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Fit fürs EM-Finale? Das sind die 5 häufigsten Fußballverletzungen

Hünfeld, 11. Juli 2024. Die Verletzung des Spaniers Alvaro Morata nach dem EM-Halbfinale ist in allen Belangen kurios gewesen. Ihre Blessuren ziehen Fußballspielerinnen und –spieler sich in der Regel auf andere Art und Weise zu – und häufig gehen sie nicht so glimpflich aus. Dr. Andreas Rügamer, Chefarzt der Unfallchirurgie, Orthopädie, Sporttraumatologie der Helios St. Elisabeth Klinik Hünfeld, erklärt, welche fünf Verletzungen typisch für den Profifußball sind.

11. Juli 2024
Futbol. Disputa por balon

Das war wirklich eine kuriose Verletzung, wenn auch wahrscheinlich ohne schwerwiegende Folgen. 2:1 hatte Spanien am Dienstag in der Allianz-Arena von München Frankreich im Halbfinale der Euro 2024 geschlagen. Während die spanischen Spieler nach Abpfiff jubelten, ist ein Flitzer auf sie zu gerannt. Ein Ordner der Spanier setzte zur Grätsche an, um den Flitzer zu stoppen, erwischte dabei aber den Kapitän Alvaro Morata – und verletzte ihn dabei am Knie. Morata humpelte vom Feld, gab am Tag darauf jedoch Entwarnen. Ihm gehe es sehr gut, sagte er.

Sich auf diese Art und zu diesem Zeitpunkt zu verletzen, ist – logisch – nicht sonderlich wahrscheinlich. „Es sind verschiedene Einflüsse, die die Verletzungshäufigkeit beim Fußball maßgeblich beeinflussen“, sagt Dr. Andreas Rügamer, Chefarzt der Unfallchirurgie, Orthopädie, Sporttraumatologie der Helios St. Elisabeth Klinik Hünfeld. So ist die Verletzungswahrscheinlichkeit während eines Wettkampfspiels etwa vier- bis sechsfach höher als im Training und steigt mit dem Alter. Rein statistisch verletzen sich pro Spiel zwei Fußballer, in der Hälfte der Fälle durch gegnerische Einwirkung. Rund ein Viertel der Verletzungen betrifft eine im Vorfeld bereits schon einmal betroffene Körperstruktur.

Die Top 5 der Fußball-Verletzungen

Die häufigsten Verletzungen im Profifußball sind Prellungen (50%), Verstauchungen (20%) und Muskelverletzungen (10%). Mit einem Viertel der Fälle ist der Oberschenkel das meist betroffen Körperteil. Zu den häufigsten spezifischen Verletzungen zählen:

Muskelzerrung/Muskelfaserriss

In der Bundesligasaison 2022/2023 waren Muskelverletzungen mit knapp 30 Prozent die häufigsten aller Verletzungen. Typischerweise werden diese Verletzungen nicht etwa durch ein Foul, sondern durch Richtungswechsel oder plötzliches Abstoppen verursacht. Aus einer entsprechend starken Überdehnung der Muskulatur resultieren Muskelfaserrisse, meist in den Waden oder Oberschenkeln. In der vergangenen Saison hatte es unter anderem Manuel Neuer erwischt. Der Torwart des FC Bayern München hatte sich im März während des Trainings der Nationalmannschaft einen Muskelfaserriss im linken Oberschenkel zugezogen. Die anschließenden Länderspiele fanden ohne den früheren Welttorhüter statt.

Zerrungen hingegen treten oft im Bereich der Adduktoren (Muskelgruppe zwischen Schambein und Oberschenkelinnenseite) auf. „Aufgrund der guten Durchblutung ist die Heilungstendenz der Muskulatur hoch und eine operative Therapie nur in Ausnahmefällen indiziert“, meint Dr. Rügamer. Das „RICE“-Schema (Rest, Ice, Compression, Elevation) sollte in der Akutphase angewendet werden. Die Rekonvaleszenz beträgt bei Zerrungen meist nur ein bis zwei Wochen, bei ausgeprägten Muskelfaserrissen regelhaft bis zu zwei Monate.

Helios St. Elisabeth Klinik Hünfeld

Chefarzt Unfallchirurgie, Sporttraumatologie, Orthopädie und Ärztlicher Direktor

Aufgrund der guten Durchblutung ist die Heilungstendenz der Muskulatur hoch und eine operative Therapie nur in Ausnahmefällen indiziert.

Bänderläsion im Sprunggelenk

Unabhängig von der Verletzungsart ist das Sprunggelenk aufgrund des häufigen Umknickens das meistverletzte Einzelgelenk. Im Vordergrund stehen hier Bandverletzungen, insbesondere der drei Außenbänder und des sogenannten Syndesmosebands zwischen Schien- und Wadenbein.

Für Amos Pieper vom SV Werder Bremen bedeutete eine Sprunggelenksverletzung das Ende der Saison 2023/2024. Im Spiel gegen Eintracht Frankfurt hatte Pieper nach einem Zweikampf den Platz verlassen müssen. Eine alte Verletzung war wieder aufgebrochen, eine Operation folgte.

Echte Frakturen am Sprunggelenk sind wesentlich seltener, allerdings finden sich nach wiederholten Umknickereignissen und/oder zunehmender Laxizizität der Bandführung oft Knorpelschäden und arthrotische Veränderungen im Verlauf.

Die Ausfallzeiten bei Außenbandverletzungen weisen eine hohe Spannbreite von wenigen Tagen bis hin zu mehreren Monaten auf. Bei Rupturen (Bänderrissen) beläuft sich die Genesungszeit im Gegensatz zu Dehnungen in der Regel auf drei bis vier Wochen. „Eine komplette Ruptur der Syndemose wird aufgrund der drohenden dauerhaften Instabilität im Sprunggelenk operativ versorgt und erfordert etwa drei Monate Pause“, so Chefarzt Rügamer. Die Therapie von Außenbandverletzungen erfolgt in erster Linie konservativ mittels Stützschiene und Training der Muskulatur.

In der Summe machten Bänderverletzungen in der Bundesligasaison 2022/23 mit 4,3 Prozent nur einen recht geringen Anteil an allen Verletzungen aus. Dennoch sind sie für einen relativ großen Teil der Ausfalltage verantwortlich. Das Belegen Zahlen aus der Saison 2019/2020. Damals waren 4,8 Prozent aller Verletzungen Bänderverletzungen. Aus ihnen resultierten 15 Prozent aller Ausfalltage.

Vordere Kreuzbandruptur

Bleibt das Bein im Rasen stecken und rotiert der Körper gegen den Unterschenkel, kommt es zum Distorsionstrauma des Kniegelenks, was bei Fußballern häufig vorkommt. Das vordere Kreuzband ist aufgrund seiner Funktion als Hauptstabilisator für die Innenrotation in Streckstellung besonders gefährdet. In einer gravierenderen Ausprägung kann die Ruptur (der Riss) des vorderen Kreuzbandes mit einer Verletzung von Innenband und Innenmeniskus kombiniert sein.

Ein Kreuzbandriss kann nicht nur Spieler erwischen. Ende November 2023 pfeift Felix Brych im Waldstadion die Partie Eintracht Frankfurt gegen den VfB Stuttgart. Während der ersten Halbzeit bleibt der Schiedsrichter erst im Rasen hängen, kurz darauf knickt er weg. Den zweiten Durchgang kann Brych nicht mehr leiten. Sein rechtes vorderes Kreuzband war gerissen.

Für den Sportler geht ein Kreuzbandriss mit einer langwierigen Rehabilitation einher. Rupturen des hinteren Kreuzbandes sind mit einem Verhältnis von 1:10 viel seltener. „Während die vordere Kreuzbandruptur noch in den 80er bis in die 90er Jahre oftmals konservativ mittels Muskelaufbau zur Kompensation und Vermeidung einer Instabilität auch beim Profi behandelt wurde, hat sich heutzutage die operative Rekonstruktion zur Vermeidung von Folgeschäden wie Meniskus- oder Knorpelläsionen durchgesetzt“, sagt der Unfallchirurg Dr. Rügamer. Diese OP erfolgt oftmals direkt nach der Verletzung. Die „optimale“ Rehabilitationszeit beträgt sechs bis neun Monate, bei komplikationslosem Verlauf kann der Profisport meist wiederaufgenommen werden.

Achillessehnenriss

Die Achillessehne sorgt als Verlängerung der Wadenmuskulatur dafür, dass sich der Fuß vom Boden abdrückt. Insbesondere Sprungbewegungen beanspruchen diese Sehne in einem hohen Maße, aber auch Sprints und schnelle Antritte. Neben der chronischen Reizung einer überbeanspruchten Sehne („Achillodynie“), die eine langwierige Behandlung nach sich zieht, kann es auch zur akuten Ruptur kommen. „Typischerweise hört der Spieler einen lauten Knall und verspürt einen stechenden Schmerz, als habe ihm jemand in die Wade getreten“, erklärt Dr. Rügamer. „Eine konservative Therapie ist grundsätzlich möglich, wenn sie zeitnah nach der Verletzung durch eine Ruhigstellung im Spitzfuß begonnen wird. Bei sportlich Aktiven erfolgt die Behandlung aber meist operativ. Es ist mit einer Ausfallzeit von etwa sechs Monaten zu rechnen.“

Gehirnerschütterungen und Kopfplatzwunden

Der Zusammenstoß mit dem Kopf ist Routine im Spielbetrieb. Nicht nur der Ball selber wird bei Annahme oder beim Kopfstoß zum Anprallobjekt, auch Körperteile des Gegners wir Kopf oder Ellenbogen oder der Aufschlag auf dem Boden nach einem Sprung gehören dazu. Die Langzeitauswirkungen dieser wiederholten Mikro-Gehirnerschütterungen sind Gegenstand wissenschaftlicher Studien. „Bereits bei dem Verdacht auf eine Gehirnerschütterung mit den klassischen Symptomen wie kurzzeitige Bewusstlosigkeit, Sehstörungen oder Übelkeit sollte der Spieler ausgewechselt werden“, sagt Unfallchirurg Dr. Rügamer. Je nach Ausprägung erfolgt dann eine Computertomographie des Kopfes. Platzwunden im Schädel- und Gesichtsbereich gehören ebenfalls zum Fußballer-Alltag und werden – teils spektakulär am Spielfeldrand – mitunter ohne Betäubung geklammert um ein Weiterspielen zu ermöglichen.

Im Profisport wird das Thema Gehirnerschütterung zunehmend ernstgenommen. Im Frühjahr 2023 haben die Vereine der ersten und der zweiten Fußballbundesliga ein einheitliches Protokoll zum Umgang mit Kopfverletzungen von Spielern im deutschen Profifußball unterzeichnet. Es dient der zusätzlichen Sensibilisierung für die Bedeutung des Umgangs mit Kopfverletzungen. Und es enthält laut der Deutschen Fußballliga Maßnahmen und Leitlinien, die im Rahmen der Eigenverantwortung der Clubs die Behandlung von akuten Kopfverletzungen während des Trainings- oder Spielbetriebs betreffen.

Pressekontakt:

Sascha-Pascal Schimmel

Helios St. Elisabeth Klinik Hünfeld, Schillerstr. 22, 36088 Hünfeld

Referent Marketing, Kommunikation und Technologien (MKT)

Telefon: (06652) 987-147

E-Mail: sascha-pascal.schimmel@helios-gesundheit.de