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„Der chirurgische Nachwuchs ist zunehmend weiblich“

Stephanie Gutberlet (31) ist im vierten Jahr Ärztin in Weiterbildung an der Helios St. Johannes Klinik Duisburg. Ihr Fachbereich, die Chirurgie, wird meist als „Männerdomäne“ bezeichnet. Doch auch hier deutet sich langsam aber sicher ein Wandel an, denn von den Universitäten strömen in der Mehrheit Ärztinnen an die Kliniken. In der Allgemein- und Viszeralchirurgie in Alt-Hamborn ist aktuell immerhin die Hälfte der Nachwuchsmediziner:innen weiblich. Stephanie Gutberlet anlässlich des Weltfrauentags am 8. März im Interview über ihre Berufswahl und die Entwicklung ihres Fachs.

08. März 2024

Wann wussten Sie, dass Sie Chirurgin werden wollten?

Ich habe mich in der Schule noch schwergetan, mich überhaupt für etwas zu entscheiden. Allerdings hatte ich eine Freundin, die unbedingt Chirurgin werden wollte. Das hat meine Neugier geweckt und ich durfte schließlich bei dem Vater einer anderen Mitschülerin, der chirurgischer Chefarzt war, in den Beruf reinschnuppern. Er hat mich damals quasi direkt mit in den OP genommen und von dem Moment an war mir klar, was ich werden wollte.


Ist die Chirurgie immer noch ein Männerdomäne?

Das kommt ein bisschen drauf an, es gibt wahrscheinlich viele Kliniken, wo das noch so ist. Es gibt aber auch welche, wo es sich schon gewandelt hat. Bei uns hier am Helios Klinikum Duisburg haben wir soweit ich weiß in allen chirurgischen Fachabteilungen Frauen vertreten, vor allem als Assistenzärztinnen. Für eine allgemeine Übersicht muss man sich aber wahrscheinlich die offiziellen Zahlen anschauen: Es gibt Untersuchungen, die besagen, dass von den insgesamt etwa 47000 ausgebildeten Chirurg:innen in Deutschland nur rund 20 Prozent Frauen sind. Damit würde ich sagen, in Deutschland ist die Chirurgie grundsätzlich immer noch eine Männerdomäne, allerdings im Wandel, da vor allem der Nachwuchs zunehmend weiblicher wird.

Spielte das bei Ihrer Berufswahl eine Rolle?

Nein, das spielte für mich gar keine Rolle. Ich war von Anfang an Feuer und Flamme für die Allgemein- und Viszeralchirurgie. Und da hätte mich auch kein Mann von abhalten können, diesen Weg weiter zu gehen (schmunzelt). Abgesehen davon hatte ich aber bisher auch immer das Glück, dass ich von meinen männlichen Kollegen sehr wertgeschätzt wurde und ein positives Arbeitsumfeld erleben durfte und darf.


Sind Sie mit anderen chirurgischen Kolleginnen vernetzt?

Ja, ich spreche viel mit anderen chirurgischen Ärztinnen in Weiterbildung, wie es ihnen so ergeht und auch zu einigen ehemaligen Kolleginnen habe ich noch engen Kontakt. Diese Netzwerke sind wichtig und helfen auch bei all den Fragen und Themen, die man oftmals hat.


Lassen sich Ihr Fachbereich und Familienplanung (für alle Geschlechter) gut vereinen?

Es ist bei uns mit Sicherheit etwas schwieriger als in anderen Bereichen, zum einen weil sich in meinem Fach, der Allgemein- und Viszeralchirurgie, stetig viel ändert und es oft kurzfristigen Fortschritt, etwa bei den OP-Verfahren gibt, man muss also am Ball bleiben. Für den Elternteil, der in Elternzeit geht, ob Mutter oder Vater, ist es dann mit einem gewissen Aufwand verbunden, das wieder aufzuholen. Machbar aber ist es. Der zweite Punkt kann natürlich die Alltagsorganisation sein, etwa wenn eine Operation länger dauert und ein Kind abgeholt werden muss. Aber in einem Team, dass sich darauf einstellt und entsprechend aushilft, sollte und muss auch das möglich sein.


Wie sehen Sie die Chirurgie der Zukunft?

Ich vermute, es wird noch eine Weile dauern, bis sich der Fachbereich von einer Männerdomäne hin zu einem ausgeglichenen Berufsfeld wandelt, aber es geht in die richtige Richtung. Und allein deshalb, weil wir Fachkräfte dringend benötigen, werden sich vermutlich auch Strukturen und Vereinbarkeit den Gegebenheiten anpassen. Ich kann also jungen Mädchen, die Chirurginnen werden wollen, nur Mut zusprechen.

Informationen rund um den Weltfrauentag am 8. März

Der Weltfrauentag, auch Internationaler Frauentag genannt, wird jährlich am 8. März gefeiert. Er ist ein weltweites Ereignis, das die sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Errungenschaften von Frauen feiert und gleichzeitig auf die Herausforderungen und Ungleichheiten hinweist, mit denen das weibliche Geschlecht weltweit konfrontiert sind. Ursprünglich entstand der Weltfrauentag aus den sozialistischen Bewegungen des frühen 20. Jahrhunderts in Europa und den USA. Die Forderung nach Gleichberechtigung, das Wahlrecht für Frauen sowie die Verbesserung der Arbeitsbedingungen waren zentrale Anliegen.