Suchen
Menü
Schließen

Nach Prellung vor Amputation bewahrt

Nach einer Handprellung geht es Friedhelm Bühmann zunehmend schlechter. Im Helios Klinikum Hildesheim stellen die Ärzte fest, dass er eine schwere Infektion entwickelt hat. Um die Hand zu retten, nähen sie sie an seiner Leiste fest.

26. September 2024

Hildesheim, 26. September 2024 – Als es Friedhelm Bühmann Anfang des Jahres körperlich schlecht geht, sucht er seinen Hausarzt auf. Der diagnostiziert einen grippalen Infekt und schreibt ihn eine Woche krank. Ende der Woche wird Bühmann plötzlich bewusstlos und stürzt. Innerhalb von drei Tagen schwillt seine rechte Hand stark an und schmerzt. An einem Samstag Anfang März sucht er deshalb die Notaufnahme des Helios Klinikum Hildesheim auf. Hier stellt man fest, dass zwar nichts gebrochen ist, aber dennoch sofortiger Handlungsbedarf besteht. Bei dem Salzgitteraner lag ein fortschreitender Hautweichteilinfekt vor, der umgehend behandelt werden musste. Bühmann wird noch am selben Tag operiert. Und am nächsten Tag gleich nochmal. Gleichzeitig erhält er Antibiotika, die die Infektion aufhalten sollen. Denn den Ärzten ist klar: Wenn die Infektion weiter so schnell fortschreitet, muss die Hand amputiert werden. Die Rettung gelingt auch dank einer besonderen Maßnahme. Die abgestorbene Haut musste durch neue ersetzt werden. Dafür wurde die Hand für drei Wochen an die Leiste des Patienten angenäht. Mit Erfolg.

 

„Mir war der Ernst der Lage überhaupt nicht klar“, sagt Friedhelm Bühmann heute.  Der 53-jährige ist ein offener und kommunikativer Mensch, der viel Lebensfreude ausstrahlt. Als Lagerist braucht er seine Hände jeden Tag für die Arbeit. Dass er sie nur durch einen Sturz verlieren könnte, war für ihn – wie wahrscheinlich für die meisten Menschen – nicht vorstellbar. Die Plastischen Chirurgen im Helios Klinikum Hildesheim erkannten den Ernst der Lage aber sofort. „Herr Bühmann hatte eine schwere Infektion mit einer Streptokokken-Variante entwickelt, die gewisse Toxine produziert und damit Gewebe abtötet. Auslöser dafür waren Mikrotraumata in der Hand, die er sich bei dem Sturz zugezogen hat“, erklärt Nikolaus Unbehaun, Chefarzt der Klinik für Plastische, Ästhetische und Handchirurgie. Bei dem Patienten entwickelte sich eine sogenannte nekrotisierende Fasziites. Bei dieser ebenso seltenen wie gefährlichen bakteriellen Weichteilinfektion, stirbt das infizierte Gewebe plötzlich und sehr rasch entlang der betroffenen Faszien ab. Bühmanns Hand wurde deshalb innerhalb von 48 Stunden gleich zwei Mal operiert, um das abgestorbene Gewebe zu entfernen. „Es wäre sonst immer mehr Gewebe abgetötet worden und wir hätten die Hand verloren“, erläutert Unbehaun. Nach drei Wochen hatten die Ärzte den Infekt mithilfe zusätzlicher Medikamente im Griff.

 

Drei Wochen Lappentraining an der Leiste

 

Das abgestorbene Gewebe an der Hand sollte durch eine Hauttransplantation aus der Leiste des Patienten ersetzt werden. Um die Durchblutung des Hautlappens sicherzustellen, haben die Chirurgen die Hand operativ für drei Wochen mit der Leiste verbunden. Während dieser Zeit wurde ein sogenanntes „Lappentraining“ durchgeführt. Dabei wird der Blutfluss zwischen Hand und Leiste immer wieder bewusst unterbrochen. Zunächst nur für fünf Minuten, im Verlauf dann bis zu zwei Stunden. „So werden neue Gefäße in dem Hautlappen gebildet und er lernt, sich selbst zu versorgen“, erklärt Dr. Rameez Razzaq, Leitender Oberarzt der Plastischen Chirurgie. Er hat Friedhelm Bühmann gemeinsam mit Chefarzt Unbehaun operiert und betreut. Von dem Patienten verlangt dieses Verfahren eine gute Mitarbeit und viel Selbstdisziplin. „Ich durfte drei Wochen lang fast nur liegen und das Zimmer wegen der Infektionsgefahr nicht verlassen“, erinnert sich Bühmann. Aber die Mühe hat sich gelohnt. Dank disziplinierter Nachbehandlung mit den Physio- und Ergotherapeut:innen des Therapie Campus im Klinikum kann er seine Hand schon wieder zu einem großen Teil benutzen. Der Daumen ist bereits voll funktionstüchtig. „Das ist nicht selbstverständlich und konnte nur so gut verlaufen, weil Herr Bühmann hervorragend mitgemacht hat“, weiß Razzaq. Gerade war er zur ersten Lappenausdünnung in der Klinik. Hierbei wurde überschüssige Haut des Transplantats entfernt, um ein optisch ansprechenderes Bild der Hand zu schaffen. „Ich fahre außerdem viel Fahrrad. Das macht die Hand weich“, erzählt Friedhelm Bühmann und unterschreibt mit eben dieser ein Formular.

 

BU1: Dr. Rameez Razzaq (links) und Nikolaus Unbehaun begutachten die Hand von Friedhelm Bühmann.