Bei Frau B. (65 Jahre) trat im April 2024 ein akuter Einriss (Dissektion) der Hauptschlagader (Aorta) auf. Die Aortendissektion reichte vom Brustkorb- bis in den Bauchbereich. Dies äußerte sich damals durch starke Schmerzen im Brust- und Rückenbereich. Ursache dafür war unter anderem ein langjähriger hoher Blutdruck der Patientin. Es erfolgte damals in der akuten Phase dieser Erkrankung die Stabilisierung der Patientin auf der Intensivstation im Helios Klinikum Erfurt mittels drastischer Blutdrucksenkung und effektiver Schmerztherapie kombiniert mit strenger körperlicher Schonung.
Nach dieser Stabilisierung konnte die Patientin damals nach ca. 14 Tagen von der gefäßchirurgischen Normalstation entlassen werden. In der geplanten gefäßchirurgischen Verlaufskontrolle mittels Computertomographie zeigte sich nach 6 Monaten jedoch eine deutliche Erweiterung (Aneurysma) der eingerissenen Aorta im Brustkorbbereich mit einer Diameterzunahme von über 1 cm in nur 6 Monaten.
Wir stellten daraufhin gemeinsam mit der Patientin die Indikation zur operativen Versorgung der Aortendissektion. Dabei soll der Beginn (entry) des Aortenwandeinrisses (Dissektion) im Brustkorbbereich knapp hinter dem Abgang der linken Armarterie im Bereich des Aortenbogens verschlossen werden, um ein weiteres Fortschreiten dieser Aortenerweiterung (Aortenaneurysma) zu verhindern. Dies wird immer häufiger von innen, also im Gefäß (endovaskulär) durch einen großen wasserdichten Aortenstent durchgeführt, um den Eingriff für den Patienten so klein wie möglich zu halten. Eine technische Schwierigkeit bei diesem Eingriff ist jedoch das sichere Abdichten dieses großen Stents in der Aorta.
Da die Aortendissektion knapp hinter dem Gefäßabgang für die linke Armarterie beginnt (siehe Bild 1), muss dieses Gefäß oft mit in die Abdichtzone des Stents einbezogen (überstentet) werden. In den letzten Jahren musste dafür extra ein Bypass von der linken Kopfschlagader zur linken Armarterie offen chirurigisch angelegt werden, um den linken Arm und die linke hintere Hirnarterie mit ausreichend Blut zu versorgen. Bei dieser o.g. Bypassoperation bestand immer ein gewisses Riskio für einen Schlaganfall oder eine Durchblutungsstörung des linken Armes.
Seit diesem Jahr (2024) ist nun ein neuer Spezial-Stent für die Aorta im Brustkorb mit einem eingearbeiteten Seitenarm in Deutschland zugelassen. Dieser kommt von der Firma „Gore“ und trägt den Namen TAG-TBE. Dabei steht die Abkürzung TAG für Thoracic Aortic Graft und die Abkürzung TBE für Thoracic Branch Endoprosthesis. Diese neue Stent-Prothese ermöglicht eine größere Abdichtzone des Stents in der Aorta, da dieser spezielle Aortenstent den Abgang der linken Armarterie überlagert. Dies ist nur möglich, weil es einen extra angefertigten Seitenarm für die linke Armarterie bei diesem Aortenstent gibt. Damit konnte die Aortendissektion bei Frau B. erfolgreich operativ versorgt werden (siehe Bild 2).
Der große Aortenstent (TAG-TBE) wurde über die Leistengefäße eingebracht und der kleine Extrastent für die linke Armarterie konnte über diesen Aortenstent in die Armarterie eingeführt werden. Damit konnte der Aortenwandeinrisses und die entstandene Aortenerweiterung erfolgreich von innen ohne einen zusätzlichen Bypass behandelt werden und Frau B. konnte die Klinik nach diesem Eingriff nach nur wenigen Tagen wieder nach Hause verlassen. Diese spezielle Stentimplantation mit einem eingearbeiteten Seitenarm für die linke Armarterie konnte in der Gefäßchirurgie im Helios Klinikum Erfurt erfolgreich zum ersten Mal in Thüringen durchgeführt werden.