Ordnung ist. Ständig verspürt sie ein unangenehmes Ziehen im Kiefer und stellt somit einige Ärzt:innen zunächst vor ein besonderes Rätsel. Das Ausmaß wird erst nach Monaten deutlich: Carina hat einen Tumor an der Zunge. Um den Krebs besiegen zu können, heißt es für die junge Frau und ihre Familie, schnell handeln zu müssen.
Was diesen Fall so besonders macht, ist nicht nur das junge Alter der Patientin, sondern auch die extrem seltene Art des Tumors – ein wahrscheinlich genetisch bedingtes Weichteilsarkom. Der bösartige Tumor ist mittlerweile so groß, dass er fast die gesamte Zunge einnimmt.
Bis zur Diagnose vergehen viele Wochen, die von Unsicherheit und Angst durchzogen sind. Dass ein leichtes Ziehen im Unterkiefer, das Carina auf ihre Weisheitszahn-OP zurückführt, ein Anzeichen für einen Tumor ist, ist für die Mutter immer noch unbegreiflich: „Damit haben wir absolut nicht gerechnet. Sie ist doch noch so jung. Und zu sehen war ebenfalls nichts. Nur ein kleiner Buckel, den wir erst nach genauem Hinsehen entdeckt haben“.
Ein Sarkom, wie es bei Carina vorliegt, entsteht z.B. aus Bindegewebe, Knorpel, Fett, Muskeln oder Knochen. Weichteilsarkome kommen nur bei ca. 1% aller bösartigen Tumorerkrankungen im Erwachsenenalter vor. Carinas Tumor ist bei der Entdeckung bereits zirka 4x4x1 Zentimeter groß. In einem Tumor mit einer Größe von 1x1x1 Zentimeter befinden sich eine Milliarde bösartiger Zellen, die sich regelmäßig verdoppeln. Sarkome lassen sich häufig erst im fortgeschrittenen Stadium erkennen. Bei Carina bleibt der Tumor allerdings für noch längere Zeit unbemerkt, da er bei ihr in die Tiefe wächst.
Trotz einer ersten organerhaltenden Therapie, bestehend aus Bestrahlung und Zytostatika (Medikamente, die das Wachstum von Zellen hemmen oder sie abtöten), geht der Tumor nicht zurück, sondern wächst minimal weiter. Der entscheidende Wendepunkt kommt erst mit der Verlegung in die Helios St. Anna Klinik und einer rettenden Operation. Während des sehr komplizierten und zeitaufwändigen Eingriffs wird Carinas Zunge mithilfe von Muskulatur aus dem Hals und einem Schleimhautersatz aus der Haut des Unterarms rekonstruiert. Durch diese eigens entwickelte Methode ist die Rehabilitationsphase deutlich verkürzt. Bereits nach zehn Tagen kann Carina sich verständlich äußern und Essen und Trinken ohne sich zu verschlucken, so dass wir den Luftröhrenschnitt wieder verschließen konnten. „Carina ist eine junge und mutige Frau, die den wichtigen Schritt gewagt hat und angenommen hat, was man ihr anbieten konnte. Damit hat sie nicht nur ihr eigenes Leben verändert, sondern auch die Perspektiven für viele andere, die ähnlichen Herausforderungen gegenüberstehen. Wir sind noch nicht am Ende der Therapie angelangt, aber auf einem sehr guten Weg“, sagt Chefarzt der HNO-Abteilung und Operateur Prof. Remmert.